Nicht unerwartet: Die Inflation bleibt nahe an 5 Prozent

Für drei von vier Menschen in Deutschland ist die Inflation die größte Sorge. Das Leben wird spürbar teurer.
Die EZB berät über die Zinswende
Euro-Skulptur vor dem Sitz der EZB in Frankfurt am Main.Foto: iStock
Von 5. Februar 2022

Bei einer Inflation von 5 Prozent halbiert sich ein Vermögen etwa alle vierzehn Jahre. Gleiches gilt für Schulden, der Wert der Schulden halbiert sich. Die Aussichten darauf stehen gut: Laut den aktuellen Zahlen für den Januar schätzte das Statistische Bundesamt die Inflationsrate auf 4,9 Prozent.

Im Dezember betrug die Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen 5,3 Prozent. Das war der höchste Wert seit 1992, damals sorgte die Wiedervereinigung für eine starke Verteuerung der Waren. Nun sind es die steigenden Energie- und Kraftstoffkosten, die alles verteuern, einschließlich der Lieferkosten für Nahrungsmittel.

Einige Ökonomen hatten gehofft, dass die Inflationsrate mit Beginn des neuen Jahres auf 4,3 Prozent sinkt – basierend auf Effekten im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuerabsenkung im Jahr 2020. Der Vergleich der Werte von 2021, als die Mehrwertsteuer höher war, mit den niedrigeren von 2020, trieb die Inflationsrate künstlich nach oben. Daher erwarteten Fachleute mit dem Jahresbeginn eine deutlich niedrigere Inflationsrate.

Kostentreiber: Energie, Heizöl, Kraftstoffe

Die Energiekosten der Haushalte sowie Kraftstoffe verteuerten sich im Vergleich zum Vormonat durchschnittlich um 20,5 Prozent, Nahrungsmittel um 5 Prozent. Nur wenige Dinge verbilligten sich, darunter Bekleidung und einige Dienstleistungen. 

„Die unerwartet hohe Teuerungsrate von 4,9 Prozent im Januar geht vor allem auf das Konto der rasant gestiegenen Preise für Gas und Strom, wobei noch lange nicht alle Versorger ihre Absatzpreise an die erhöhten Einkaufspreise angepasst haben“, erläuterte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Dazu trug auch der Anstieg der CO₂-Abgabe zu Jahresbeginn von 25 auf 30 Euro je Tonne Kohlendioxid bei.

Es existieren regionale Unterschiede. In Hessen stieg die Inflationsrate im Januar 2022 (Veränderung des Verbraucherpreisindex zum Vorjahresmonat) von 5,4 auf 5,6 Prozent. Im Saarland und in Niedersachsen sank sie auf 4,7 Prozent.

Das Leben ist teuer geworden, wie detailreich bei den Statistischen Landesämtern der einzelnen Bundesländer nachgelesen werden kann. Zwei Bundesländer als Beispiel:

In Hessen stiegen die Preise für Erdgas gegenüber Dezember 2021 um 48,9 Prozent. Erdgas kostete im Vergleich zum Vorjahr 77,4 Prozent mehr, Heizöl 52,6 Prozent und Kraftstoffe 25,5 Prozent. Massiv erhöhten sich die Kosten für Speisefette und -öle (+ 18,7 Prozent), darunter Butter um 21,3 Prozent. Eier (+ 12,5 Prozent), Gemüse (+ 8,5 Prozent), Fleisch- und Fleischprodukte (+ 5,5 Prozent) sowie Molkereiprodukte (+ 4,7 Prozent).

In Sachsen ist das Bild ähnlich. Spürbar teurer wurden für Verbraucher neben Heizöl (40,9 Prozent), Strom, Kraftstoffen und Gas auch Nahrungsmittel mit durchschnittlich 7,0 Prozent. Auch frisches Gemüse, einschließlich Kartoffeln (18,8 Prozent) und Speisefette und -öle (17,6 Prozent) verteuerten sich.

Insofern ist es nicht unerwartet, dass die Inflation laut dem „Sicherheitsreport“ des Centrums für Strategie und Höhere Führung und des Instituts für Demoskopie Allensbach für 70 Prozent der Deutschen die größte Sorge darstellt. „Die hohe Inflationsrate alarmiert die Bevölkerung zunehmend und trifft überdurchschnittlich die schwächeren sozialen Schichten“, schreibt Renate Köcher.

Jeder Zweite fühlt sich laut der Umfrage vom Januar 2022 persönlich bedroht, vor einem Jahr äußerte das nicht mal jeder Dritte. An zweiter Stelle der Ängste folgen die ökonomischen Effekte der Corona-Krise, danach die unberechenbare Lage in der EU und der Welt. Auf dem vierten Platz (mit 60 Prozent) liegt die Befürchtung, dass es kein Ende der Corona-Pandemie gibt. Die Sorge vor einem Klimawandel liegt weit abgeschlagen auf dem 7. Platz. 

Wie reagiert die EZB?

Die neuen Zahlen sind auch deshalb interessant, weil sich am 3. Februar der Rat der Europäischen Zentralbank trifft. Auch in der Eurozone lag die Inflationsrate im Dezember bei 5 Prozent. Das war der höchste Wert seit der Finanzkrise 2008.

Bisher argumentiert die EZB, dass die Inflationsrate im Laufe des Jahres wieder sinken werde und daher kein Bedarf für eine Zinserhöhung bestünde. Vor der Sitzung will die EZB noch keine neuen Prognosen vorlegen. Michael Schubert, Fachmann der Commerzbank für die EZB, erwartet, dass die Europäische Zentralbank nicht von ihrem Kurs abweicht.

Die EZB setzt darauf, dass sich die Lage entspannt und die Inflation sich 2022 stabilisiert. Die Energiepreise würden nicht dauerhaft ansteigen, sich auch die Materialengpässe und Lieferschwierigkeiten auflösen. Für die Währungshüter gilt die Inflation weiterhin als „temporär“. Unumstritten ist das nicht. „Die EZB war zu sorglos. Es ist unangebracht, diesen Eindruck zu erwecken, wenn Inflationssorgen um sich greifen“, sagt Otmar Issing, früherer EZB-Chefvolkswirt.

Die Notenbank strebt eine jährliche Teuerungsrate von 2 Prozent im Euroraum an und ist zumindest zeitweise bereit, ein moderates Über- oder Unterschreiten zu akzeptieren. Kritiker werfen der EZB vor, mit ihrer „ultralockeren“ Geldpolitik die Teuerung anzuheizen, die sie eigentlich im Zaum halten will.

Mit höheren Leitzinsen lässt sich ein Anstieg der Verbraucherpreise normalerweise bremsen. Ähnliches hat die amerikanische Notenbank ab März vor. Der Druck auf die Europäer steigt.

Beliebt sind Zinserhöhungen der Zentralbanken nicht. Sie schränken den Spielraum von Regierungen zur Staatsverschuldung ein. Damit steckt die EZB in einer Zwickmühle: höhere Inflation oder eine neue Krise der Staatsschulden? Mittelfristig zeichnet sich zudem eine weitere Verteuerung ab, die sogenannte „Greenflation“. Eine Inflation, die durch den grünen Umbau der Wirtschaft verursacht wird.



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