„Kostenfalle“ Ladesäule – bei E-Autos Vorausplanung nötig

Wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will, müssen mehr Elektroautos auf die Straße. Das Netz der Ladesäulen wächst, doch beim Bezahlen gibt es noch viele Probleme.
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Ein Elektroauto lädt in Stuttgart an einer Stromtankstelle.Foto: Lino Mirgeler/dpa/dpa
Epoch Times4. September 2020

Wer mit dem Diesel oder einem Benziner unterwegs ist, hat es relativ einfach: Den Spritpreis über eine App checken und dort tanken, wo es günstig ist. Mit einem Elektroauto sieht das aber häufig noch ganz anders aus.

„Der Kunde kann oftmals kaum oder nur mit sehr viel Aufwand feststellen, was ihn das Laden kosten wird“, klagt ein Sprecher des Autofahrerclubs ADAC. „Regelmäßig tappen Verbraucher hier in Kostenfallen.“ Die Preise müssten, wie an der Tankstelle, vorher sichtbar sein.

Inzwischen sei beim Stromtanken vieles einfacher geworden, versichert dagegen Kerstin Andreae, die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Energieverbandes BDEW. Die meisten Fahrer eines Elektroautos hätten einen Vertrag mit einem Ladestromanbieter und damit „volle Preistransparenz“. Wie beim Haushaltsstrom werde vorab ein Preis für die Kilowattstunde festgelegt. Der Autofahrer könne dabei einen Anbieter danach aussuchen, was ihm wichtig sei: Preis, Marktabdeckung oder Grünstrom.

Auch die Zeiten, in denen es „schwierig war, mit einer Ladekarte durch Deutschland zu kommen“, seien längst vorbei, betont Andreae. Mehrere Anbieter hätten inzwischen eine Marktabdeckung von deutlich über 80 Prozent erreicht. Mit ihren Karten könne das Elektroauto an neun von zehn Ladepunkten nachgetankt werden.

Storck: Elektroautofahrer müssen deutlich mehr vorausplanen

An den öffentlichen Ladesäulen kämen sehr unterschiedliche Preismodelle zum Einsatz, erläutert Thorsten Storck vom Internet-Vergleichsportal Verivox. Die Kosten könnten nach dem Arbeitspreis pro Kilowattstunde, einem Grundpreis, Minutenpreisen, oder dem Preis pro Ladung und Anschlussleistung berechnet werden. Storcks Fazit: „Das Aufladen des Elektroautos unterwegs verlangt von den Kunden deutlich mehr Vorausplanung und Engagement als bei einem Pkw mit Verbrennungsmotor.“

Viele Fahrer von Elektroautos ärgerten sich auch darüber, dass sie einen Vertrag mit Ladekarte abschließen müssten, statt wie überall sonst mit einer EC- oder Kreditkarte zahlen zu können, heißt es beim ADAC. Das Zahlen über Smartphone-Apps oder Webseiten sei in der Praxis oft unkomfortabel oder unzuverlässig und meist deutlich teurer als bei einem Vertrag. „Deswegen wird es auch kaum genutzt.“

Bei Deutschlands größtem Energieversorger Eon sieht man durchaus Bedarf an kundenfreundlicheren Ladetarifen. „Eon Drive arbeitet momentan an der Umstellung auf ein einfaches und für alle Kunden möglichst transparentes Tarifmodell“, sagt ein Sprecher. Dazu sei man mit mehreren Hundert Ladesäulenbetreibern in ganz Deutschland im Austausch. Eon verfügt nach der Übernahme der RWE-Tochter Innogy bundesweit über rund 2500 eigene Ladesäulen.

Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat sich für Preistransparenz und einheitliche Bezahlsysteme beim Stromladen stark gemacht – und zwar europaweit. Nur dann seien Verbraucher bereit auf die Elektromobilität umzusteigen.

Die Elektromobilität spielt eine Schlüsselrolle, um Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Im Gegensatz zu anderen Sektoren sind die CO2-Emissionen im Verkehr in den vergangenen Jahren kaum gesunken. Die Nachfrage nach E-Autos war zuletzt auch wegen höherer staatlicher Prämien gestiegen. Bundesregierung und Autobranche hatten vereinbart, den Aufbau eines flächendeckenden und kundenfreundlichen Ladenetzes für Elektroautos zu beschleunigen.

Deutschland hat rund 28 000 öffentliche Ladepunkte

In ganz Deutschland gibt es nach BDEW-Zahlen derzeit rund 28 000 öffentliche Ladepunkte. An einer Reihe von ihnen können E-Autos kostenlos aufgeladen werden. Discounter wie Lidl oder Aldi installieren auf Parkplätzen ihrer Filialen Ladesäulen, an denen Kunden während des Einkaufs ihr Auto anschließen können, ohne dafür zahlen zu müssen.

Die beiden Discounter sind aber nicht die Einzigen, bei denen es den Ladestrom umsonst gibt. Laut einer Umfrage des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI geben etwa 55 Prozent der Händler mit Ladesäulen auf ihren Parkplätzen den Strom kostenlos ab. Derzeit sei es für viele Händler noch ein Mittel, um Kunden zu binden, sagt Laura Fleischmann, die die EHI-Studie erstellt hat. „Mittelfristig ist aber davon auszugehen, dass immer weniger Händler den Strom an den Ladestationen kostenfrei abgeben werden.“

Insgesamt sind auf Kundenparkplätzen im Handel nach EHI-Angaben etwa 7 Prozent der Ladestationen in Deutschland installiert. Und es müssen noch mehr werden. Denn der Bundestag berät über ein Gesetz, mit dem Geschäfte mit mehr als 10 Stellplätzen verpflichtet werden sollen, eine Ladesäule zu installieren. Laut EHI wären davon rund 6000 Geschäfte in Deutschland betroffen. (dpa)



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