Finanzpolitik
Bundesbankpräsident betont: Migration ist entscheidend für Europas Wirtschaft
Bundesbankpräsident Joachim Nagel warnte in New York vor politischer Einflussnahme auf Notenbanken und Statistikbehörden, die das Vertrauen in die Geldpolitik gefährde, und unterstrich die Bedeutung von Migration für Europas Wirtschaft.

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnt vor politischem Druck auf Notenbanken.
Foto: Kay Nietfeld/dpa
In Kürze:
- Bundesbankchef Nagel fordert Respekt vor der Unabhängigkeit von Notenbanken und Statistikämtern.
- Er kritisiert politische Eingriffe in den USA – auch durch Präsident Trump.
- Nagel lobt den stabilisierenden Kurs der EZB, warnt aber vor überzogener Kritik.
- Zuwanderung sei für Europas wirtschaftliche Zukunft unverzichtbar, betont der Bundesbankpräsident.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel, der gleichzeitig auch im Verwaltungsrat der Europäischen Zentralbank (EZB) sitzt, hat vor politischer Einflussnahme auf Notenbanken und Statistikämter gewarnt. Am Montag, 20. Oktober, sprach Nagel in New York auf Einladung des US-Thinktanks Foreign Policy Association (FPA). Dieser hatte ihm zuvor eine Auszeichnung verliehen.
Vertrauen in die Geldpolitik sei die Grundlage der Stabilität einer Volkswirtschaft, äußerte Nagel. Um diese zu erhalten, müssten Notenbanken die Interessen der Bürger und den langfristigen Nutzen der Wirtschaft im Auge behalten. Wiederholte destruktive Kritik, die über die üblichen und hilfreichen öffentlichen Diskussionen hinausgehe, stelle die Integrität der Zentralbanken infrage. Gleiches gelte für Statistikbehörden.
Kritik von Nagel an Trumps Vorgehen gegen Fed und Statistikbehörde
Nagel spielte damit auf den zunehmenden Druck an, dem sich die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und die Statistikbehörde ausgesetzt sehen. US-Präsident Donald Trump hatte mehrfach den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell für dessen aus seiner Sicht zu zögerliche Zinspolitik kritisiert. Die Fed hat zuletzt zwar den Leitzins nach mehr als einem halben Jahr um 0,25 Basispunkte gesenkt, jedoch bleibt er mit einer Zinsspanne von 4 bis 4,25 Prozent verhältnismäßig hoch – und eine weitere Senkung erscheint vor Jahresende als wenig wahrscheinlich.
Die Regierung in Washington hatte auch versucht, die Fed-Gouverneurin Lisa Cook aus ihrem Amt zu entfernen. Grundlage dafür war, dass das Vorstandsmitglied in den Verdacht geraten war, im Zusammenhang mit einem Hypothekarkredit unzutreffende Angaben gemacht zu haben. Der Supreme Court hat dieses Vorhaben vorerst gestoppt. Im Januar soll es eine Anhörung in der Sache geben.
Zudem nahm Nagel daran Anstoß, dass Trump vor einigen Wochen auch die Vorsitzende des Bureau of Labor Statistics, Erika McEntarfer, entlassen hatte. Der Präsident warf der von seinem Vorgänger Joe Biden ernannten Beamtin vor, Daten manipuliert zu haben. Die Beschäftigungszahlen im Sommer waren enttäuschend und wichen erheblich von früheren Vergleichswerten ab.
EZB sieht Zielwert bei Inflation als erreichbar
Bundesbankchef Nagel äußerte in diesem Kontext, Entscheidungen dieser Art sollten nicht auf der Grundlage „politischer Bequemlichkeit“ getroffen werden. Nur eine sorgfältige wirtschaftliche Analyse und eine unabhängige Arbeit von Institutionen wie Statistikbüros oder Notenbanken gewährleisteten öffentliches Vertrauen.
Nagel wies auf Beispiele hin, in denen zu großer politischer Druck auf die Notenbank schwerwiegende Folgen hatte. In den USA hätte diese Praxis zu einer hohen Inflation in den Jahren zwischen 1965 und 1982 geführt. Auch die extreme Inflation in der Türkei 2022 führte er auf das nachdrückliche Drängen von Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach Zinssenkungen zurück.
Mit der Zinspolitik der EZB zeigte sich Nagel zufrieden. Trotz des schwierigen geopolitischen Umfelds mit Handelskonflikten und Kriegen nähere sich die Inflation wieder dem Zielwert von 2 Prozent. Eine weitere Anpassung sei nur dann gerechtfertigt, wenn neue Daten auf eine Veränderung der wirtschaftlichen Aussichten hindeuteten.
Nagel kritisiert „Stadtbild“-Debatte in Deutschland
Der Bundesbankchef äußerte, er habe kaum Zweifel, dass es der EZB gelingen werde, das Ziel zu erreichen. Seit Juni 2024 hatte diese den Leitzins achtmal gesenkt. Mit weiteren Schritten rechnet Nagel in nächster Zeit nicht mehr. Demgegenüber wollte sein französischer Vorstandskollege François Villeroy de Galhau weitere Senkungen nicht ausschließen. Er hält die Risiken bezüglich des Wachstums noch für zu groß.
Kritik übte Nagel an der Debatte, die durch jüngste Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz in deutschen Städten entstanden war. In einem Vortrag vor der New York University Stern School of Business unterstrich der Bundesbankchef die Notwendigkeit von Offenheit gegenüber Einwanderung. Er äußerte: „Wir sind in den meisten Ländern eine alternde Gesellschaft, und Deutschland ist eines dieser Länder. Wir brauchen Einwanderung in Europa, weil wir sonst viel wirtschaftliche Macht verlieren.“
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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