Urteil mit Brisanz für Internationalen Sportgerichtshof

Das Konstrukt mit dem Internationalen Sportgerichtshof CAS als unumstößliche Instanz wackelt nach einem Urteil in Belgien. Dies ist auch Rückenwind für Claudia Pechstein. Für die internationalen Verbände wie FIFA und IOC könnte es unangenehm werden.
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Das Konstrukt des Internationalen Sportgerichtshofes könnte durch ein Urteil in Belgien infrage gestellt werden.Foto: Frank May/dpa
Epoch Times3. September 2018

Allein der Name Jean-Louis Dupont löst bei Internationalen Sportverbänden wie der FIFA großes Unbehagen aus. 1995 gehörte der Belgier zum Anwalts-Team von Jean-Marc Bosman, der das internationale Transfersystem zum Einsturz brachte.

Der Jurist war auch nicht ganz unbeteiligt, dass Clubs von den Verbänden Kompensationszahlungen für die Abstellungen von Nationalspielern erhalten. In der vergangenen Woche erzielte Dupont einen weiteren Coup, der sich als folgenschwer für die internationale Sportgerichtsbarkeit erweisen könnte.

Als Rechtsbeistand des Drittligisten FC Seraing hat Dupont vor einem Brüsseler Berufungsgericht erwirkt, dass die Verpflichtung rechtswidrig ist, Streitigkeiten zwischen Spielern, Vereinen und Verbänden vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS zu regeln. „Angesichts dieses Entscheids wird es den Verbänden in der Zukunft nicht mehr möglich sein, jedem Gegner in allen Fällen den Weg zum Schiedsverfahren bei CAS aufzuzwingen“, teilte Dupont zusammen mit seinen Anwaltskollegen mit. „FIFA und UEFA können sich jetzt nicht mehr hinter dem CAS verstecken.“

Ein Urteil, das auch Claudia Pechstein aufhorchen ließ. „Auch in meinem Fall ist mehr als deutlich geworden, dass der CAS kein unabhängiges Schiedsgericht ist“, sagte Pechstein der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: „Unser Nachbarland setzt höchste Maßstäbe an, wenn es darum geht, die Grundrechte seiner Bürger zu schützen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Richter am Bundesverfassungsgericht dahinter zurückbleiben werden.“

Pechsteins Fall ist ähnlich gelagert. Die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin will in dem Schadenersatz-Prozess gegen die Internationale Eislauf-Union ebenfalls vor ein Zivilgericht. Ein Termin für die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht ist noch nicht bekannt. Doch das Urteil in Belgien zeigt: Es wird ernst für die Funktionäre in der Schweiz. Reaktionen von FIFA, UEFA oder IOC auf das Urteil gab es auf Anfrage zunächst nicht.

Das Konstrukt mit dem Internationalen Sportgerichtshof als unumstößliche Instanz wackelt. Ohnehin ist die Kritik am CAS groß. Erst jüngst haben ARD-Recherchen Zweifel an der Unabhängigkeit der CAS-Richter bestärkt. Demnach wird beanstandet, dass die Richter von einem Gremium benannt werden, das mehrheitlich aus Vertretern großer Sportorganisationen besteht. In mindestens zwei Fällen soll es fragwürdige Konstellationen mit potenziellen Interessenskonflikten gegeben haben, wonach CAS-Richter zugleich als externe Berater für Sportverbände tätig waren.

Es ist der alte Vorwurf: Wie kann ein Sportgericht bei Rechtsverfahren gegen internationale Verbände unabhängig sein, wenn es von diesen doch finanziert wird? 1984 wurde der CAS vom IOC gegründet. Zehn Jahre später folgte eine vollständige organisatorische Trennung, was aber nichts an der Finanzierung änderte. Präsident des CAS ist der Australier John Coates, der zugleich Vizepräsident des IOC ist.

Im Fall des FC Seraing ging es ursprünglich gar nicht um den CAS, sondern um das Verbot der sogenannten Dritteigentümerschaft (Third-Party Ownership, kurz TPO), das in den Statuten von FIFA, UEFA und nationalen Verbänden verankert ist. Die FIFA hatte dem Club untersagt, dass externe Investoren Rechte an Spielern erwerben. Der Fall landete vor dem CAS, der im Sinne der FIFA entschied. Daraufhin erst stellte Seraing die Unabhängigkeit des CAS in Frage und bekam Recht. Nun ist auch der Weg frei für die ursprüngliche Klage. Der FIFA droht dann die nächste juristische Niederlage. Gegen Seraing. Und gegen Dupont, einem unangenehmen Gegenspieler. (dpa)



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