Technische Grenzen des Ökostroms – Utopische Ziele der Bundesregierung

Die Bundesregierung will Deutschland mindestens mit 80 Prozent Ökostrom versorgen. Ist dies technisch für ein Industrieland überhaupt möglich? Ein Artikel von Prof. Dr.-Ing. Hans-Günter Appel zur Stromversorgung.
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Der Strompreis hat sich seit 2005 um mindestens 50 Prozent erhöht.Foto: iStock
Von 20. Februar 2018

Es ist wohl inzwischen allgemein bekannt, dass die Energiewende immer mehr zu einer wirtschaftlichen Katastrophe wird. Sie ist zu einer Umverteilung von unten nach oben mutiert. Die gesteckten Ziele wurden nicht erreicht. Brennstoffe wurden nicht eingespart.

Die Erzeugungskosten des Ökostroms sind weit höher als die der konventionellen Kraftwerke ohne jede Aussicht, dass sich dies jemals ändern könnte.

Für Wendestrom werden nach Angaben aus dem Bundesumweltministerium für die gleiche Menge neunmal mehr Arbeitskräfte eingesetzt als für Strom aus Braunkohlekraftwerken. Die mit der zunehmenden Einspeisung von Ökostrom steigenden Strompreise vertreiben immer mehr Industriebetriebe aus Deutschland.

Trotz dieser Erkenntnisse will die Bundesregierung an dem Ziel festhalten, Deutschland mindestens mit 80 Prozent Ökostrom zu versorgen. Ist dies technisch für ein Industrieland überhaupt möglich?

Anforderungen an eine Stromversorgung

Strom wird jederzeit erwartet und gebraucht, wenn er eingeschaltet wird. Doch es soll nicht nur Strom fließen. In einem Wechselstromnetz müssen alle Parameter stabil sein. Die Spannung darf nur um wenige Prozent schwanken und die Frequenz von 50 Hertz (Hz = Schwingungen pro Sekunde) muss stabil sein.

Diese Anforderungen sind außerordentlich schwer zu erfüllen, denn der Strom muss immer in dem Augenblick erzeugt werden, in dem er auch verbraucht wird. Das Stromnetz ist nicht mit einem Stausee vergleichbar.

Strom kann nicht gelagert werden. Er ist ein Transportmittel ohne jede Speicherkapazität.

Ein stabiles Stromnetz ist nur möglich, wenn die Generatoren mit großen Schwungmassen in den Regelkraftwerken ständig laufen, um bei Bedarf zusätzlichen Strom in das Netz einzuspeisen oder bei Minderbedarf die Einspeisung zu verringern. Alle Stromerzeuger müssen mit der gleichen Frequenz und in gleicher Phasenlage arbeiten. Sonst gibt es Wellensalat und das Netz bricht zusammen.

Zur Erläuterung: Im Wechselstromnetz wechselt die Spannung 50 Mal je Sekunde zwischen Plus und Minus. Jeder Stromerzeuger muss auf die Millisekunde genau seinen Strom auf die maximale Plus- und Minusspannung des Netzes einregeln.

Es wird zu viel Ökostrom eingespeist

Inzwischen sind in Deutschland mehr als 30.000 Windgeneratoren und einige hunderttausend Solarstromanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 100.000 Megawatt installiert. Der Leistungsbedarf schwankt je nach Wochentag und Tageszeit zwischen 40.000 und 85.000 Megawatt.

Wenn der Wind weht und die Sonne scheint, gibt es immer häufiger mehr Strom aus Ökoanlagen, als überhaupt gebraucht wird. Dies ist kein größeres technisches Problem. Es werden einfach Anlagen abgeschaltet.

Wirtschaftlich ist es allerdings eine schlimme Sache. Nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) erhält der Betreiber dann eine Entschädigung für das Abschalten der Anlagen in Höhe von 90 Prozent der EEG-Vergütungskosten für den nicht benötigten und nicht gelieferten Strom.

Ein Bäcker, der zu viele Brötchen gebacken hat, bleibt dagegen auf seiner Ware ohne Entschädigung sitzen.

Oft wird zu wenig Ökostrom eingespeist

Wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint, fällt die Leistung der Ökostromanlagen auf Null. Auch eine Verdreifachung der Anlagen, wie sie von der Bundesregierung geplant ist, ändert hieran nichts. Eine noch so hohe Leistung multipliziert mit Null ergibt Null.

Die preiswerten und verlässlichen Kohle-, Kern- und Gaskraftwerke müssen dann einspringen. Das Anfahren der Wärmekraftwerke dauert jedoch Stunden bis Tage.

Um bei Bedarf sofort Strom liefern zu können, müssen die Kraftwerke betriebsbereit gehalten werden. Das kostet zusätzlichen Brennstoff und und zusätzliche Arbeitszeit, ohne dass gleichzeitig Strom eingespeist wird.

Die Erzeugungskosten des Ökostroms sind weit höher als die der konventionellen Kraftwerke ohne jede Aussicht, dass sich dies jemals ändern könnte. Foto: iStock

Keine sinnvollen Speicher in Sicht

Nach den Vorstellungen der Energiewender soll der Überschuss aus Ökostrom-Anlagen bei Starkwind und Sonnenschein gespeichert werden und in Flautezeiten sowie bei Dunkelheit wieder in das Netz abgegeben werden.

Doch dies bleibt für die nächsten Jahrzehnte ein frommer Wunsch.

