Experten einig: US-Anleihenmarkt signalisiert keine Rezession

Trotz einer guten wirtschaftlichen US-Lage erwarten die Märkte eine aggressivere Haltung der Fed, wenn Zweifel und Schwäche im internationalen Handel anhalten.
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Händler nach Handelsbeginn an der New Yorker Börse am 15. August 2019 an der Wall Street in New York City.Foto: Johannes EISELE / AFP / Getty Images
Epoch Times18. August 2019

WASHINGTON – Am 14. August verloren US-Aktien stark an Wert. Grund war eine sich abzeichnende mögliche Rezession. Erstmalig seit 12 Jahren kam es zu einer inversen Renditekurve. Experten zufolge ist dies im heutigen Marktumfeld jedoch kein verlässlicher Indikator mehr für eine Rezession.

Zum ersten Mal seit 2007 fiel die Renditekurve der 10-jährigen US-Staatsanleihen unter die der 2-jährigen Staatsanleihen. Dies löste bei Anlegern starke Besorgnis aus. Anleger sehen in der Zinsinversion ein verlässliches Anzeichen für eine sich anbahnende Rezession. In den letzten 50 Jahren ging jeder Rezession eine solche Inversion voraus.

Normalerweise – also in einem gesunden Marktumfeld – steigt die Renditekurve, je länger man Geld verleiht. Wenn sich die Anleger um die wirtschaftliche Situation sorgen, sinkt oder flacht die Renditekurve ab. Mit steigendem Marktrisiko wechseln die Anleger zu sicheren Anlagevarianten wie Staatsanleihen, Gold und Bargeld. Steigende Nachfrage nach Anleihen führt zu steigenden Preisen und sinkenden Renditen.

Der aktuelle Kurvenverlauf ist laut Goldman Sachs nicht der Beginn eines Trends. Vielmehr wird die Renditeinversion durch Unsicherheiten über die weiteren Handlungen der Fed verursacht. „Die jüngste Abflachung der Renditekurve wurde durch die Annahme einer künftigen stärkeren stufenweisen Zinssenkung, als es sich derzeit auf dem Markt abzeichnet, verursacht“ – heißt es in einem Bericht von Goldman Sachs.

„Wir gehen allerdings davon aus, dass die US-Renditekurven in zwei Jahren wieder steigen werden“, so Goldman Sachs weiter. „Eine weitere Abflachung ist nur zu erwarten, wenn sich zwar die US-Wirtschaftsdaten verbessern, aber die Daten in anderen großen Volkswirtschaften weiter verschlechtern.“

„Ein weniger gutes Signal“

Die ehemalige Präsidentin der Fed, Janet Yellen, glaubt, dass sich in den USA keine Rezession abzeichnet. „Ich denke, die US-Wirtschaft hat genug Kraft, um das zu vermeiden“, sagte Yellen am 14. August gegenüber Fox Business. „Aber die Chancen sind deutlich gestiegen und, ehrlich gesagt, sind sie höher als ich es mir vorstelle.“

Ferner ist sie der Meinung, dass die Renditekurve keinen so aussagekräftigen Indikator wie früher darstellt.

„In der Vergangenheit war eine Renditeninversion ein ziemlich gutes Signal für eine Rezession, und ich denke, deshalb achten die Märkte darauf. Aber ich möchte dringend darauf hinweisen, dass es diesmal ein weniger gutes Signal sein könnte“, fügte Yellen hinzu. Die Erwartungen des Marktes hinsichtlich der künftigen Zinssätze drücken die langfristigen Renditen nach unten. Hinzu komme, dass – in Bezug auf die künftigen Zinssätze – andere Faktoren als die Markterwartungen die langfristigen Renditen sinken lassen.

Am 14. August breitete sich an der US-Börse die Besorgnis einer Rezession aus. Der Dow Jones Industrial Average verlor 800 Punkte (3 Prozent) und verzeichnete den schlechtesten Tag Jahres.

Angst vor Deflation

Eine Umkehrung der Renditekurve sei „ein Zeichen von erheblicher Angst vor Deflation“ – so Stephen Moore, leitender Ökonom bei Heritage Foundation.

Um die Deflation zu bekämpfen, müsse die Fed die Zinsen „sofort“ senken und der Weltwirtschaft mehr Liquidität in Dollar zuführen, sagte Moore in einem Interview mit NTD, einer Tochtergesellschaft von The Epoch Times.

