Sportler bangen: Sorge um Durchführung der Olympia-Qualifikation

Kaum noch jemand glaubt an eine Austragung der Olympischen Spiele ab 24. Juli. IOC-Präsident Thomas Bach hält an dem Termin fest, DOSB-Chef Alfons Hörmann hat Zweifel. Nahezu alle Sportarten kommen wegen der Corona-Krise bei den Qualifikationen in Terminnot.
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Tokio 2020.Foto: Getty Images | AFP | Kazuhiro Nogi
Epoch Times19. März 2020

Am 24. Juli sollen in Tokio die Olympischen Spiele eröffnet werden. Davon geht IOC-Präsident Thomas Bach trotz der Coronavirus-Pandemie aus.

Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, fürchtet aber, dass angesichts der rasanten Ausbreitung des Virus die Entscheidung über eine Absage der Olympischen Spiele in Tokio schneller kommen als bisher angenommen.

Athletensprecher Max Hartung, derzeit selbst in Quarantäne, ist besorgt. „Für die Athleten geht es ja neben der sportlichen Perspektive auch um wirtschaftliche und rechtliche Aspekte. Was passiert mit meinem Sponsorenvertrag, wenn die Spiele ausfallen? Falle ich aus der Sportförderung? Bin ich weiterhin im Olympiakader?“, sagte er jüngst der „Rheinischen Post“.

Selbst wenn der Olympia-Eröffnungstermin zu halten ist, gibt es Probleme. Denn die meisten Qualifikations-Wettbewerbe sind derzeit abgesagt oder verschoben. Erst 55 Prozent der Athleten haben ihr Tokio-Ticket sicher, wie Bach zuletzt durchblicken ließ. Das IOC will daher Härtefall-Regeln zulassen.

LEICHTATHLETIK:

Die Straßenläufer haben aktuell die größten Probleme in der Olympia-Qualifikation. Fast alle relevanten Marathons sind abgesagt worden. Qualifikationsschluss für die Marathonläufer und Geher ist bereits der 31. Mai. Für die im Stadion kämpfenden Leichtathleten sind die deutschen Meisterschaften am 6./7. Juni in Braunschweig – abgesehen von einigen Ausnahmen – die ultimative Möglichkeit, noch ein Olympia-Ticket zu holen.

HANDBALL:

Die Olympia-Qualifikationsturniere wurden vom Weltverband IHF in den Juni verschoben. Sechs der insgesamt zwölf Teilnehmer des olympischen Handball-Turniers sollen über diese Turniere ermittelt werden. Auch die deutsche Nationalmannschaft will sich darüber ein Ticket sichern. Ursprünglich hätten ihre Qualifikationsspiele gegen Schweden, Slowenien und Algerien vom 17. bis 19. April in Berlin stattgefunden. Die ersten beiden Teams schaffen es zu den Spielen in Tokio.

BASKETBALL:

Der Abschluss der Olympia-Qualifikation für das deutsche Team soll vom 23. bis 28. Juni in Split steigen. In einem von insgesamt vier Turnieren geht es noch um die letzte Chance für das Tokio-Ticket. Ein Qualifikationsturnier für die deutschen 3×3-Basketballerinnen sollte ursprünglich vom 18. bis 22. März im indischen Bengaluru stattfinden, musste aber verschoben werden. Einen neuen Termin gibt es bisher noch nicht.

BOXEN:

Die europäische Olympia-Qualifikation ist am Dienstag in London abgebrochen worden. In derselben Mitteilung wurde auch die für Mai geplante globale Qualifikation in Paris gecancelt. Völlig unklar ist, wie es weitergehen soll. Das spät möglichste Zeitfenster für die Welt-Qualifikation wäre vom 11. bis 22. Juni. „Allerdings muss sich da ein Land finden, dass dies ausrichtet“, sagte Sportdirektor Michael Müller. Bisher hat ein deutscher Boxer das Tokio-Ticket.

HOCKEY:

Die Qualifikation für Männer und Frauen sind bereits im November 2019 mit den letzten Playoff-Spielen abgeschlossen worden. Die beiden 12er-Felder stehen fest. Die deutschen Teams sind dabei.

RADSPORT:

Große Probleme gibt es nicht. Bei den Straßen-Wettbewerben haben die Länder Quotenplätze, über die sie selbst entscheiden können. Auf der Bahn ist bereits alles geregelt, Ende Februar wurden bei den Weltmeisterschaften in Berlin die letzten Plätze vergeben. Ein wenig komplizierter könnte es in den BMX-Wettbewerben ablaufen, wo noch wichtige Turniere (WM und World Series) anstehen.

RINGEN:

Gerade mal die Hälfte der Olympia-Starter haben ihr Ticket für Tokio sicher, kontinentale Qualifikationsturniere wie jenes für Europa mit den deutschen Startern stand an diesem Wochenende an. Es wurde ebenso abgesagt wie das letzte weltweite Quali-Turnier Ende April. Neue Termine für die Events gibt es bislang nicht.

RUDERN:

Erst sechs deutsche Boote wären sicher in Tokio dabei. Wie die Qualifikation für die restlichen acht Boote erfolgen soll, bleibt vorerst unklar. So wurde die für Mitte Mai in Luzern geplante kontinentale Qualifikationsregatta abgesagt. Weil auch alle drei Weltcups ausfallen, wird auch die Vorbereitung der bereits qualifizierten Boote massiv gestört. Für den Deutschland-Achter wäre die EM in Posen vom 5. bis 7. Juni nach aktuellem Stand der einzige verbliebene Wettkampf vor der olympischen Regatta.

