Banken klagen über EZB-Kurs – Sparer als Hauptverlierer?

Mit Freibeträgen beim Strafzins will die EZB Banken entlasten. Doch das Zinstief bleibt eine der größten Herausforderungen für die Branche. Aufseher zeigen sich alarmiert.
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Hans-Walter Peters ist Präsident des Bundesverbands deutscher Banken.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Epoch Times13. September 2019

Die Zementierung des Zinstiefs durch die Europäische Zentralbank (EZB) könnte für Sparer teuer werden. „Der ökonomische Druck auf die Banken wird auf jeden Fall immer größer“, sagte der Bankenverbands-Präsident Hans-Walter Peters dem „Handelsblatt“ (Freitag).

Auf die Frage, ob er als Reaktion auf die EZB-Entscheidung vom Donnerstag flächendeckend mit negativen Zinsen auch für Einlagen von Sparern rechne, antwortete Peters: „Das muss jede Bank für sich entscheiden. Aber ich kann das nicht ausschließen.“

Bundesbank-Vorstand „alarmiert“

Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling zeigte sich „alarmiert“ über die Zinsentwicklung im Euroraum. „Die Banken müssen handeln, wenn sie keine Verluste einfahren und überleben wollen“, schrieb der Bankenaufseher in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenmagazin „Focus“ (Samstag). Nach Wuermelings Einschätzung könnten Geldhäuser die Minuszinsen der EZB „bald an noch mehr Kunden weitergeben“.

Geschäftsbanken müssen künftig 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken. Zudem steckt die EZB auf unbestimmte Zeit frische Milliarden in Staatsanleihen und will die Zinsen solange auf Rekordtief halten, bis die Inflation sich nachhaltig der Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent angenähert hat.

Mit dem Strafzins will die EZB erreichen, dass Banken das viele billige Geld, das die Notenbank ihnen zur Verfügung stellt, an Unternehmen und Verbraucher weiterreichen, damit es in Investitionen und Konsum fließt. Das soll die Konjunktur anschieben und den Preisauftrieb verstärken.

Schon der bisherige negative Einlagensatz von 0,4 Prozent war eine Milliardenbelastung für die Finanzbranche. Betrachtet man die Verschärfung des Negativzinses isoliert, lässt das die Belastung für Banken in Deutschland nach BdB-Berechnungen von knapp 2,4 Milliarden Euro auf voraussichtlich knapp 3 Milliarden Euro jährlich steigen.

 BdB-Präsident: „Girokonten kosten Geld, wie jede andere Dienstleistung auch“

Etwas Entlastung verschafft die EZB den Instituten über Freibeträge: Ab dem 30. Oktober soll das Sechsfache der sogenannten Mindestreserve vom Negativzins verschont bleiben. Auf einer fixen Basis gerechnet würde das Experten zufolge Banken im Euroraum um 2,2 Milliarden Euro im Jahr entlasten, für die Institute in Deutschland würde sich der Strafzins um etwa 500 Millionen Euro jährlich verringern.

Auch wenn der jetzt eingeführte Staffelzins eine gewisse Erleichterung bringt, werden die europäischen Banken weiterhin jedes Jahr Milliarden an die EZB als eine Art Strafsteuer zahlen müssen“, hatte BdB-Präsident Peters unmittelbar nach der EZB-Entscheidung vom Donnerstag erklärt.

Möglicherweise holen Banken die Kosten für den Negativzins darüber wieder herein, dass sie die Gebühren für ihre Dienstleistungen erhöhen. „Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei: Girokonten kosten Geld, wie jede andere Dienstleistung auch“, argumentierte Bundesbank-Vorstand Wuermeling. „Stabile Banken gibt es nicht zum Nulltarif.“

Ifo-Präsident sieht die Sparer als „Hauptverlierer“

Seiner Meinung nach haben Deutschlands Banken aber auch „ein Effizienzproblem“: „Zu viele Filialen, zeitaufwendige Prozesse, üppige Belegschaften und veraltete IT verbrauchen die Budgets. Allein mit höheren Gebühren ist es also nicht getan“, mahnte Wuermeling.

Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht die Sparer als „Hauptverlierer“ der Zinspolitik. Es werde deutlich, „dass die Geldpolitik an Grenzen stößt und Wachstumsimpulse aus anderen Politikbereichen … kommen müssen“, sagte Fuest der „Bild“-Zeitung (Freitag).

EZB-Präsident Mario Draghi hatte am Donnerstag betont: „Es ist höchste Zeit, dass die Fiskalpolitik Verantwortung übernimmt.“ Vor allem Staaten ohne Haushaltsnöte wie Deutschland sieht die EZB bei der Stärkung der lahmenden Konjunktur in der Pflicht.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), dem Kritiker ein zu starres Festhalten an der „schwarzen Null“ – also einem Haushalt ohne Neuverschuldung – vorwerfen, verwies am Freitag in Helsinki auf die Unabhängigkeit der EZB: Man müsse eine „gewisse Zurückhaltung an den Tagen legen, was die Kommentierung der einzelnen Entscheidungen betrifft“, sagte Scholz beim Treffen der Euro-Finanzminister. (dpa)



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