„Wir brauchen die gezielte Einwanderung von Fachkräften“

Es fehlt an Vorprodukten und an Fachkräften: Die deutsche Wirtschaft kämpft derzeit mit zahlreichen Problemen. Der Mittelstand fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit.
Epoch Times25. Oktober 2021

Mit Blick auf die fehlenden Fachkräfte sieht der Bundesverband mittelständische Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bedroht.

„Immer mehr Unternehmen aller Branchen finden derzeit weder Fachkräfte noch Azubis“, sagte Bundesgeschäftsführer Markus Jerger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das gefährdet elementar die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands und damit des Standorts Deutschland insgesamt.“ Auch steigende Frachtraten und Engpässe bei Vorprodukten wie Halbleitern machen der deutschen Wirtschaft derzeit zu schaffen.

„Brauchen gezielte Einwanderung von Fachkräften“

Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels fordert Jerger mehr Einwanderung: „Wir brauchen die gezielte Einwanderung von Fachkräften, wobei die Betonung auf Fachkräfte liegt.“ Viele Unternehmen müssten bereits mangels qualifizierten Personals Aufträge ablehnen, sagte Jerger. Bei den Auszubildenden sehe es nicht besser aus. „Es gibt in Deutschland mehr als 390 anerkannte Ausbildungsberufe, und in nahezu allen fehlt es an neuen Auszubildenden.“

Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, sagte der „Welt am Sonntag“: „Insgesamt werden derzeit etwa 1,2 Millionen Arbeitskräfte, davon zwei Drittel Fachkräfte, gesucht.“ In etwa 70 Berufen gebe es bereits Personalengpässe auf Fachkraftniveau. Ende August hatte Scheele gesagt, Deutschland brauche rund 400.000 Zuwanderer pro Jahr, um den zunehmenden Fachkräftemangel auszugleichen.

Besonders gesucht sind derzeit unter anderem Lkw-Fahrer. „Es gibt zu wenig Berufskraftfahrer im Güterverkehr. Das wird künftige Wirtschaftsaufschwünge bremsen“, heißt es in einem am Samstag veröffentlichten Bericht des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zum Lastwagenfahrer-Mangel in Deutschland.

Während demnach zu Beginn der Corona-Krise die Fachkraft-Lücke infolge des pandemiebedingten Wirtschaftseinbruchs bei den Fahrern auf null ging, kehrte der Fahrer-Mangel mit der Wirtschaftserholung nach dem ersten Lockdown zurück. „Im September 2021 fehlten schon wieder 6659 Lkw-Fahrer in Deutschland – Tendenz stark steigend“, heißt es in dem Bericht.

Kaum Berufskraftfahrer unter 35

Vor allem die Nachwuchssituation ist demnach kritisch. „Im Jahr 2020 waren nur 13,6 Prozent der Berufskraftfahrer im Güterverkehr unter 35 Jahre alt“, heißt es. Im Durchschnitt aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind es 29,3 Prozent.

Auch in Großbritannien fehlen Lastwagenfahrer – der massive Mangel sorgte in den vergangenen Wochen für erhebliche Probleme. So saßen etliche Tankstellen auf dem Trockenen, weil der Kraftstoff nicht zu ihnen transportiert werden konnte. Supermarktregale blieben teilweise leer. Hier allerdings spitzte der Brexit die Lage zu: Viele Fahrer aus der EU sind während der Pandemie in ihre Heimatländer zurückgekehrt und können nach dem Brexit nicht ohne weiteres wieder in Großbritannien leben und arbeiten. Die Regierung stellte temporäre Visa zur Abmilderung der Lage aus und ließ das Militär aushelfen. Eine echte Entspannung der Situation ist jedoch nicht in Sicht.

Einem Bericht vom Sonntag zufolge entscheiden sich in Großbritannien nun etliche Busfahrer für einen Wechsel an das Lastwagen-Lenkrad. Die Abwanderung gehe auf den eklatanten Mangel an Lastwagenfahrern zurück, der die Löhne in der Branche steigen lasse, sagte Bobby Morton von der Gewerkschaft Unite dem Sender Sky News. Busfahrer hätten genauso wie Lkw-Fahrer lange Schichten und nicht genügend Toiletten und Sanitäranlagen zur Verfügung.

Neben den Engpässen bei Lkw-Fahrern führen derzeit etwa auch steigende Containerpreise und Frachtraten sowie der Mangel an Vorprodukten wie Halbleiter zu globalen Lieferkettenproblemen. Der Außenhandelsverband BGA rechnet trotzdem mit einem kräftigen Exportwachstum in diesem Jahr. „Wir sind sehr gut ins Jahr gestartet und sehen deshalb trotz einer Abschwächung derzeit keine Anzeichen, unsere Prognose eines nominalen Wachstums von 13 Prozent zu kassieren“, sagte der neue Präsident des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel (BGA), Dirk Jandura, der Deutschen Presse-Agentur. Die Warenausfuhren würden damit das Niveau vor der Corona-Krise überschreiten.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) tauschte sich in der vergangenen Woche mit Vertretern der entsprechenden Branchen aus, wie die Lieferketten vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen stabilisiert werden können, wie das Bundesverkehrsministerium am Sonntag twitterte. Derzeit gebe es weltweite Engpässe und Störungen in den Lieferketten. Die Situation in Deutschland sei aber weniger kritisch, hieß es. „Alle Logistiker sagen: Es besteht keine Gefahr, dass dem Christkind im Dezember die Gaben ausgehen.“ (dpa/oz)



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