Braucht Deutschland noch mehr Wölfe? SPD blockiert leichteren Abschuss der Raubtiere

In der Koalition gibt es neuen Streit um den Umgang mit Wölfen: Die CDU warf der SPD am Montag vor, eine im Mai vom Kabinett gebilligte Vorlage zum leichteren Abschuss der Raubtiere zu blockieren.
Titelbild
Wölfe sind in Mitteleuropa wieder beheimatet.Foto: Matt Cardy/Getty Images
Epoch Times23. September 2019

Lange Zeit wurde der Wolf in Deutschland im Kampf um die Nahrungsressourcen gejagt, nicht ohne Grund.

In Deutschland galt das Raubtier seit 150 Jahren als ausgestorben. 1998 siedelte ein Wolfspaar in Sachsen an, zwei Jahre später hatte es erstmals Nachwuchs. Die Tiere kamen aus Polen. Fünf Jahre später etablierte sich ein weiteres Rudel, heißt es laut der „Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf“ (DBBW).

Doch mittlerweile wird die Population des Wolfes in der Bundesrepublik vom Bundesumweltministerium auf rund 400 Tiere geschätzt. Der Deutsche Jagdverband geht jedoch von mehr als Tausend Wölfen aus.

Im Juni 2018 berichtete die „Tagesschau“ vom Missverhältnis der Schätzungen zwischen dem Jagdverband und dem Umweltamt. Dabei wurden allerdings Äpfel mit Birnen verglichen: Man stellte die 1.000 Wölfe (jung und alt) vom Jagdverband gegenüber mit 150 – 160 erwachsenen Wölfen laut Bundesumweltamt. Die Zahl ist nicht falsch, da sie von 60 Wolfsrudeln (mit je 2 Elterntieren), 13 Wolfspaaren und drei sesshaften Einzelwölfen ausgeht.

Zu dieser Zeit stellte die FDP eine Anfrage an die Bundesregierung, ob die anwachsende Wolfspopulation eine Gefahr für im Wald spielende Kinder, Jogger oder Hundebesitzer sei. Aus dem Umweltministerium hieß es dann, dass das zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, das Risiko aber „sehr gering“ sei. Der FDP-Agrarexperte Karlheinz Busen sprach daraufhin von „Kuscheltierromantikern“ im Umweltministerium.

Politik: Hü und Hott und loses Wort

Im Koalitionsvertrag zwischen der Union und der SPD heißt es unter anderem:

Im Umgang mit dem Wolf hat die Sicherheit der Menschen oberste Priorität. (…) Wir wollen, dass Wölfe, die Weidezäune überwunden haben oder für den Menschen gefährlich werden, entnommen werden.“

(Koalitionsvertrag CDU, CSU, SPD, 12.03.2018)

Doch als es um die Umsetzung des Versprochenen ging, gab es plötzlich Probleme mit den Sozialdemokraten: Während das CDU-geführte Bundeslandwirtschaftsministerium auf Wunsch vieler betroffener Landwirte auf die Verschärfung der Wolfs-Verordnung drängt, blockiert das von den Sozialdemokraten besetzte Umweltministerium ein rasches Handeln, dessen es nach Ansicht der CDU-Bundestagsabgeordneten Breher und Müller dringend bedarf. Am Montag, 23. September, kritisierte die CDU das Verhalten der SPD:

Die Übergriffe auf Weide- und Nutztiere steigen und die Konflikte nehmen zu. (…) Die Menschen vor Ort sind verunsichert und die Weidetierhalter hilflos. Viele Schafhalter haben aufgegeben oder lassen ihre Tiere im Stall. (…) Diese Blockade durch unseren Koalitionspartner ist nicht akzeptabel.“

Vier Monate ist es her, dass sich das Kabinett mit dem Thema Wolf befasste, doch der Entwurf ist immer noch nicht im Bundestag gelandet. Es geht darum, dass Wölfe abgeschossen werden dürfen, wenn sie bereits „ernste Schäden“ für Nutztierhalter verursachen und nicht erst dann, wenn schon die Existenz des Unternehmers bedroht ist.

Bundestag 2018: Die CDU-Abgeordnete Silvia Breher setzt sich seit Längerem schon beim Thema Wolf und ungezügelte Population ein.

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Auch im rot-schwarz regierten Niedersachsen, das bekanntlich in Deutschland am stärksten von Wolfspopulationen bewohnt und damit auch gegplagt wird, gibt es politischen Streit wegen des Wolfes. Die Grünen rufen Zeter und Mordio angesichts von Forderungen des Umweltministers Olaf Lies (SPD) nach mehr Wolfsabschüssen:

Nur weil die Landesregierung seit Monaten an der Entnahme eines einzelnen, angeblich problematischen Wolfs im Landkreis Nienburg scheitert, fordert Olaf Lies jetzt den Abschuss ganzer Rudel. Diese Art von Sippenhaft lehnen wir entschieden ab.“

(Hans-Joachim Janßen, Landeschef Grüne Niedersachsen)

Auch in Sachsen, nach Niedersachsen und noch vor Brandenburg auf Platz zwei bei der Wolfspopulation bundesweit liegend, hat seine Probleme mit dem Raubtier. Seit Mai gibt es eine neue Wolfsmanagement-Verordnung, dass den Abschuss von Wölfen erleichtert:

Die Verordnung ist einer von vielen Schritten, mit denen wir auf die weitere Ausbreitung der Wölfe reagieren und mit denen wir insbesondere Konflikte vermeiden wollen.“

(Thomas Schmitt, Umweltminister, CDU)

Ein besonders schlimmer Fall aus Sachsen: Ein Wolfsrudel fiel im Oktober 2018 über Herdentiere her und tötete 40 von ihnen.

