Sponsoring-Experte Wragg: «Weltweit herausfordernde Zeiten»

Wie setzen Sponsoren künftig ihr Geld ein? Welche Sportarten, welche Events könnten mehr leiden als andere? Wer kann aus der Corona-Krise auch Vorteile ziehen? Ein Experte gibt Antworten. Es geht von Alba Berlin bis Olympia.
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Die Corona-Krise wird Expertenmeinungen nach starke Auswirkungen auf das Sportsponsoring haben.Foto: Skoda Auto Deutschland GmbH/Skoda Auto Deutschland GmbH/obs/dpa
Epoch Times2. Mai 2020

Der weltweit agierende Maketing- und Sponsoring-Experte Mike Wragg spricht in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur über die möglichen Auswirkungen und bereits aktuellen Trends im Sport-Sponsoring.

Frage: Wie würden Sie die Situation durch die Corona-Krise aus Sicht von Rechtehaltern und Sponsoren im Sport beschreiben?

Antwort: Weltweit sind die Rechteinhaber und Sponsoren im Sport in ihrer vermutlich schwierigsten Phase, da Events und Ligen zum Stillstand gekommen sind. Damit einher gehen Umsatzeinbrüche für die Rechtehalter. Sponsoren können außerdem nicht so in Erscheinung treten, wie es eigentlich der gewohnte Fall ist. Aber es wurden und werden weiterhin Szenarien entworfen, um bereit zu sein, wenn der Sport wieder loslegen darf. Außerdem gibt es bereits eine Menge Initiativen, vor allem digital, um mit den Fans weiterhin im Kontakt zu bleiben. Für Sponsoren ist die aktuelle Situation ebenfalls herausfordernd. Ihre Aktivitäten, die jetzt hätten stattfinden sollen, wurden ja vor langer Zeit mit allen notwendigen Ressourcen geplant. Jetzt müssen Aktivierungsstrategien angepasst oder komplett neu aufgestellt werden. In den nächsten Wochen stehen für alle beteiligten Parteien im Sport richtungsweisende Entscheidungen an, ob und wann es mit den Sportarten und Ligen und damit auch mit deren Vermarktung weitergeht.

Frage: Mit welchen Veränderungen rechnen Sie unmittelbar nach der Krise?

Antwort: Wir werden weltweit herausfordernde Zeiten vor uns haben, nicht nur wirtschaftlich. Das betrifft natürlich auch die gesamte Sportwelt. Der Wert des Sponsorings wird durch das Verhalten und das Interesse der Konsumenten bestimmt. Das wird einen größeren Einfluss auf den Sport und das Sponsoring haben als alles andere. Marken müssen überlegen, wie sie ihr Marketing zukünftig gestalten. Wir beobachten bei Nielsen Sports weltweit, dass Covid-19 das Sponsoring nicht komplett umkrempelt, sondern Entwicklungen und Tendenzen beschleunigt – insbesondere was ein größeres Fan-Engagement im Digitalbereich betrifft. Es zeichnen sich auch Trends ab zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung im Zusammenhang mit einem Sponsoring-Engagement.

Frage: Sie sprechen von beschleunigten Veränderungen – welche Bereiche werden darunter wiederum am meisten leiden?

Antwort: Es ist das erste Mal, dass Sponsoringmöglichkeiten so stark eingeschränkt werden. Natürlich werden viele Marken dennoch in der Lage sein, ihre Konsumenten zu erreichen. Ich vermute, dass das Sponsoring als Marketinginstrument aber stärker hinterfragt wird, weil Unternehmen sich dringlicheren wirtschaftlichen Herausforderungen stellen müssen. Bisherige Investments ins Sponsoring könnten daher temporär gestoppt werden.

Frage: Gibt es auch Gewinner?

Antwort: Bei kleineren Sponsoringdeals im Bereich von bis zu einer Million Euro jährlich schafft die Corona-Krise auch neue Gelegenheiten, vor allem durch die digitalen und virtuellen Kanäle. Das bietet denjenigen Rechtehaltern und Marken Chancen, die einen lokalen oder regionalen Bezug und eine entsprechend starke Fanbasis haben. Ein gutes Beispiel ist die digitale Sportstunde des Basketballclubs Alba Berlin. Das spricht neue Zielgruppen an und schafft einen zusätzlichen Wert für Partner und Sponsoren des Clubs. Freiwilligenarbeit aufzugreifen und einen gesellschaftlichen Nutzen stiften, ist auch unabhängig von Covid-19 ein sinnvoller Weg, um mit Fans in einen engen Austausch zu kommen. Darüber hinaus wird Gaming und E-Sport an Bedeutung gewinnen, sowohl als eigene Branche als auch für klassische Sportarten, um zusätzliche Einnahmen zu generieren und mit einer jungen Zielgruppe interagieren zu können

Frage: Müssen sich in diesem Zusammenhang auch Olympische Spiele verändern?

Antwort: Die Olympischen Spiele stehen vor der enormen Herausforderung, sich in der Kürze der Zeit wieder neu zu organisieren durch die Verschiebung um ein Jahr. Durch die Einschränkungen durch Covid-19 werden sie wie jede andere Plattform auch vor wirtschaftlichen Herausforderungen stehen. Es gibt aber keinen Zweifel, dass die Olympischen Spielen auch in Zukunft einer der Leuchttürme des Sportsponsorings sein werden.

Frage: Geisterspiele im Fußball, Geisterrennen in der Formel 1 – was bedeuten Sportevents ohne Zuschauer für Sponsoren?

Antwort: Natürlich wären Events ohne Zuschauer etwas anderes. Aber wir müssen auch darüber nachdenken, was von uns als ’normal‘ wahrgenommen wird. Denn das wird sich meiner Meinung nach ebenfalls ändern. Virtuelle und digitale Lösungen werden zunehmen, ob im privaten oder beruflichen Bereich. Das sieht man gerade an den vielen Gesprächen über Videotelefonie mit der Familie, den Videokonferenzen mit Kollegen und Kunden oder den zahlreichen Webinaren. Vor diesem Hintergrund denke ich, dass wir uns sehr schnell an die Idee von Großevents ohne große Zuschauermassen gewöhnen werden, ohne dass das Interesse daran nachlassen würde. Das wird kleineren Sportarten und Clubs neue Vermarktungschancen ermöglichen.

Frage: Inwiefern kann die Krise dann auch ein Erholungs- und Wiederherstellungsprozess für die Sport- und Sponsoringbranche sein?

Antwort: Dieser Prozess wird auf verschiedenen Sponsoren-Plattformen unterschiedlich verlaufen. Diejenigen, die in der Lage sind, die Verbindungen zu ihren Fans zu stärken, werden in Zukunft auch noch wertvoller für Partner und Sponsoren werden. Für diejenigen Sportarten und Clubs, die jetzt schon kämpfen oder es nicht schaffen, in der Krise ein authentisches Profil zu entwickeln, wird es um einiges schwieriger, erfolgreich aus der Corona-Krise herauszugehen.

Zur Person: Mike Wragg ist Oxford-Absolvent und ehemaliger Soldat der British Royal Navy. Er ist für das Forschungs- und Beratungsunternehmen Nielsen als globaler Forschungsleiter im Einsatz. (dpa)



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