„COVID-Klarheit“: 43 Millionen US-Amerikaner kündigten 2021 ihre Jobs

Arbeitgeber in den USA und anderen Staaten sind nicht erfreut über einen neuen Trend, die „Covid-Klarheit“ wie sie Experten nennen. Ihre Angestellten wandern scharenweise ab, sie kündigen. 
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„Die Pandemie hat uns alle zum Nachdenken gebracht. ‚Was will ich tun? Was bringt mein Herz zum Singen?“ Karin Kimbrough.Foto: iStock
Von 22. Januar 2022
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Im vergangenen Jahr haben Millionen Angestellte in der USA ihre Arbeitsplätze nicht verloren – sondern verlassen. Die Zahlenangaben reichen von 20 Millionen im offiziellen Arbeitsmarktbericht für das 2. Halbjahr 2021 bis über 43 Millionen, wie die „Washington Post“ am 9. Januar 2022 berichtet. Allein im November 2021 waren es 4,5 Millionen, im September 4,4 Millionen.

Am stärksten sind Restaurants und Hotels betroffen, gleich darauf folgen Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger und Helfer im Gesundheitsbereich. Unerwartet und auffällig ist ein Anstieg der Kündigungen im produzierenden Gewerbe und Fabriken. In der Produktion erhöhten sich die Kündigungsraten um 58 Prozent im Vergleich zu den Zeiten vor der Pandemie, schreibt die „Washington Post“. 

Zahlreiche Fabrikarbeiter berichten, dass die Personalsituation im Moment so schlecht ist, dass sie im Grunde genommen gezwungen seien, sechs Tage die Woche zu arbeiten. „Eine Branche, die heimlich nach Möglichkeiten gesucht hat, die Arbeitskosten zu senken, steht jetzt vor ihrer Abrechnung“, bilanziert „Washington Post“. 

Die Menschen möchten höhere Löhne, mehr noch, sie wollen Respekt, so die Zeitung. Zwischen den Jahren 1976 und 2006 lag das Gehalt einfacher Fabrikarbeiter deutlich über dem branchenweiten Durchschnitt. Nun liegt es darunter, die Bedingungen sind hart, Zeitarbeit nimmt zu – ebenso wie die Kündigungen. 

Abneigung gegen die Impfpflicht und andere Maßnahmen, die von der Regierung gegen Covid angeordnet wurden, hat ebenfalls zu vielen Kündigungen geführt und Menschen von ihren Arbeitsstellen vertrieben. Das US-Arbeitsbüro JOLTS meldete im November insgesamt 10,4 Millionen offene Stellen.

„The Great Resignation“

„The Great Resignation“ – die „große Resignation“ oder auch die „große Kündigung“ – ist ein heißes Thema in den USA. Der Begriff „The Great Resignation“ wurde Ende Mai 2021 von Dr. Anthony Klotz geprägt. Der Professor für Management an der Texas A&M Mays School of Business erklärt: „Im Allgemeinen bleiben viele Arbeitnehmer nur an ihrem Arbeitsplatz, weil die Kosten für ihre Kündigung höher sind als die Kosten für ihr Bleiben. Und dieses Verhältnis hat sich für viele Arbeitnehmer im vergangenen Jahr verschoben.“

Die Pandemie habe viele Menschen gezwungen, neu zu bewerten, was für sie im Leben wichtig ist. Als Ergebnis dieser Überlegungen nehmen viele Menschen große Veränderungen in ihrem Leben vor. Dr. Klotz schreibt bei „nbcnews“: „Die Pandemie hat viele erkennen lassen, dass ihr Job nicht genug (oder überhaupt) zu ihrem Streben nach Glück und Sinn beiträgt, und sie haben beschlossen, ihre Energie anderswo zu investieren – in neue Jobs, neue Karrieren oder in andere Aspekte ihres Lebens (z. B. Familie, Reisen, kreative Bemühungen).“ Nicht jede Kündigung sei schlecht, es gebe auch neue Interessenten. Doch meist seien die Mitarbeiter, die in Zeiten des Wandels aufhören und kündigen, wahrscheinlich die leistungsstärksten.

Geschäftsführer müssten nun lernen, dass eine neue Normalität erforderlich sein könnte, um ihre Mitarbeiter zu behalten oder zurückzugewinnen. Zu dem zurückzukehren, wie es einmal vor Corona war, wäre verlockend, aber ein „klassisches Beispiel für faules Management“. Sie sollten gemeinsame Lösungen finden, wie ihre Jobs neu gestaltet werden könnten, einander zuhören und eine neue Basis aufbauen.