Nach den derzeitigen Kenntnissen lässt sich Strom in größeren Mengen nur indirekt als potentielle oder chemisch gebundene Energie speichern, also in Wasserspeichern, Druckluftkavernen, Batterien oder als Methan aus Wasserstoff. Doch die Speicher reichen bei Weitem nicht aus, um die Stromversorgung in Flautezeiten zu gewährleisten.

Nur Methan könnte man in ausreichender Menge in Gaskavernen einlagern. Doch diese Möglichkeit scheidet wegen der geringen Effizienz aus. Die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse, die Umwandlung in Methan, die Druckspeicherung in Kavernen und die Rückwandlung in Strom verschlingen bis zu 90 Prozent des eingesetzten Stromes. Es müsste also zehnmal mehr Strom erzeugt werden als in der Flaute benötigt wird.

Darüber hinaus ist das Speichern sehr teuer.

Am günstigsten sind Pumpspeicherwerke. Werden sie täglich zur Abdeckung der Spitzenlast genutzt, kostet der Speicherstrom knapp 20 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Er steigt aber schnell über einen Euro, wenn der Speicherstrom nur an wenigen Tagen des Jahres in das Netz gedrückt wird. Grund sind die hohen Investitionskosten für Speicher.

Ähnliche Kosten haben die Druckluftspeicher. Batterien sind deutlich teurer. Hier muss auch geprüft werden, ob auf der Welt überhaupt ausreichend Metalle für den Bedarf in Deutschland zur Verfügung stehen. Für den Weltbedarf reicht es mit Sicherheit nicht.

Zur Speicherung als Methan müssen für die Erzeugung von Wasserstoff und die anschließende Umwandlung in Methan riesige chemische Anlagen gebaut werden, die nur wenige Stunden im Jahr genutzt werden, nämlich nur bei starkem Wind und hellem Sonnenschein. Für diese kurzen Momente müssen die Anlagen ständig betriebsbereit gehalten werden.

Netzstabilität nur mit mindestens 45 Prozent Kraftwerksstrom

Unser Stromnetz hat einen internen Speicher, der kurzfristige Schwankungen zwischen Einspeisung und Verbrauch auffängt. Es sind die riesigen rotierenden Schwungmassen von vielen tausend Tonnen der Turbinen und Generatoren, die Strom in den Dampf- und Gaskraftwerken erzeugen und die über das Netz synchronisiert sind. Die Rotationsenergie wird als Momentanreserve bezeichnet.

Wird mehr Energie gefordert als eingespeist, so geben die rotierenden Massen Strom an das Netz ab unter leichter Absenkung der Frequenz. Dies ist ein Signal, mehr Dampf einzuspeisen, um die Generatorleistung zu erhöhen. Im umgekehrten Fall wird durch weniger Dampf die Generatorleistung vermindert, um eine zu hohe Frequenz wieder abzusenken. So stabilisieren die großen Kraftwerke die Netzfrequenz.

An dieser Netzfrequenz können sich die kleinen Ökostromanlagen ausrichten, um ihren Strom dann synchron, also mit der gleichen Frequenz und Phasenlage, in das Netz einzuspeisen.

Ohne diese Richtfrequenz und nur mit den kleinen Ökostromanlagen kommt es sehr schnell zu einem Zusammenbruch des Netzes, weil eine vollkommen synchrone Einspeisung nicht gelingt, da die Leistung der Wind- und Solaranlagen stark schwankt und ständig nachgeregelt werden muss.

Eine hundertprozentige Versorgung mit Ökostrom ist nach dem heutigen Stand der Technik unmöglich.

Es gibt zwar einige Vorstellungen, wie ein solches Netz stabilisiert werden könnte. Dazu müssten aber erhebliche Investitionen erfolgen, die den Strompreis weiter kräftig in die Höhe treiben. Es gibt keine greifbare preiswertere Stromversorgung.

Nach den Kenntnissen und Erfahrungen der Fachleute vom Stromverbraucherschutz NAEB, die über Jahrzehnte erfolgreich in der Stromversorgung tätig waren, müssen mindestens 45 Prozent unseres Stromes in Großkraftwerken mit den entsprechenden Schwungmassen erzeugt werden, um das Netz stabil zu halten.

Diese Grenze wird bereits jetzt bei Starkwind und Sonnenschein immer wieder erreicht oder sogar unterschritten. Netzzusammenbrüche erfolgten bisher nicht dank des Europäischen Verbundnetzes, durch das das deutsche Netz stabil gehalten wurde, denn unsere Nachbarländer haben kaum Ökostromanlagen.

Wir haben inzwischen die technischen Grenzen für Ökostrom erreicht. 30 Prozent Ökostrom kann unser Netz noch verkraften. Doch darüber hinaus wird es problematisch.

Es wird Zeit, dass sich die Regierung und die Parteien darüber klar werden. Die utopischen Ziele der sogenannten Energiewende sind nicht zu erreichen. Jeder weitere Ausbau von Ökostromanlagen führt nur zu noch höheren Stromkosten, weiterer Zerstörung der Umwelt und Verlust von Arbeitsplätzen durch Abwanderung der Industrie.

 

Der Artikel von Prof. Dr.-Ing. Hans-Günter Appel erschien zuerst auf der Webseite „Deutsche Zivilgesellschaft“, dzig.deDZIG veröffentlicht Beiträge verschiedenster Autoren zu gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Der Artikel stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar und muss nicht zwangsläufig die Meinung des Verlags oder die Meinung anderer Autoren dieser Seiten wiedergeben.

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