„Lieber neue Wahlen als neue Schulden“

Deutschland wird die Vermögenssteuer nicht wieder einführen, sagte Christian Lindner auf dem Deutschen Steuerberaterkongress 2022. Stattdessen warnte er die Grünen.
Titelbild
Christian Lindner (FDP).Foto: THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images
Von 7. Mai 2022

„Ich will ihnen versichern, es wird in Deutschland keine Vermögensteuer wieder eingeführt.“ Dieses jüngste Statement von Finanzminister Christian Lindner lässt aufhorchen. Lastenausgleich und „andere Enteignungsphantasien“ sind nach seiner Ansicht unvereinbar mit dem Grundgesetz.

In einer Rede auf dem Deutschen Steuerberaterkongress 2022 am 2. Mai führte er vor den rund 1.300 Teilnehmern und hochkarätigen Gästen dazu aus, dass die Belastung des Mittelstandes und seines Eigenkapitals enorm wäre. Andererseits würden die bürokratischen Kosten für die Erhebung der Vermögenssteuer gleichzeitig das Aufkommen für den Staat wieder verzehren.

Um die Vermögenssteuer oder einen Lastenausgleich wird bereits länger gestritten. Lindner bezog sich vor allem auf die Forderung von Yasmin Fahimi (SPD), künftige Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, am Vortag. Fahimi erklärte am 1. Mai in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „In dieser historischen Situation brauchen wir eine Sondervermögensabgabe, die sich als mehrjähriger Lastenausgleich in der Gesellschaft gestalten ließe.“ Dies sei notwendig, um die Lasten zu stemmen und um zu verhindern, dass Reiche immer reicher und Arme immer ärmer würden.

Warnung an die Grünen

In diesem Jahr wird mit einer Rekordverschuldung des Bundeshaushalts gerechnet. Hintergrund sind nach Corona die weiteren Entlastungspakete wegen des Ukraine-Krieges. „Schon jetzt ist klar, dass Finanzminister Lindner mit den jetzt veranschlagten rund 100 Milliarden neuen Schulden nicht auskommen wird“, warnte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, am 9. April.

Alle staatlichen Entlastungen bei den Energiepreisen und auch die Waffenlieferungen müsse der Steuerzahler hierzulande stemmen, sagte Holznagel. Mittlerweile existieren im Bundeshaushalt 28 sogenannte Sondervermögen, „viele mit einer hohen Milliardenverschuldung außerhalb des Bundeshaushalts.“ Deutschland sei immer noch damit beschäftigt, die Finanzkrise von 2009/2010 über Sondervermögen abzuwickeln. Die Probleme werden zunehmend ausgelagert, „ohne dass wir den gesamten Haushalt und damit unsere Möglichkeiten und Risiken im Blick haben“.

Lindner selbst scheint sich dessen bewusst und brachte in seiner Rede vor den Steuerberatern sogar Neuwahlen ins Spiel, falls die Grünen die lockere Finanzpolitik fortführen würden. Die Aufweichung der Schuldenbremse durch andere Parteien solle nicht übertrieben werden. „Lieber neue Wahlen als neue Schulden“, wiederholte er plakativ einen zehn Jahre alten Satz.

Mit jenem Slogan trat Lindner im Jahr 2012 als FDP-Spitzenkandidat zu den Wahlen in Nordrhein-Westfalen an, nachdem der Haushalt der rot-grünen Landesregierung gescheitert war. Dem fühle er sich weiterhin verpflichtet. Der Staat müsse aufpassen, dass er „handlungs- und gestaltungsfähig bleibt“, warnte Lindner auch Ende April.

Darüber hinaus ist die Schuldenbremse im Grundgesetz angelegt und verpflichtend. Ab 2023 soll sie wieder eingehalten werden. Der Finanzminister möchte die finanziellen Begehrlichkeiten entsprechend ihrer Prioritäten ordnen sowie Beschäftigte angesichts der hohen Inflation im nächsten Jahr spürbar entlasten.

Immenser Arbeitsdruck

Prof. Dr. Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, forderte in seiner Rede auf dem Kongress der Steuerberater unter anderem eine konzeptionelle Überarbeitung des deutschen Unternehmenssteuerrechts. Andere Länder seien bereits aktiv geworden, Deutschland müsse nachziehen. Aktuelle Gesetzgebungsverfahren würden das leider nicht liefern, diese setzten nur auf längst überfällige Erleichterungen, es sei „Stückwerk, aber kein Gesamtkonzept“.

Ein Beispiel: Das Kurzarbeitergeld wurde seit dem Frühjahr 2020 nur vorläufig ausgezahlt. Nun liegt die Abschlussprüfung für die 6 Millionen Betroffenen auf den Tischen der Kanzleien. Doch es fehlen klare Bescheide, die Digitalisierung, Pauschalen und Bagatellgrenzen. „Die Arbeitsagentur selbst kann oder will nicht rechnen und zwingt unsere Lohnabteilungen zu händischen Korrekturen“, so Professor Schwab. Die aktuelle Frist, Berechnung bis zum Jahresende, sei nicht zu halten.

Schwab erklärt: „Das ist Wahnsinn – und unser Land will digital sein. So entsteht unendlich Frust auf dem Rücken unserer Mitarbeiter. Das kann so nicht weitergehen. Es braucht praxistaugliche Lösungen, und zwar jetzt.“

In diesem Jahr sollen zudem die Daten für die Grundsteuerreform binnen vier Monaten eingereicht werden. Betroffen sind rund 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten, viele dieser Daten werden über die Steuerberater laufen. „Jetzt herrscht immenser Zeitdruck. Der Grund dafür sind die Vorgaben der Finanzverwaltung: Die Feststellungserklärungen sollen ab dem 1. Juli 2022 binnen vier Monaten abgegeben werden! Und das, obwohl die neuen Grundsteuerregelungen erst zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. […] Das ist einfach nicht machbar, dafür braucht man kein Hellseher zu sein.“

Brüssel will die Oberaufsicht

Auf dem Deutschen Steuerberaterkongress 2022 kamen auch internationale Vorhaben zur Sprache, einige jener Vorgaben aus Brüssel sorgen für Unruhe bei Schwab. Die EU-Kommission möchte eine europäische Geldwäschebehörde gründen, abgekürzt AMLA. Als zentrale Behörde will diese die nationalen Behörden koordinieren, „um sicherzustellen, dass der private Sektor die EU-Vorschriften korrekt und konsequent anwendet“, wie es auf der Webseite der EU heißt. 2024 soll die Behörde in Betrieb sein.

„Diese könnte dann die direkte Aufsicht über unseren Berufsstand ausüben. Das würde einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Kammern darstellen“, so der Honorarprofessor an der Hochschule München. „Wir lehnen das kategorisch ab, wehret den Anfängen.“

Ab Herbst will die EU-Kommission zudem mit weiteren Vorschlägen gegen missbräuchliche Steuergestaltung vorgehen. „Was das genau sein soll, ist völlig unklar. Es soll legal sein, aber unerwünscht und unmoralisch. Aber wir sind ein demokratischer Rechtsstaat – da passt doch etwas nicht.“



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