Hunderte Bauern blockieren mit Traktoren Aldi-Lager – Lidl schlägt Ombudsstelle vor

Corona-Pandemie und Afrikanische Schweinepest: Viele Landwirte leiden seit einiger Zeit unter einem rapiden Verfall der Erzeugerpreise – und sind wütend auf die großen Handelsketten. Die Proteste der vergangenen Woche gehen weiter.
Titelbild
Landwirte blockieren mit Traktoren die Zufahrt zum Aldi-Zentrallager in Seevetal, Niedersachsen.Foto: Daniel Bockwoldt/dpa/dpa
Epoch Times8. Dezember 2020

In mehreren Bundesländern haben Hunderte Landwirte zwischen Montagabend (7. Dezember) und Dienstagmorgen an verschiedenen Orten Zentrallager des Discounters Aldi blockiert.

In Niedersachsen gab es unter anderem in Weyhe (Landkreis Diepholz), Seevetal (Landkreis Harburg), Beverstedt (Landkreis Cuxhaven), Lingen und Hesel (Landkreis Leer) sowie Rinteln (Landkreis Schaumburg) Blockade-Aktionen.

In Nordrhein-Westfalen verhinderten Landwirte mit 50 Traktoren die Zufahrt zum Aldi-Lager in Greven (Kreis Steinfurt). Auch im rheinland-pfälzischen Montabaur versammelten sich der Polizei zufolge in der Nacht 13 Landwirte mit ihren Treckern sowie etwa 40 weitere Demonstranten und blockierten zeitweise Zufahrten.

Einem Sprecher der Bauern-Protestbewegung „Land schafft Verbindung“ in Niedersachsen zufolge wurden die Blockade-Aktionen beendet, nachdem Aldi ein Gesprächsangebot gemacht habe.

Ein Sprecher von Aldi Nord teilte mit, dass es in dieser Woche Gespräche mit den Landwirten geben solle. Unter anderem sei für Freitag ein Austausch mit Vertretern von „Land schafft Verbindung“, Handelsunternehmen und dem Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels angesetzt. „Die Gespräche werden wir persönlich und gemeinsam mit Vertretern von Aldi Süd führen“, hieß es.

Wichtig aus Sicht der Landwirte sei es, dass nun zügig Hilfen auf den notleidenden Betrieben ankommen, sagte der Sprecher von „Land schafft Verbindung“. Von dem Gespräch am Freitag erhoffe man sich, dass es konkrete Vorschläge gebe, wie es kurzfristig und langfristig weitergehe.

Lebensmittelhandel bereichert sich auf Kosten der Landwirte

Viele Landwirte leiden seit einiger Zeit unter einem rapiden Verfall der Erzeugerpreise. Dieser resultiert auch aus den Folgen der Corona-Pandemie, weil etwa die Gastronomie als wichtiger Abnehmer von Lebensmitteln derzeit weitestgehend ausfällt.

Im Schweinebereich aber spielt auch die Schließung des wichtigen Exportmarktes China eine wichtige Rolle für den Preisverfall, nachdem in Deutschland im September die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen wurde. Landwirte beklagen aber, dass für die Endverbraucher die Preise nicht gesenkt wurden, sich also der Lebensmittelhandel auf Kosten der Landwirte bereichere.

Schon in der vergangenen Woche blockierten Landwirte Zentrallager des Aldi-Konkurrenten Lidl und von Edeka und Rewe. Auslöser der Wut der Landwirte war ein Brief der großen deutschen Handelsketten an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Darin hatten sich die Topmanager der Konzerne Edeka, Rewe, Aldi und der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) über Äußerungen von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner beschwert.

Die CDU-Politikerin hatte einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, mit dem Landwirte und kleinere Lieferanten besser vor dem Preisdruck der Handelsriesen geschützt werden sollen und von teils unfairen Bedingungen gesprochen. Klöckner habe ein Zerrbild der Handelsunternehmen gezeichnet, klagten die Supermarkt-Ketten.

50-Millionen Ankündigung von Schwarz-Gruppe „kein ausreichendes Trostpflaster“

Nach einem Gipfeltreffen am vergangenen Donnerstag mit Vertretern der großen Lebensmittelkonzerne und des Einzelhandelsverbandes mit Klöckner hatte die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) angekündigt, 50 Millionen Euro über die Initiative Tierwohl zur Unterstützung der Landwirte zur Verfügung stellen zu wollen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hatte das Angebot aber als ein nicht ausreichendes Trostpflaster bezeichnet.

Aldi Nord hatte am Sonntag erklärt, mit Bauernvertretern zeitnah weitere Gespräche zu führen. Dabei könne es etwa um die Idee eines Fairtrades für die deutsche Landwirtschaft gehen oder die Förderung der Landwirte durch eine flächendeckende, angemessene Bezahlung bei höheren Qualitätsstandards.

Lidl schlägt neutrale Ombudsstelle vor

Am Dienstag schlug Lidl nun eine neutrale Ombudsstelle vor. Sie könnte „zielgerichtet auf Konflikte reagieren“ und die Marktpartner in einen schnellen Austausch bringen, wie der Discounter mitteilte. So könne „viel schneller“ über Lösungen gesprochen werden.

Der Leiter der Lidl-Mutter Schwarz Gruppe, Klaus Gehring, diskutiere aktuell mit Vertretern aus Landwirtschaft und Politik. Am Wochenende etwa habe er mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gesprochen.

In Zeitungsanzeigen erklärte Lidl am Dienstag, die Situation in der Landwirtschaft stelle alle – Landwirte, Verarbeiter, Lebensmittelhändler und Verbraucher – vor „außergewöhnliche Herausforderungen“. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft habe eine zentrale Bedeutung „für unser Land und die flächendeckende Versorgung“. Lidl könne die Problematik aber nicht allein lösen. Nötig seien „mutige Schritte seitens der Politik, Verarbeitern und unserer Mitbewerber“. (dpa/afp))



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion