Greenpeace gewinnt Prozess um Atomstreit gegen britische Regierung

Weg gebahnt für breitere Diskussion über Nutzen und Risiken von Atomenergie
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Bereits im November 1995 war ein Greenpeace-Aktivist während der jährlichen Konferenz des Britischen Industrieverbandes CBI auf dessen Gebäude geklettert und hatte so für eine Unterbrechung der Rede des Premierministers Tony Blair gesorgt. Dieser hatte zur Delegation des CBI über Energie gesprochen. Zu dem kürzlich gewonnenen Prozess von Greenpeace gab das CBI eine Pressemitteilung heraus in der CBI-Direktor Richard Lambert sagt: „Es ist nicht klar, wie wir gleichzeitig unseren Energieansprüchen und dem Klimawandel gerecht werden können, ohne eine zukünftige Rolle für die Atomenergie.“ (Bruno Vincent/Getty Images)
Von 25. Februar 2007

Am 15. Februar gewann Greenpeace einen Prozess gegen die britische Regierung wegen des Baus neuer Atomkraftwerke. Der High Court in London bezog sich auf ein Versprechen der Regierung von Tony Blair im vergangenen Jahr, vor dem Beschluss zum Bau neuer Atomanlagen erst eine umfassende öffentliche Befragung zu dem Thema zu unternehmen. Außerdem habe der Konsultationsprozess der Regierung Verfahrensmängel aufgewiesen und die entsprechende Entscheidung sei deshalb rechtswidrig gewesen.

Der unabhängige Wissenschaftler und Umweltschützer James Lovelock warf Greenpeace nur wenige Tage nach dem Urteil vor, auf den Kampf gegen den Klimawandel einen effektiven Überfall vollführt zu haben „Ich bin tief besorgt darüber, dass die öffentliche Meinung und mithin die Regierung weniger auf Wissenschaftler als auf die grünen Lobbys hört“, schrieb er in einer Kolumne der Sunday Times. „Das ist das Selbe als würden wir ernsthaft und absichtlich versuchen einen erneuten Ausbruch der mittelalterlichen Pest mit alternativer anstatt wissenschaftlicher Medizin zu bekämpfen.“

Nachdem Greenpeace den Prozess am High Court gewonnen hatte, war der Tumult perfekt und der Weg war gebahnt für eine breitere Diskussion. Das Gericht hatte Greenpeace hauptsächlich in zwei Punkten Recht gegeben. So habe die Regierung Fakten über die Entwicklungskosten sowie den Umgang mit dem anfallenden Atommüll zurückgehalten.

Für Lovelock, dem Autor der bekannten Gaya-Hypothese, die den Planeten als lebenden Organismus begreift, ist „Atomkraft die einzige Lösung, dem Klimawandel zu begegnen“, denn die Wahrscheinlichkeit einer Umweltkatastrophe sei inzwischen so nahe gerückt, dass dringend Schritte zur Änderung des Kohlenstoff-footprint auf der Erde unternommen werden müssten.

Ein gutes Beispiel seien die Franzosen, die nahezu ihre gesamte elektrische Energie über die Nuklearkraft beziehen, wie der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV, der mit über 500 Stundenkilometern fährt: „Diese Form des Intercity-Reisens ist die einzige ihrer Art weltweit, die kein Kohlendioxid freisetzt, denn die Züge werden mit Atomstrom gespeist.“

Gaya-Autor Lovelock: „Atomkraft ist die einzige Lösung, dem Klimawandel zu begegnen.“

Lovelock weiter: „Bald werden auch unsere Autos und LKWs mit Batterien betrieben werden. Was für ein wunderbarer Weg, CO2-Emissionen zu vermeiden, aber nur, wenn wir die Nuklearkraft zu unserer Energiequelle machen. Schließlich basiert unser ganzes Universum auf Atomenergie, warum sollen es also nicht auch wir tun?“

Grüne Vorkämpfer jedoch weisen darauf hin, dass Lovelock vergessen habe anzusprechen, wie der nukleare Abfall beseitigt werden könne. „Atomkraft ist nichts anderes als eine gefährliche und teure Ablenkung von den wirklichen Energielösungen zum Klimawandel“, sagte ein Sprecher von Greenpeace. Diese seien wesentlich effizienter, sicherer und billiger bezüglich der Energieanforderungen und der Reduzierung des CO2-Ausstoßes als die Atomenergie. „Würden wir zehn neue Atomkraftwerke bauen, wie die Regierung vorgeschlagen hat, würde das die CO2-Emissionen um gerade mal vier Prozent verringern. Das wäre zu wenig und außerdem auch zu spät. Der Klimaänderung muss jetzt entgegengewirkt werden und nicht erst in 20 Jahren, wenn die ersten neuen Reaktoren in Betrieb gegen könnten“, so der Sprecher.

Greenpeace favorisiert die Nutzung dezentraler Energiesysteme mittels Einsatz Erneuerbarer Energiequellen wie Wind und Solar und Verbesserung der Energieeffizienz. Obwohl die dezentrale Energienutzung bereits existiere dürfte es aber noch einmal 20 Jahre dauern, bevor man einen radikalen Wechsel wahrnehmen würde. Dennoch hätten solche Systeme eine Reihe von Vorteilen gegenüber der Atomenergie. „Sie sind viel sauberer und der CO2-Ausstoß könnte, gegenüber dem Atom-Fahrplan, um 17 Prozent mehr gesenkt werden“, teilte der Greenpeace-Sprecher mit. Außerdem wären sie billiger. Die Gesamtkosten wären bei dem Szenario mit dezentralem Energiesystem über eine Milliarde niedriger, und die Kosten für den Endkunden geringer. Dabei wären die Kosten für das Management des Atommülls, die gegenwärtig auf 70 Milliarden geschätzt werden, noch nicht einmal enthalten.



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