Täglich vier Kilo Fleisch – egal woher

Der Wolf ist ein Raubtier, dass meistens im Rudel, manchmal auch als Einzeltier lebt. Er ernährt sich in der Regel in freier Wildbahn von größeren Tieren wie Rehen, Hirschen und Wildschweinen. Manchmal stehen auch Hasen auf dem Speiseplan. Auch Aas lässt den Wolf nicht kalt. Einen natürlichen Fressfeind hat das Raubtier nicht. Das „Wolfsinfozentrum“ im Wildpark Eekholt in Schleswig-Holstein schreibt, dass ein Wolf täglich zwischen drei und vier Kilogramm Fleisch benötigt, was im Jahr etwa 60 Rehen oder 16 Rothirschen entspricht. Gleichsam könne er auch mehrere Tage hungern oder aber zehn Kilogramm Fleisch in einer Mahlzeit verdrücken.

In der nähe menschlicher Siedlungen schlägt er Schafe und Ziegen (85,9 %), Gatterwild (9 %), manchmal auch auch Rinder, meist Kälber (4,8 %), besagt die Statistik der Jahre 2002 – 2017. Laut DBBW gab es 2007 rund 100 durch Wölfe getötete Nutztiere. 2015 lag die Zahl bereits bei 710 und 2016 erhöhte sich der Tierschaden auf 1.079 Tiere, berichtete die „Bild“ im Februar.

Der Wolf, der Hund und der Mensch

Doch auch Hunde sind nicht vor dem Wolf sicher. Vielleicht werden sie als Eindringlinge in das eigene Revier wahrgenommen, vielleicht auch als potenzielle Futterquelle.

In einem Fall wurde 2015 in Niedersachsen ein Spaziergänger mit einem kleinen Hund von drei Wölfen attackiert. Den Rest des Hundes fand später eine Spaziergängerin. Der Fall wurde von der Presse aufgenommen.

In einem anderen Fall drang ein Wolf auf ein Grundstück ein und schnappte sich den Hofhund, der an einer Kette vor seiner Hütte festgemacht war und das Grundstück bewachen … sollte …

Da Deutschland mit 232 Einwohnern pro Quadratkilometer im Gegensatz zu den Weiten Nordamerikas, Russlands oder auch Skandinaviens ziemlich dicht besiedelt ist, kommt es auch zu „Wolfserlebnissen“ von Menschen. In Niedersachsen traf eine Nordic-Walkerin auf einen Wolf, der seelenruhig in der Nähe eines Dorfes herumschlich. Ein zufällig voreibkommender Landwirt holte die verängstigte Frau rasch auf den Traktor.

Der Wolf hatte sich der Läuferin bis auf 30 Meter genähert, für Wolfsberater Bullerjahn ein Alarmsignal: „Alles was unter 100 Meter ist, ist nicht typisch für den Wolf.“ Laut Bullerjahn schien das Tier „gänzlich unbeeindruckt“. Wenn ein Wolf flüchtet, tut er das in die entgegengesetzte Richtung. Doch hier passierte genau das Gegenteil: „Ein Fluchtversuch war jedenfalls überhaupt nicht zu erkennen“, zitierte die „Allgemeine Zeitung“.

Der Wolf breitet sich aus

Die DBBW zählt ein Monitoringjahr von Herbst bis Herbst. Ein Wolfsrudel umfasst in der Regel ein Elternpaar mit Jungtieren aus höchstens vier Jahren, im Normalfall fünf bis zwölf Tiere. Es können aber auch Wolfsrudel von bis zu 36 Tieren auftreten.

Im Statusbericht 2017/2018 der DBBW heißt es, dass sich das Wolfsvorkommen im Vergleich zum Vorjahr insbesondere im Nordwesten Deutschlands, vor allem in Niedersachsen, weiter vergrößert habe. Zudem wurden weitere Bereiche besiedelt.

Damit setzt sich der Trend aus den Vorjahren fort, dass sich vor allem die bestehenden Lücken zwischen den einzelnen Vorkommensschwerpunkten schließen.“

(Jahresbericht 2017/2018, DBBW, pdf)

Monitoringjahr
(biologisches Wolfsjahr Welpen: 1. Mai -31. April)

Einzel-

gänger

Paare

Rudel

Territorien

gesamt

Territorien

reproduktiv

Welpen

2016/2017

2

22

60

84

56

218

2017/2018

3

33

75

111

67

268

2018/2019

(vorläufig, 24.9.)

10

5

73

88

70

213

Doch wer sich gegen die Wölfe wehrt, kommt mit den aktuellen Gesetzen in Konflikt:

„Der vorsätzliche Abschuss eines Wolfes ist in Deutschland eine Straftat und wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren geahndet. Für den versehentlichen Abschuss sieht der Gesetzgeber eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten vor. Darüber hinaus sind jagdrechtliche Konsequenzen wie der Entzug des Jagdscheines oder ein Verbot der Jagd möglich,“ so der DBBV. (sm)



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