Ein Jahr nach Charlottesville – Trump und der Rassismus

Ein Jahr sind die tödlichen Proteste von Rechtsextremisten in Charlottesville her, die US-Präsident Donald Trump damals mächtig unter Druck setzten. Zum Jahrestag wollen die Rechten wieder aufmarschieren - diesmal vor dem Weißen Haus in…
Epoch Times9. August 2018

Ein Jahr sind die tödlichen Proteste von Rechtsextremisten in Charlottesville her, die US-Präsident Donald Trump damals mächtig unter Druck setzten. Zum Jahrestag wollen die Rechten wieder aufmarschieren – diesmal vor dem Weißen Haus in Washington.Washington (dpa) – Manche Demonstranten trugen Nazi-Flaggen, andere skandierten «Blood and Soil», auf Deutsch lautet der NS-Spruch «Blut und Boden»: Vor einem Jahr marschierten Neonazis und andere Rechtsextremisten in Charlottesville im US-Bundesstaat Virginia auf. Der gewaltsame Protest wurde tödlich, als ein Rechtsextremist sein Auto in eine Gruppe Gegendemonstranten steuerte: Die 32-jährige Heather Heyer starb, viele Menschen wurden verletzt. Plötzlich stand die 50 000-Seelen-Stadt Charlottesville stellvertretend für rechte Gewalt in den USA. Am Jahrestag an diesem Sonntag kommt es nun zur Wiederauflage der Extremisten-Demo – diesmal in Washington. Die Demonstration in Charlottesville stand unter dem Motto «Vereint die Rechte». Zur Folgeveranstaltung «Vereint die Rechte 2» wollen sich am Sonntag mehrere hundert Demonstranten im Lafayette-Park versammeln, gleich vor dem Weißen Haus. Der Hausherr ist nicht da, Präsident Donald Trump urlaubt in einem seiner Golfresorts. Ansonsten hätte die Demonstration in Sicht- und Hörweite womöglich unangenehme Erinnerungen bei ihm hervorgerufen: Die Ereignisse von Charlottesville brachten den Präsidenten mächtig unter Druck. Genau genommen brachte sich Trump selber mit Aussagen in die Bredouille, die nach Heyers Tod für eine zweite Welle des Entsetzens sorgten. Erst verurteilte er «Hass, Fanatismus und Gewalt auf vielen Seiten» – Distanzierung von Neonazi-Gewalt sieht anders aus. Als die Empörung über Tage nicht abebbte, legte Trump noch einmal nach. «Ich denke, dass die Schuld auf beiden Seiten liegt», sagte Trump in einem erhitzten Schlagabtausch mit Reportern in New York. «Sie hatten eine Gruppe auf einer Seite, die schlecht war, und sie hatten eine Gruppe auf der anderen Seite, die auch sehr gewalttätig war.» Es habe auf beiden Seiten auch «sehr gute Menschen» gegeben. «Nicht alle diese Menschen waren Neonazis, glauben Sie mir.» Trump bezog sich darauf, dass die rechte Demonstration gegen die geplante Entfernung einer Statue von Südstaaten-General Robert E. Lee gerichtet war – aus seiner Sicht ein legitimer Protest. Ein Slogan der Demonstranten lautete: «Ihr werdet uns nicht ersetzen». Dahinter steckte nicht nur Wut über die geplante Entfernung der Statue Lees, der im Bürgerkrieg für eine Regierung kämpfte, die die Sklaverei beibehalten wollte – sondern auch die Angst, ins Hintertreffen zu geraten. Der Anteil der bisherigen Minderheiten an der US-Bevölkerung steigt, der der Weißen – aus denen Trump die meisten seiner Wähler rekrutiert – schrumpft. Ein populärer Leitspruch amerikanischer Rassisten lautet: «Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für weiße Kinder sichern.»Rechtsextreme, die sich schon mit Trumps Wahlsieg 2016 im Aufwind sahen, fühlten sich von seinen Aussagen zu den Zusammenstößen in Charlottesville ermutigt. «Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkeit und Ihren