Das Hobby zum Beruf machen

Auch im Vereinigten Königreich erwägen drei von fünf Arbeitnehmern einen Karrierewechsel. Jeder fünfte britische Erwachsene hofft, mit seinem Hobby eine neue Einkommensquelle zu finden. Das entspricht 10,8 Millionen Briten (bei rund 53,8 Millionen Erwachsenen). Die Daten, die aus dem „How We Live“-Bericht 2021 stammen, zeigen auch, dass 87 Prozent der jungen Erwachsenen unter 25 Jahren ihre Karriere neu planen.

Fast 700.000 Arbeitnehmer planen demnach, in einen Job zu wechseln, der anderen hilft, weitere 700.000 wollen in eine völlig neue Arbeit wechseln. Die Daten wurden von „Censuswide Research“ im Auftrag des Versicherungsunternehmens Aviva erhoben.

Karin Kimbrough ist Chefvolkswirtin von LinkedIn, einer international viel genutzten Online-Jobbörse. In einem Gespräch mit der beliebten Fernsehserie „60-Minuten“ konstatiert sie: „Die Menschen leben schon seit Langem, um zu arbeiten. Und ich glaube, die Pandemie hat uns alle zum Nachdenken gebracht. ‚Was will ich tun? Was bringt mein Herz zum Singen?’ Und die Leute denken: ‚Wenn nicht jetzt, wann dann?’“

Das Video kann bei YouTube unter dem Titel „Why are Americans choosing to quit their jobs in record numbers?“ gefunden werden und hat bereits nach sieben Tagen die Schwelle von zwei Millionen Aufrufen überschritten.

Einige US-Ökonomen sehen den Grund für die massiven Kündigungszahlen auch in den Geldern der Corona-Hilfen, die zumindest in den USA einfach so verteilt wurden und nun ein Polster für die Menschen bilden würden, schreibt die „Welt“. Ab Mitte 2020 erhielten Amerikaner drei staatliche Schecks, bei Familien mit geringen Einkünften seien durchaus 5.000 bis 10.000 Dollar zusammengekommen. Zeitweise zahlte die Regierung 600 Dollar pro Woche zusätzlich zu den normalen Hilfen.

Abstimmung mit den Füßen

Trotz der Unsicherheiten geben auch in vielen anderen Ländern Menschen ihren Beruf auf und suchen sich etwas Neues. Experten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nennen dieses Phänomen, das weltweit beobachtet wird, „Covid-Klarheit“.

Nicht nur in der Gastronomie, dem Einzelhandel und Pflegeberufen wird es immer schwieriger, genug Arbeitnehmer zu finden, erklärt Guy Ryder, Generaldirektor der ILO in Genf. Die Menschen seien sich durch die Covid-Zeit klar geworden, dass ihr Job nicht ihre Erwartungen erfülle oder sie nicht die gewünschte Anerkennung bekämen.

„Die globalen Arbeitsmärkte erholen sich deutlich langsamer als erwartet“, fügte Ryder hinzu. Im Jahr 2019 waren rund 189 Millionen Menschen arbeitslos, in diesem Jahr wird mit rund 207 Millionen Menschen gerechnet – zuzüglich einer hohen Dunkelziffer.

„Vorbei sind die Zeiten von ‚TAKE IT OR LEAVE IT‘ Nun, WIR entscheiden uns für ‚LEAVE IT‘“, kommentiert Seon Austin die Sendung von „60-Minuten“. Gen Arg schreibt: „Diese Pandemie hat mich gelehrt, dass Zeit mein wertvollstes Gut ist und dass sie honoriert und geschätzt werden muss.“

Die Botschaft scheint Alisyn Wonderland klar: „Wir alle bewegen uns definitiv kollektiv und hoffentlich in eine neue Realität, in der wir unser Leben so leben, wie es für uns bestimmt ist. Eines mit Freiheit, Integrität und Respekt für alle anderen. Gott segne diese Pandemie.“

Eine Folge wurde bereits aus dem Großraum Chicago bekannt. Um ihren dringenden Bedarf an neuen Mitarbeitern decken zu können, haben viele Arbeitgeber begonnen, ihre Löhne zu erhöhen.



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