Urteil gegen Ex-Turn-Arzt Nassar soll Opfern Hoffnung geben

Bis zu 175 Jahre Haft: Das Echo auf dieses Urteil gegen Ex-Turnarzt Nassar ging weit über die USA hinaus. Es soll, so hofft das Gericht, auch eine abschreckende Wirkung haben - und Opfer ermutigen.
Titelbild
Larry Nassar bei seiner Verurteilung im Gerichtssaal in Lansing.Foto: Carlos Osorio/dpa
Epoch Times25. Januar 2018

Auch mit dem spektakulären Urteil von bis zu 175 Jahren Haft ist der Skandal um den ehemaligen US-Turnarzt Larry Nassar nicht beendet.

Gegen den US-Turnverband und das frühere Umfeld Nassrad richten sich bohrende Fragen. Richterin Rosemarie Aquilina und die Opfer Nassars erhoffen sich von dem historischen Spruch auch eine abschreckende Signalwirkung.

Die ehemalige Turnerin Rachael Denhollander hatte am Mittwoch die letzte Sitzung einer siebentägigen Anhörung in Lansing (Michigan) mit flammender Kritik begonnen. „Für uns als Gesellschaft bedeutet das: Das kommt davon, wenn verantwortliche Erwachsene nicht angemessen auf Enthüllungen sexuellen Missbrauchs reagieren. Das kommt davon, wenn Institutionen eine Kultur schaffen, in der ein Raubtier unerschrocken und ohne Einschränkung gedeihen kann.“

Denhollander spielte darauf an, dass die Lawine der Anschuldigungen gegen Nassar sich erst viele Jahre nach den Taten Bahn gebrochen hatte. Auslöser waren mutige Zeugenaussagen seinerzeit von Nassar missbrauchter Turnerinnen und die hartnäckige Berichterstattung der Zeitungen „Indy Star“ und „Lensing State Journal“ (Michigan).

Denhollander war die erste gewesen, die sich 2016 gegen Nassar auszusagen getraut hatte. Sie war 15 Jahre alt, als sie missbraucht wurde. 16 Jahre später sagte sie aus.

Am Mittwoch war Nassar wegen massenhaften sexuellen Missbrauchs junger Turnerinnen zu bis zu 175 Jahren Haft verurteilt worden. Am live übertragenen letzten Tag der Anhörung sagte Richterin Aquilina an den 54-Jährigen gewandt: „Ich habe gerade Ihr Todesurteil unterzeichnet.“

Die Richterin dankte Denhollander für den Mut ihrer ersten Aussage: „Sie sind eine der tapfersten Personen, die ich jemals in meinem Gerichtssaal gesehen habe. Mit Ihnen begann die Flutwelle.“ Aquilina bestimmte, dass Nassar mindestens 40 Jahre im Gefängnis bleiben muss.

Das Strafmaß dieses Prozesses addiert sich zu einem anderen Urteil. Dort war Nassar wegen des Besitzes von Kinderpornografie bereits zu einer Haftstrafe von 60 Jahren verurteilt worden.

Bis zum Mittwoch waren bei dem Prozess 156 Mädchen und Frauen angehört worden, darunter auch mehrere Olympiasiegerinnen. Sie schilderten die kriminellen Machenschaften des Mediziners in allen Einzelheiten. Nassar hatte sich im November 2017 schuldig bekannt.

Die meisten Opfer Nassars waren minderjährig. Ein Mädchen war zum Tatzeitpunkt erst sechs Jahre alt.

Nassar bat seine Opfer vor Gericht um Entschuldigung: „Eure Worte haben mich zutiefst erschüttert“, sagte er. „Ich werde diese Worte bis ans Ende meines Lebens in mir tragen.“

Angela Povilaitis von der Generalstaatsanwaltschaft Michigan sagte: „Seine Lügen haben funktioniert. Jede frühere Anschuldigung ging ins Leere. Was sagt es über unsere Gesellschaft, wenn sich Opfer sexuellen Missbrauchs über Jahre verstecken müssen?“ Ausdrücklich dankte Povilaitis den Journalisten, die den Fall aufzudecken halfen.

Am Montag war die Spitze der Geschäftsführung des Turnverbandes US Gymnastics wegen Vorwürfen zurückgetreten, Nassars Machenschaften lange Zeit gedeckt zu haben. Fragen richten sich auch an die Michigan State University, an deren Fakultät Nassar Jahrzehnte tätig war. Außerdem sind eine Reihe von Zivilverfahren anhängig. (dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion