Bankenrettung durch die Hintertür? EZB will weitere mehrjährige Kredite gewähren

Da die bislang gewährten mehrjährigen EZB-Kredite, von denen vor allem italienische und spanische Banken profitierten, demnächst auslaufen, denkt man an eine Neuauflage. Angesichts der lahmenden Konjunktur will man keine Überforderung der Geldinstitute riskieren.
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EZB-Gebäude in Frankfurt am Main.Foto: iStock
Von 19. Februar 2019

Steht Europas Banken ein ungeahnter Befreiungsschlag ins Haus? Während im Laufe der vorangegangenen Wochen unverhohlene Ängste hinsichtlich einer bevorstehenden Enteignung von Sparern und Bargeldbesitzern durch die EZB die Runde machten, konnten sich die Anteilseigner europäischer Geschäftsbanken in den letzten Tagen gar über ansehnliche Kursgewinne freuen.

Am Freitag legte der Branchenindex Euro Stoxx Banks um ganze 3,6 Prozent zu, am Montag ging die Erholung weiter, ehe am Dienstag die ersten Gewinnmitnahmen für eine leichte Korrektur sorgten. Nach einem Katastrophenjahr mit einem Minus von mehr als 30 Prozent stellt sich die Frage, inwieweit die jüngste Gegenbewegung ein Licht am Ende des Tunnels für die zuletzt so gebeutelte Branche markieren würde.

Stagnation trotz ausgeschöpften Zinsspielraums

Experten sind diesbezüglich vorsichtig. Weder die Fundamentaldaten noch die Wirtschaftsentwicklung geben demnach Anlass zu übersteigertem Optimismus. Vielmehr dürfte das kurzfristige Kurshoch der letzten Tage ursächlich mit einer Ankündigung zu tun haben, die zwar auf den ersten Blick für Europas Bankenwelt ein Anlass zur Freude ist, längerfristig jedoch deren angespannte Lage noch weiter verschlechtern könnte.

Wie der „Focus“ schreibt, soll ein neues indirektes Rettungspaket vonseiten der EZB auf den Weg gebracht werden, das zwar keine direkte Stütze notleidender Geldinstitute darstellen, aber zumindest auf dem Umweg einer Konjunkturhilfe deren Misere nicht noch weiter verschärfen soll. EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré hatte jüngst neue mehrjährige Kredite für die Banken ins Spiel gebracht, die vonseiten der Zentralbank bereits seit mehreren Jahren mittels Strafzinsen dazu angehalten worden waren, in hochverschuldeten Ländern wie Italien, Frankreich oder Spanien weiter Darlehen zu vergeben.

Auf die wirtschaftliche Gesundheit der Banken hatte sich dies nur bedingt positiv ausgewirkt – weshalb diese eigentlich insgeheim nach höheren Zinsen lechzten. Solche bleiben jedoch illusorisch, nachdem trotz einer historisch langen Niedrig- oder gar Nullzinsphase die Konjunktur in der Eurozone auf niedrigem Niveau vor sich hindümpelt. Zuletzt senkte die EU-Kommission ihre Wachstumserwartung für das Jahr 2019 zudem noch von 1,9 auf 1,3 Prozent. Auch notorische Wachstumslokomotiven wie Deutschland drohen angesichts nach unten gesenkter Prognosen auszufallen. 

Belohnung für mehr vergebene Kredite

Die bisher an Banken vergebenen mehrjährigen EZB-Kredite oder TLTROs (Targeted Longer-Term Refinancing operations) in Höhe von insgesamt etwa 725 Mrd. Euro werden zwischen 2020 und 2021 auslaufen. Wurden diese ihrerseits für die Ausweitung des Kreditvolumens verwendet, konnten die Banken sich selbst mit einem Einlagenzinssatz von minus 0,4 Prozent belohnen – mussten also weniger zurückzahlen als sie sich geliehen hatten.

Bankenregulatorische Bestimmungen, die bestimmte Fallfristen für die Banken vor dem Ablauf solcher Finanzierungsinstrumente schaffen, setzen nun die EZB unter Entscheidungsdruck. Der Chefvolkswirt der DZ Bank erwartet dem Focus zufolge, dass die EZB schon bei ihrer Sitzung am 7. März eine neue Milliardenhilfe beschließen könnte. Andernfalls könnten sich insbesondere italienische und spanische Banken, die bislang die TLTROs am stärksten in Anspruch genommen hatten, veranlasst sehen, ihre Bilanzsummen zu reduzieren.

EZB-Präsident Mario Draghi betont ebenso wie Coeuré, dass geldpolitische Erwägungen hinter den neuen TLTROs stünden. Man will um jeden Preis den Eindruck vermeiden, man plane eine weitere Bankenrettung – nur diesmal durch die Hintertür. Allerdings seien insbesondere die italienischen und spanischen Banken auf billige Geldspritzen angewiesen, da selbst eine geringfügige Zinserhöhung von 0,5 Prozent eine jährlich Zusatzbelastung von 3,6 Milliarden Euro mit sich bringen würde. Für die maroden Geldinstitute wäre dies schon eine erhebliche Herausforderung, die manche möglicherweise nicht stemmen könnten.

Zu optimistische Konjunkturerwartung der EZB?

Andere wiederum wären gezwungen, einen Teil ihres erheblichen Bestandes an Staatsanleihen auf den Markt zu werfen, was die Risikoaufschläge dafür und in weiterer Folge die Zinsen insgesamt in die Höhe treiben würde. Bislang nutzen die Banken noch ihr Geld, um Staatsanleihen zu erwerben. Ohne all die Tricksereien, wie sie eine lockere Geldpolitik der EZB und eine Niedrigzinsphase noch erlauben, würde die Konjunktur hingegen voraussichtlich noch stärker belastet – mit allen nachteiligen Folgen. Andererseits kann keine noch so einfallsreiche Marktmanipulation durch Zentralbanken dauerhaft wirtschaftliche Zyklen außer Kraft setzen.

Die EZB geht zudem immer noch von einem Wachstum in Höhe von 1,7 Prozent für das Jahr 2019 aus. Anders als die EU-Kommission hat man eine Korrektur nach unten noch nicht ins Auge gefasst. Ob der Zweckoptimismus ausreichen wird, um eine Rezession in der Eurozone aufzuhalten, ist ungewiss. Sollte eine solche eintreten, wird sie den Bankensektor in besonderer Weise treffen.

Da die zinspolitischen Instrumentarien der EZB allerdings längst ausgeschöpft sind und ein drastischer Schritt in Richtung Negativzins – flankiert von Maßnahmen zur Bargeldentwertung – die nächstliegende Konsequenz wäre, könnten die diesbezüglich jüngst von immer mehr Experten vorgetragenen Befürchtungen schneller zum Thema werden als erwartet.



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