Mut, die Wahrheit über Charlottesville zu sagen und die linken Terroristen (…) zu verurteilen», schrieb etwa David Duke auf Twitter. Duke war einst führendes Mitglied des rassistischen Ku Klux Klan und ist weiter aktiv in der rechtsextremen Szene. Am Rande der Proteste in Charlottesville hatte Duke Medienberichten zufolge gesagt, die Demonstranten würden «ein Versprechen von Donald Trump» erfüllen und «unser Land zurücknehmen». Duke soll bei der Demonstration an diesem Sonntag auf der Rednerliste stehen, ebenso wie der bekannte Neonazi Patrick Little. Nazi-Fahnen soll es diesmal nicht geben, die Organisatoren haben dazu aufgerufen, nur Flaggen der USA und der Südstaaten mitzubringen. Besucher sollen zudem «Pfefferspray, Knüppel, Messer oder andere Waffen» zu Hause lassen. Gegendemonstranten rufen zur «Massenmobilisierung» auf. Der Journalist A.C. Thompson hat für eine Dokumentation des TV-Senders PBS ein Jahr nach Charlottesville auch mit Rechtsextremisten gesprochen. Thompson sagt dem Radiosender NPR, er habe dabei den Eindruck gewonnen, dass seine Gesprächspartner «von den Kommentaren des Präsidenten inspiriert waren, dass sie das Gefühl hatten, als habe er ihnen zugenickt, ihnen auf den Rücken geklopft». In der PBS-Dokumentation sagt der Rechtsextremist Matthew Heimbach über Trump: «Er hat eine Tür geöffnet.»Die Bürgerrechtsorganisation Southern Poverty Law Center kritisierte zum Jahrestag der Gewalt von Charlottesville: «Das ist Donald Trumps Amerika. Das sind die Kräfte, die er entfesselt hat». Kritiker sahen sich spätestens mit Trumps verharmlosenden Aussagen in ihrem Verdacht bestätigt, dass er heimlich mit dem ganz rechen Spektrum sympathisiert. Die «Washington Post» kommentierte kürzlich, dass der Präsident «entweder auf Rassisten abzielt oder selber rassistische Ansichten hat», und zählte eine ganze Reihe möglicher Indizien auf. So schürt Trump etwa eine Kampagne gegen Footballstars, die beim Abspielen der Hymne knien, um gegen Polizeigewalt gegen Schwarze zu protestieren. Der Oppositionsabgeordneten Maxine Waters attestierte er einen «niedrigen IQ», die Intelligenz des Basketballstars LeBron James stellte er in Frage, den CNN-Moderator Don Lemon nannte er «den dümmsten Mann im Fernsehen» – alle drei sind Afroamerikaner. Lemon schoss in seiner Sendung zurück und kritisierte, Menschen «fühlen sich bestärkt darin, öffentlich rassistisch zu sein, weil der Präsident es ist». Eine der ältesten Unwahrheiten «aus Amerikas rassistischer Vergangenheit und Gegenwart ist: dass schwarze Menschen von niederer Intelligenz sind». Für internationale Empörung sorgten im Januar angebliche Äußerungen Trumps, der bei einem Treffen mit Senatoren gefragt haben soll, warum die USA so viele Menschen aus «Drecksloch-Staaten» aufnehmen müssten. Trump selber dementierte, dass er von «Shithole Countries» gesprochen habe. Er sah sich dennoch ein weiteres Mal genötigt, den Vorwurf des Rassismus zurückzuweisen. «Ich bin kein Rassist», sagte er vor Medien in Florida auf eine entsprechende Frage. «Ich bin die am wenigsten rassistische Person, die sie jemals interviewt haben, das kann ich Ihnen sagen.» Wie aus einer im vergangenen Monate veröffentlichten Umfrage der Universität Quinnipiac hervorgeht, glaubt in diesem Punkt fast die Hälfte der Amerikaner dem Präsidenten nicht. 49 Prozent der Befragten sagten, Trump sei rassistisch – nur 47 Prozent meinten, er sei das nicht.



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