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Inflation abgeebbt

EZB senkt Leitzins erneut: Hoffnung auf Konjunkturimpulse wächst

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins erneut gesenkt – zum achten Mal binnen eines Jahres. Die Entscheidung fällt in wirtschaftlich wie geopolitisch heiklen Zeiten und signalisiert einen Strategiewechsel mit weitreichenden Folgen für Bürger, Unternehmen und Staaten.

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Die EZB senkt die Leitzinsen im Euroraum erneut

Foto: Boris Roessler/dpa

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Zum achten Mal seit Mitte des Vorjahres hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag, 5. Juni, den Leitzins gesenkt. Nach einer Senkung um 0,25 Basispunkte liegt dieser nun bei 2,0 Prozent – und damit auf dem Level, das auch das Inflationsziel in der Eurozone beschreibt. Die Inflationsrate lag im Mai 2025 sogar knapp unter dieser Vorgabe.

EZB will weiterhin „datenabhängigem Ansatz“ folgen

Dabei gilt die Beruhigung im Bereich der Inflation als einer der Schlüsselfaktoren hinter der Zinsentscheidung. Außerdem findet diese vor dem Hintergrund eines anhaltend sensiblen geopolitischen Umfelds und des Zollkonflikts mit den USA statt. Sinkende Energiepreise und ein Abklingen der Inflation im Dienstleistungsbereich gelten als Hauptfaktoren hinter der gesunkenen Teuerung.
Die EZB kündigte in einer Erklärung an, sie werde weiterhin einen „datenabhängigen Ansatz“ verfolgen. Das soll bedeuten, dass Wirtschaftsentwicklung und Inflationsdaten auch künftig die relevanten Bezugsgrößen für ihre Zinspolitik sein würden. Da die Inflation sinkt und sich dem Zielwert annähert, besteht aus Sicht der EZB kein akuter Bedarf mehr, der Teuerung durch hohe Zinsen entgegenzuwirken.

Zinssenkung allein könnte für Wachstumsschub nicht ausreichen

Zudem ist davon auszugehen, dass die Zinssenkung auch Impulse in Anbetracht einer anhaltenden Stagnation bewirken soll. Immerhin wird diese dazu beitragen, dass Kreditnehmer wieder auf günstigere Konditionen für die Finanzierung von Investitionen hoffen können. Auch der Konsum könnte Rückenwind erfahren.
Immerhin dürften die geringeren Kreditkosten auch Verbraucher dazu motivieren, zuvor hintangestellte Anschaffungen wieder in den Blick zu nehmen. Möglicherweise erhalten Haus- und Wohnungsbau auch wieder zusätzlichen Schwung. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die niedrigeren Zinsen für sich allein noch nicht zur Herbeiführung einer Trendwende ausreichen werden.
Die niedrigeren Zinsen würden allerdings auch die Finanzierungskosten für Staaten senken. Dies könnte auch in Deutschland die Motivation zur Verschuldung steigern – insbesondere, um die zahlreichen ambitionierten Projekte in Angriff zu nehmen, die der Koalitionsvertrag anspricht. Die dafür angestrebte Lockerung der Schuldenbremse konnten CDU/CSU und SPD noch mit dem aufgelösten Bundestag auf den Weg bringen.

Im Rat der Europäischen Zentralbank hatte es auch Bedenken gegeben

Eine schlechte Nachricht ist die Zinssenkung hingegen für Inhaber von Sparprodukten wie Tagesgeld oder Festgeld. Diese bereits zuvor schon nicht übermäßig renditeträchtigen Anlagen werden im Zweifel noch geringere Erträge abwerfen. Dies könnte immerhin den einen oder anderen Sparer dazu motivieren, stattdessen in Aktien, Fonds oder Immobilien zu investieren.
Während Vermögensbesitzer aufgrund der zu erwartenden höheren Nachfrage in diesen Klassen auf Zuwächse hoffen können, ist die Zinssenkung beispielsweise für Rentner ungünstig. Dies gilt insbesondere dann, wenn deren Altersvorsorge stark auf Zinserträgen aufgebaut ist.
Im Vorfeld der Zinsentscheidung musste die EZB einige Argumente verwerfen, die potenziell gegen eine weitere Zinssenkung gesprochen hätten. Dazu gehört etwa das Risiko, dass externe Schocks, etwa neue bewaffnete Konflikte oder die Eskalation des Zollstreits, die Preise wieder nach oben treiben.

Aktienmärkte reagieren auf Entscheidung der EZB nur kurz euphorisch

Ein weiterer möglicher Grund, die Zinsen nicht zu senken, wäre der Erhalt zusätzlichen geldpolitischen Spielraums gewesen. Diesen hätte die EZB in Anbetracht der Unsicherheit über die weitere Entwicklung im Zollstreit mit den USA möglicherweise gebrauchen können. Einige Ratsmitglieder hatten auch vor einem Risiko von Fehlanreizen am Finanzmarkt durch eine expansive Geldpolitik gewarnt. Sie argumentierten, dass der Leitzins bereits ein Niveau erreicht habe, das weder das Wachstum übermäßig abbremse noch die Inflation weiter anheize.
Der DAX sprang als Reaktion auf die Entscheidung kurzfristig auf 24.480 Punkte, anschließend gab er wieder etwas ab. Auch der Euro Stoxx 50 stieg am Nachmittag infolge der Zinsentscheidung auf 5.432,38 Punkte. In weiterer Folge bewegte er sich wieder auf dem Niveau der Mittagszeit.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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