Testspiel-Schlendrian für DFB vorbei: «Müssen liefern»

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Co-Trainer Thomas Schneider macht klare Ansagen für das Spiel gegen Italien.Foto: Andreas Gebert/dpa
Epoch Times28. März 2016
Jetzt geht es ausgerechnet gegen den Angstgegner um ein gutes EM-Gefühl. „Klar ist, dass wir uns durch die Niederlage gegen England unter Druck gesetzt haben und gegen Italien liefern müssen“, sagte Assistenztrainer Thomas Schneider.

Im Fußball zählen Ergebnisse, auch wenn Joachim Löw nach der „guten Lehrstunde“ beim 2:3 gegen die hungrigen Engländer sehr entspannt reagiert hatte. „Man ärgert sich schon, aber auch damit können wir mal leben“, resümierte der Bundestrainer in Berlin, bevor er seine Verlierer vor dem zweiten Klassiker am Dienstag (20.45 Uhr) wie zuvor geplant in einen kurzen Heimaturlaub zu den Familien entließ.

Es sind ja nur Testspiele, aber genau diesen Testspiel-Schlendrian müsste Löw seinen Weltmeistern kurz vor der Europameisterschaft eigentlich austreiben. Sonst blüht gegen die abgezockten Italiener ein totaler Fehlstart ins EM-Jahr, der zumindest bei Außenstehenden wie Fans und Medien die Zweifel am weiter vorhandenen Erfolgshunger und der Titelreife der deutschen Nationalmannschaft schüren würde.

Verhindern soll das unter anderem Bayern-Bankdrücker Mario Götze, der sich in seinem 50. Länderspiel – noch dazu in München – beweisen darf. Löw gab dem 23-Jährigen eine Einsatzgarantie in der Startelf. „Es lohnt sich immer, Mario zu unterstützen. Er kann Dinge, die andere nicht können“, begründete Löw, der für die EM auf Götze zählt.

Weitere personelle Umstellungen blieben am Ostermontag streng geheim. Ersatz-Kapitän Sami Khedira deutete aber auch mit Verweis auf den großen Kader an, dass Löw das Ergebnis nicht über das Experimentieren stellen werde und das Team in größerem Umfang umbauen könnte. „Ich denke, dass der eine oder andere zum Einsatz kommt, den man nicht auf der Rechnung hatte“, sagte Khedira. Sogar im Tor ist ein Debüt denkbar. Bernd Leno (Bayer Leverkusen) oder Kevin Trapp (Paris St. Germain) könnten anstelle von Lokalmatador Manuel Neuer auflaufen.

In Berlin hatten die jungen, wilden Engländer die Defizite des Weltmeisters schonungslos aufgedeckt. Und die Italiener seien „noch mal ein anderes Kaliber“, bemerkte selbst Löw. „Italien ist eine Turnier-Bestie“, formulierte Mario Gomez drastisch: „Die sind traditionell stark gegen Deutschland.“ Der Angstgegner ist auch ein potenzieller Viertelfinalgegner bei der Tour de France im Sommer. „Da kann es nicht schaden, wenn wir vor dem Turnier schon mal ein Zeichen setzen“, meinte Neuer, der am Ostersonntag 30 Jahre alt wurde.

„Für uns ist es schon noch mal wichtig, dass wir in die Vorbereitung gehen können mit einem Sieg“, erklärte Gomez. Der Torjäger hatte Löw die positive Erkenntnis des friedlichen Fußballabends im Berliner Olympiastadion geliefert. „Er hat wieder das Näschen für Tore“, lobte der Bundestrainer den 30 Jahre alten Angreifer, der sich als echter Neuner mit Nachdruck für eine EM-Hauptrolle aufdrängen konnte. Nicht nur bei seinem Kopfballtor demonstrierte Gomez lange verschüttet gegangene Stürmerqualitäten. Das 1:0 hatte Toni Kroos erzielt.

Ein Totaleinbruch in der letzten halben Stunde führte jedoch zu den Gegentoren von Harry Kane, Jamie Vardy und Eric Dier. Spielkontrolle, Organisation, aber auch die richtige Wettkampfeinstellung waren in dieser Phase verschwunden. „Bei der EURO bedeutet so ein Spiel die Heimreise“, mahnte Gomez: „Aber ich glaube, dass einer deutschen Mannschaft bei der EURO so ein Spiel nicht passiert.“

Die nach der Pause sehr unerfahrene Abwehr um Neuling Jonathan Tah (20), der für den angeschlagenen Mats Hummels reinkam, und Antonio Rüdiger (23) bot ein einfaches Alibi. „Man sollte nicht den Fehler machen, die Fehler bei der Innenverteidigung zu suchen, weil die Tore da gefallen sind. Das hatte sicherlich andere Gründe“, konterte Löw. Khedria benannte einen: „Wir haben den Betrieb eingestellt.“

Einige Leistungsträger wie Thomas Müller oder Marco Reus agierten im Sparmodus. „Es ist einfach so, dass wir den Testspielcharakter, und da spreche ich auch von mir selbst, nicht abschütteln konnten“, gestand Müller ehrlich: „Das ist leider nichts Neues, dass wir in Testspielen nicht ganz so gut aussehen.“ Der einzige Testspielsieg als Weltmeister datiert aus dem November 2014 beim 1:0 in Spanien. Gegen England setzte es die dritte Testspielschlappe nacheinander.

Sechs von 16 Spielen als Weltmeister haben Müller und Co. verloren. Ein Alarmzeichen? Sind die Champions von Rio satt? „Wenn es um die Wurscht geht, können wir vielleicht vom Mentalen ein bisschen mehr mobilisieren“, hofft Müller, den Kollege Gomez ebenfalls als „Turnier-Bestie“ bezeichnete. „Wir wissen schon, auf welchem Stand wir sind und dass wir noch ein bisschen was zu tun haben, um bei der EM eine gute Rolle zu spielen“, bemerkte Torschütze Kroos gelassen.

Der Ausfall wichtiger Akteure wie Jérôme Boateng, Ilkay Gündogan oder Bastian Schweinsteiger raubt dem Team aktuell Substanz. „Niederlagen haben immer das Positive, dass man weiß, was man nicht so gut gemacht hat“, sagte Khedira. „Es ist gut, dass uns die Augen geöffnet worden sind.“ Ob’s gewirkt hat, muss sich gegen die starken Italiener zeigen.

Voraussichtliche Aufstellungen:

Deutschland: Neuer (Bayern München/30 Jahre/64 Länderspiele) – Ginter (Borussia Dortmund/22/8), Mustafi (FC Valencia/23/9), Hummels (Borussia Dortmund/27/45), Hector (1. FC Köln/25/11) – Kramer (Bayer Leverkusen/25/11), Khedira (Juventus Turin/28/58) – Müller (Bayern München/26/69), Özil (FC Arsenal/27/71), Draxler (VfL Wolfsburg/22/16) – Götze (Bayern München/23/49)

Italien: Buffon (Juventus Turin/38/155) – Darmian (Manchester United/26/20), Bonucci (Juventus Turin/28/54), Astori (AC Florenz/29/11) – Florenzi (AS Rom/25/14), Jorginho (SSC Neapel/24/1), Montolivo (AC Mailand/31/61), Giaccherini (FC Bologna/30/22) – El Shaarawy (AS Rom/23/17), Bernardeschi (AC Florenz/22/1), Zaza (Juventus Turin/24/8)

Schiedsrichter: Drachta (Österreich)

(dpa)

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