Sportökonom: «Athleten geht es nach der Krise nicht besser»

Die Coronavirus-Pandemie wird auch Auswirkungen auf die finanzielle Lage von Athleten nach der Krise haben. Der Sportökonom Christoph Breuer meint, dass es nicht viel schlimmer werden kann: Die meisten Athleten haben ohnehin nicht viel und somit nicht viel verlieren.
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Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln: Sportökonom Christoph Breuer.Foto: -/DSHS-Pressestelle/dpa/dpa
Epoch Times30. März 2020

Frankfurt/Main (dpa) – Der Kölner Sportökonom Christoph Breuer erwartet, dass die Coronavirus-Krise Auswirkungen auf die finanzielle Lage von deutschen Topathleten haben könnte – aber keine ganz großen.

„Die olympischen und paralympischen Leistungssportler haben, wenn man so will, ohnehin nichts zu verlieren und können deshalb gar nicht so viel verlieren“, sagte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Wie schwer können die deutschen Topathleten finanziell durch die Coronavirus-Krise getroffen werden?

Christoph Breuer: Es ist davon auszugehen, dass es dem Leistungssportler nach der Krise nicht besser geht als vor der Krise. Aber sie sind meines Erachtens nicht so substanziell betroffen.

Warum?

Breuer: Die olympischen und paralympischen Leistungssportler haben, wenn man so will, ohnehin nichts zu verlieren und können deshalb gar nicht so viel verlieren. Wenn man sich ihre Einkünfte aus dem Leistungssport anschaut, fallen Prämien, Preis- oder Startgelder weg, weil keine Veranstaltungen stattfinden können. Aber das ist selbst bei den bekannten Athleten ein kleiner Anteil der Gesamteinnahmen.

Die Krise wird auch Sponsorengelder treffen!

Breuer: Ich denke ja. Manche Sponsoren werden möglicherweise die Krise nicht überleben oder eingeschränkter sein. Man muss davon ausgehen, dass Sponsoren oder Werbepartner wegfallen. Wenn sie nicht gut durch die Krise kommen, wird bei ihnen alles auf den Prüfstand gestellt. Außerdem haben wir bei vielen Athleten den Sachverhalt, dass sie zusätzlich arbeiten. Da stellt sich die Frage: Wie kommen die Arbeitgeber, die sie beschäftigen, durch die Krise?

Wie sieht es mit der Förderung durch die Deutsche Sporthilfe aus, die im Wesentlichen ihr Geld bei Sponsoren einsammelt? Breuer: Die Spitzenathleten haben in den vergangenen zehn Jahren mehr an sogenannter staatlicher Sportförderung bekommen, was zu mehr Finanzstabilität geführt hat. Zahlreiche Athleten sind in den Sportkompanien der Bundeswehr, beim Zoll oder bei der Bundespolizei oder beim Bundesgrenzschutz. Und des Weiteren ist auch die Finanzförderung durch die Sporthilfe angestiegen. Da kann man auch fragen, was die Finanzkrise für die Sporthilfe bedeutet. Deswegen würde ich nicht sagen, das ist alles sicher. Die Lufthansa ist ein Premium-Partner der Stiftung, und die meisten ihrer Maschinen stehen nun am Boden. Dann wird die Lufthansa vielleicht auch ihr Sponsoring, ihre Werbe- und Spenden-Budgets auf den Prüfstand stellen müssen.

Es gibt 4000 Athleten in den Leistungskadern. Könnten viele mit dem Sport aufhören, weil sie ihn nicht mehr finanzieren können?

Breuer: Das kann sein. Es ist natürlich Spekulation dabei. Ein Effekt könnte sein, dass die Athleten durchschnittlich weniger verdienen und ihren Sport noch ein Stück weiter unter den Mindestlohn- Bedingungen ausüben müssten. Das lässt zusätzlich bei einigen die Frage aufkommen, ob sich das Ganze überhaupt lohnt. Umgekehrt kann es bei anderen aber auch einen anderen Effekt haben und manche sagen: Ich habe jetzt mehr Zeit, weil bei dem Arbeitgeber, bei dem ich angestellt bin und eine halbe Stelle habe, zukünftig Kurzarbeit herrscht. Man weiß das alles nicht, das ist jetzt spekulativ. Doch dass es nur in eine Richtung geht, glaube ich nicht. Aber es wird auch für die Spitzensportler nicht einfacher werden.

Sehen Sie die Notwendigkeit für staatliche Hilfen für den deutschen Sport und seine Spitzenathleten?

Breuer: Die Schwierigkeit ist, dass jeder nach dem Staat rufen wird. Ob der der Staat das aber überhaupt alles bedienen kann? Insofern würde ich die Situation noch abwarten. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass man sozusagen diesen Bereich gegebenenfalls nach steuern muss. Die Frage ist, wie man nachsteuern muss, wie man an der Diskussion im Profisport sieht. Da spielt Gehaltsverzicht eine große Rolle. Diesbezüglich gibt es aber bei den meisten olympischen und paralympischen Sportarten so gut wie keine Einsparmöglichkeiten.

Wird die zu erwartende Finanzkrise den Amateursportbereich so hart treffen, wie es im Profisport geschehen könnte?

Breuer: Wir werden Auswirkungen in solchem Maße nicht bei den Amateurvereinen haben, weil sie das ehrenamtliche Engagement als Schutzfunktionen, als Puffer gegen Finanzkrisen haben.

Wenn die Olympischen Spiele in Tokio um ein Jahr verschoben werden sollten. Was könnte das für finanzielle Auswirkungen auf den deutschen Sport und die Optimalförderung der Sporthilfe haben?

Breuer: Die Spitzensportförderung sowohl von Sporthilfe als auch des Bundes wird dann sicherlich weiterlaufen. Ein Teil der in diesem Olympia-Jahr bereitgestellten Mittel, beispielsweise Reisekosten und so weiter, würden ja nicht anfallen und könnten sozusagen auf das nächste Jahr verlagert werden. Natürlich würden 2021 wieder Kosten für Trainingsmaßnahmen und die Vorbereitung angefallen. Dafür müsste man im Bundeshaushalt eine ähnlich hohe Summe bereitstellen wie in diesem Haushaltsjahr. Und auch die anderen Förderer müssten sich nochmal entsprechend strecken, was deren Budgets belasten würde.

ZUR PERSON: Christoph Breuer ist Professor für Sportökonomie an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Im vergangenen Jahr hat er als Mitautor eine Analyse zur „Lebensituation von Spitzensportler in Deutschland“ veröffentlicht.



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