SPORTKLETTERN:

Die letzten europäischen Startplätze für die Sportart-Premiere in Tokio werden bei der EM vergeben. Diese hätte in diesen Tagen in Moskau stattfinden sollen. Sie wurde vorerst auf 15. bis 22. Juni verschoben.

TENNIS:

Die Startplätze für Olympia werden nach strengen Kriterien pro Nation vergeben. Neben der Position in der Weltrangliste sind auch Einsätze im Davis-Cup und Fed Cup Voraussetzungen. Da bei den Damen die Final-Woche im Fed Cup Mitte April abgesagt wurde, kommt Angelique Kerber beispielsweise nicht auf den eigentlich benötigten Einsatz. Der Weltverband arbeite „eng mit dem IOC zusammen, um Auswirkungen auf die Sommerspiele in Tokio zu erörtern“, hieß es zuletzt vom Weltverband. „Man wird keinen Spieler bestrafen oder ausschließen. Es wäre ja lächerlich, wenn Angelique Kerber zum Beispiel nicht mitspielen könnte, weil sie nicht an einem Fed-Cup-Spiel teilgenommen hat, das es gar nicht gab“, sagte Verbands-Vize Dirk Hordorff dem Portal „tennisnet.com“

TURNEN:

Für die deutschen Turnerinnen und Turner stehen zwei offizielle Olympia-Qualifikationswettkämpfe an: Am 6./7. Juni im Rahmen in Oberhausen und am 20. Juni in Frankfurt/Main soll ermittelt werden, welche je vier Turnerinnen und Turner den Sprung in die deutschen Riegen für Tokio schaffen. Sowohl die Frauen als auch die Männer lösten mit der Mannschaft bei der WM in Stuttgart das Olympia-Ticket. Notfalls könnten die internen Olympia-Ausscheidungen ohne Zuschauer stattfinden. Der am kommenden Wochenende (20.-22. März) geplante DTB-Pokal in Stuttgart ist ebenso wie die Europameisterschaften abgesagt.

FECHTEN:

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie hat der Fecht-Weltverband Fie die ausstehenden Qualifikationsturniere auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben. „Der Qualifikationszeitraum für Tokio wird verlängert“, schrieb auch der Deutsche Fechter-Bund. Vom DFeB haben sich bereits die Säbel- und Florett-Herren jeweils im Team für Olympia qualifiziert. Florettfechterin Leonie Ebert hat beste Aussichten, ist aufgrund der ausgesetzten Turniere offiziell aber noch nicht qualifiziert.

SCHWIMMEN:

Die deutschen Schwimmer hätten eigentlich bis einschließlich der ursprünglich vom 30. April bis zum 3. Mai geplanten deutschen Meisterschaften Zeit gehabt, die Qualifikationszeiten zu erreichen. Die Wettbewerbe in Berlin wurden aber auf unbestimmte Zeit verschoben. Wie sich das auswirkt, ist noch unklar. Denkbar wäre, dass der Qualifikationszeitraum verlängert wird oder die Normen erleichtert werden. Aus dem deutschen Team haben bislang Doppelweltmeister Florian Wellbrock, Sarah Köhler, Marco Koch, Philip Heintz, Laura Riedemann, Marius Kusch und Jacob Heidtmann die Normzeiten unterboten.

SEGELN:

Das IOC hat den Zeitraum für die Nationen-Qualifikation bis zum 30. Juni verlängert. Damit würde die vom 14. bis zum 21. Juni geplante Weltcup-Regatta im Olympia-Revier von Enoshima in den Qualifikationszeitraum passen. Sie ist für alle zehn Disziplinen als finale Qualifikation für die letzten Nationenstartplätze im Gespräch. Aus deutscher Sicht kämpfen noch die Finnsegler und die 470er-Männer um einen der letzten Plätze. Als einzige haben bislang Laser-Weltmeister Philipp Buhl und die 49er-WM-Dritten Erik Heil/Thomas Plößel ihre Tickets sicher. Offen ist noch, welche deutschen Segler im Skiff 49erFX, im Mixed-Katamaran Nacra 17, im Laser Radial und bei den 470er-Frauen dabei sind.

WASSERBALL:

Das Olympia-Qualifikationsturnier der Wasserballer wurde verschoben. Statt vom 22. bis zum 29. März soll es nun vom 31. Mai bis 7. Juni stattfinden – so ist zumindest derzeit der Plan. Angesichts des neuen Zeitplans und der großen Ungewissheit schickte Bundestrainer Hagen Stamm seine Spieler erst einmal in ein paar freie Tage. Das Turnier der Frauen war auf Mitte Mai verlegt worden.

WASSERSPRINGEN:

Deutschlands bester Wasserspringer Patrick Hausding hat sich seinen Platz bereits gesichert, genau wie Tina Punzel vom Drei-Meter-Brett. Weitere Tokio-Tickets wollen die deutschen Springer eigentlich beim Qualifikationsevent in der japanischen Metropole vom 21. bis 26. April buchen. Ob die Veranstaltung wie geplant stattfinden kann, ist unklar.

SURFEN (WELLENREITEN):

Die deutschen Surfer haben bei den „World Surfing Games“ vom 9. bis zum 17. Mai die letzte Chance, sich Startplätze für den erstmals bei Olympia ausgetragenen Wellenreitwettbewerb zu sichern. Von den insgesamt 40 Tickets (je 20 für die Männer und Frauen) werden nach einem komplizierten System noch zwölf bei dem Event vergeben. Die besten Chancen aus deutscher Sicht haben die Frauen. Rachel Presti, Noah Klapp und Camilla Kemp sollen in El Salvador dabei sein. Bislang sind keine Auswirkungen der Coronakrise auf den Wettbewerb bekannt. (dpa)



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