Deutsche Wirtschaft bricht 2020 stärker ein als erwartet

Die deutsche Wirtschaft bricht in diesem Jahr stärker ein als noch im Frühjahr erwartet. In ihrem Herbstgutachten senkten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognose für das BIP auf minus 5,4 Prozent.
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Die Hafenanlage "Westhafen" in Berlin.Foto: Epoch Times
Epoch Times14. Oktober 2020

Aus Sicht führender Forschungsinstitute bricht die deutsche Wirtschaft dieses Jahr deutlich stärker ein als noch im Frühjahr erwartet. In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Herbstgutachten senkten die Ökonomen ihre Prognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mehr als einen Prozentpunkt auf minus 5,4 Prozent. In Politik und Wirtschaft sorgte das für gemischte Reaktionen.

Im April waren Deutschlands führende Wirtschaftsforschungsinstitute noch von einem BIP-Rückgang um 4,2 Prozent in diesem sowie einem Plus von 5,8 Prozent im kommenden Jahr ausgegangen. Nun erwarten sie für 2021 noch einen Zuwachs von 4,7 Prozent, für 2022 dann ein Wachstum um 2,7 Prozent.

Investitionen werden zurückgehalten – Schleppende Entwicklung im Tourismus- oder Veranstaltungsgewerbe

Als Gründe dafür, dass der Erholungsprozess an Fahrt verliert, sehen die Forscher zurückgehaltene Investitionen sowie die schleppende Entwicklung in Branchen mit vielen Sozialkontakten wie Tourismus- oder Veranstaltungsgewerbe. Diese können sich nach Angaben des Konjunkturchefs des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, Stefan Kooths, frühestens in einem halben Jahr erholen, wenn die Infektionsschutzmaßnahmen voraussichtlich lockerer werden.

„Der Abschwung in diesem Jahr ist weniger dramatisch als ursprünglich befürchtet“, betonte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Die Regierung war im Frühjahr sogar von einem Wirtschaftseinbruch um 6,3 Prozent ausgegangen. Entsprechend sprach auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) von „guten Aussichten“ im Herbstgutachten. „Der Aufschwung kommt, weil wir schnell und mit Wumms auf den drastischen Wirtschaftseinbruch reagiert haben.“ Scholz warnte zugleich, der Aufschwung könne „ganz schnell futsch“ sein; daher müssten alle ihren Beitrag leisten, um das Infektionsgeschehen im Griff zu behalten.

Dürr: „Wumms ohne Wirkung hilft nicht“

„Wumms ohne Wirkung hilft nicht“, entgegnete der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. Insbesondere die für den Bund teure Mehrwertsteuersenkung im Sommer sei „verpufft“. Auch die Wirtschaftsforscher kritisierten am Donnerstag, die breite und unspezifische Steuersenkung kurble die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht an und die historisch hohe Sparquote der Haushalte zeige sich davon unbeeindruckt.

„Die Überbrückungshilfen müssen jetzt so angepasst werden, dass die besonders betroffenen Unternehmen und Soloselbstständige sie endlich nutzen können“, erklärten die Grünen-Politikerinnen Anja Hajduk und Katharina Dröge. Sie forderten „ein Existenzgeld zur Deckung der Lebenshaltungskosten“.

Aus Sicht des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) „sollten weitere Corona-Hilfsmaßnahmen sowie Anpassungen im Steuerrecht vor allem auf die Stärkung der Eigenkapitalbasis abzielen“. ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke warnte besonders vor den Folgen eines zweiten Lockdowns, die „absehbar noch größer und weitreichender“ als im Frühjahr wären. „Viele Unternehmen haben ihre Kapitalreserven im Zuge der ersten Welle aufgebraucht und würden einen zweiten Einschnitt in dieser Größenordnung nicht überstehen“, erklärte Schwannecke.

Ökonomen: Keinen Sorgen vor erneutem Lockdown

Die Sorge vor einem erneuten Lockdown teilten die Ökonomen am Mittwoch zwar nicht. Doch das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung wird ihrem Gutachten zufolge erst Ende 2021 erreicht. Dann seien die Pandemiefolgen indes „bei weitem noch nicht ausgestanden“ und das BIP liege mehr als zwei Prozent unter dem Niveau, das ohne die Krise zu erwarten gewesen wäre, erklärte Kooths. Erst Ende 2022 dürfte die Wirtschaft laut den Forschungsinstituten wieder normal ausgelastet sein.

Am Herbstgutachten beteiligt sind neben den Leibniz-Instituten für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) und Essen (RWI) das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Münchner Ifo-Institut und das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Die fünf Institute legen im Auftrag des Wirtschaftsministeriums zwei Mal im Jahr ihre sogenannte Gemeinschaftsdiagnose vor. (afp)



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