Laut Moore deute der starke Rückgang der Rohstoffpreise in den letzten Wochen auf eine steigende weltweite Dollar-Knappheit hin. „Die ganze Welt ist im Moment nervös“, sagte er und wies darauf hin, dass die Eskalation des Handelskrieges zwischen den USA und China die Märkte stört.

Angesichts dieser Nervosität an den Finanzmärkten kommt es zu vermehrten US-Dollar-Käufen – eine Flucht in den sicheren Hafen. Deshalb sinken die Zinsen. Und deswegen kehrt sich die Renditekurve um. Das ist keine gesunde Situation “, erklärte er.

Differenz zwischen dem 10-Jahres-Zinssatz und dem 2-Jahres-Zinssatz („10-2 Treasury Yield Spread“). Der Spread wird häufig als Maß für die Renditekurve verwendet. (Quelle: Federal Reserve Bank von St. Louis)

Verschlechterung des globalen Wachstums

In Großbritannien kommt es erstmals seit 2008 zu einer inversen Renditekurve – ein weiteres Besorgnis erregendes Zeichen für Zentralbanken und Investoren auf der ganzen Welt.

Laut Experten werden eine international schwächer werdende Wirtschaft und Sorgen über den Handel die internationalen Märkte weiterhin belasten.

„Die gesamtwirtschaftliche Betrachtung gibt wenig Anlass, dass die Renditen untere Werte erreichen“, schrieb Citigroup den Kunden. „Die Märkte spekulieren über eine Verschlechterung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds und wiederum aggressivere Reaktionen der Fed“, so Citigroup weiter.

Die deutsche Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal um 0,1 Prozent. Das Wirtschaftsklima für August verschlechterte sich ebenfalls erheblich und erreichte den niedrigsten Stand seit 2011. Am 13. August hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bestätigt, dass sich Deutschland in einer „schwierigen Phase“ befinde.

Der Handelsstreit zwischen den USA und China, das Risiko eines Währungskrieges und eine fehlende Brexit-Einigung setzten die deutschen Hersteller laut Experten unter Druck. In den neuesten Berichten kamen Befürchtungen auf, dass sich die größte Volkswirtschaft Europas einer Rezession nähert.

Unterdessen verschlechterte sich Chinas Wirtschaft aufgrund des Handelskrieges und der wachsenden Schulden. Das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal war so niedrig wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. Die Arbeitslosenquote erreichte im Juli ein Rekordhoch.

Chinas offizielles Wachstum des Bruttoinlandsprodukts verlangsamte sich 2018 bereits auf 6,6 Prozent. In diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukts laut dem Internationalen Währungsfonds auf 6,2 Prozent sinken.

Jay Powell hat „keine Ahnung“

Die Anleger rechnen mit einer aggressiveren Haltung der Fed zu Zinssenkungen, wenn die internationale Wirtschaftsschwäche anhält. Trotz des stabilen Verbrauchervertrauens und des akzeptablen Wirtschaftswachstums in den USA, sind sich Anleger nunmehr sicher, dass die Fed bei dem nächsten Treffen im September die Zinsen um 50 Basispunkte senken wird.

Trump hat die Fed und ihren Präsidenten lange offen dafür kritisiert, dass sie die Zinssätze „zu stark“ und „zu schnell“ erhöhen und damit die US-Wirtschaft verlangsamen. Nach der Marktreaktion auf die Renditekurve am 14. August bezeichnete Trump Powell als „ahnungslos“. In zwei Tweets sagte Trump: „China ist nicht unser Problem. … Unser Problem liegt bei der Fed.“ Die Zentralbank sei „jetzt zu langsam, um die Zinsen zu senken“.

„Der Spread ist zu hoch – so werden andere Länder dem nichtswissenden Powell und der Federal Reserve DANKE sagen. Deutschland und viele andere spielen das Spiel! “, fuhr er fort und schlug vor, dass die Zentralbanken auf der ganzen Welt einfache Maßnahmen zur Wiederbelebung ihrer Volkswirtschaften treffen sollten.

„VERRÜCKTE UMGEKEHRTE RENDITEKURVE!“, schrieb Trump. „Wir könnten eigentlich leicht große Belohnungen und Gewinne einfahren, aber die Fed hindert uns daran. Wir werden gewinnen!“

Das Original erschien in The Epoch Times USA (deutsche Bearbeitung von bm)
Originalartikel: Bound Market Not Signaling Recession, Experts Say



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