Scholz verwahrt sich gegen Kritik an deutscher Wirtschaftspolitik: „Wir sind nicht in einem Abschwung“

Deutschland solle zur Stimulierung der Konjunktur die staatlichen Investitionen steigern und Steuern weiter senken, fordert der Internationale Währungsfonds. "Wir haben schon getan, was alle von uns verlangen", meinte dazu Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
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Die Sonne geht hinter Kränen im Hamburger Hafen auf. Die "Wirtschaftsweisen" haben ihre Wachstumsprognose für 2019 deutlich gekappt.Foto: Sebastian Widmann/dpa
Epoch Times13. April 2019

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich bei internationalen Finanztagungen in Washington gegen Kritik am wirtschaftspolitischen Kurs der Bundesregierung verwahrt. „Wir haben schon getan, was alle von uns verlangen“, sagte Scholz am Freitag am Rande von Beratungen der G20-Staatengruppe in Washington.

Er reagierte damit auf Aufforderungen unter anderem des Internationalen Währungsfonds (IWF), Deutschland solle zur Stimulierung der Konjunktur die staatlichen Investitionen steigern und Steuern weiter senken.

Wirtschaftsabschwung in Deutschland lastet auf Weltwirtschaft

Die Sitzungen der G20-Finanzminister und Notenbankchefs fanden im Vorfeld der Frühjahrstagungen von IWF und Weltbank am Wochenende in der US-Hauptstadt statt. Der IWF hatte in seinem vor einigen Tagen veröffentlichten Konjunkturbericht das Abflauen des Wachstums in Deutschland als einen von zahlreichen Faktoren genannt, die auf der Weltwirtschaft lasten.

Seine Prognose für die Zunahme des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im laufenden Jahr korrigierte die UN-Sonderorganisation nochmals deutlich herunter, auf nur noch 0,8 Prozent. Dies deckt sich mit der jüngsten Schätzung der fünf führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute. In dem Bericht hob der IWF hervor, dass es im deutschen Haushalt noch Spielräume für Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft gebe.

Scholz: „Wir sind nicht in einem Abschwung“

Scholz sagte dazu: „Wir haben bereits eine sehr expansive Investitionsstrategie“. Die öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur, das Bildungswesen und die digitale Wirtschaft nähmen wesentlich stärker zu als in früheren Jahren. Auch habe seine Regierung bereits die Steuern im Volumen von mehr als zehn Milliarden Euro gesenkt. Hinzu komme die geplante Abschaffung des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Steuerzahler ab 2021.

Der Bundesfinanzminister wandte sich zudem dagegen, den Zustand der deutschen Wirtschaft schwarz zu malen: „Wir sind nicht in einem Abschwung.“ Vielmehr handle es sich lediglich um ein verlangsamtes Wachstum. Weiterhin gebe es einen Mangel an Arbeitskräften, was „typischerweise nicht das Zeichen einer schwierigen wirtschaftlichen Lage“ sei.

Auch deuteten die Vorhersagen darauf hin, dass die deutsche Konjunktur ab Ende des Jahres wieder anziehen werde, sagte Scholz. Ähnlich äußerte sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. „Das Konjunkturbild ist nicht das eines dramatischen Abschwungs, das jetzt Konjunkturpakete erforderlich machen würde.“ Vielmehr handle es sich um eine „Konjunkturdelle“.

Handelskonflikte und Brexit sind Hauptrisiken für globale Konjunktur

Die Finanztagungen in Washington werden von Sorgen um den Zustand der Weltwirtschaft überschattet. Der IWF hatte in seiner jüngsten Analyse die Vorhersage für die globale Konjunktur in diesem Jahr weiter auf 3,3 Prozent heruntergeschraubt. Als Hauptrisiken nannte er unter anderem die Handelskonflikte sowie das nicht gebannte Szenario eines Brexit ohne Ausstiegsabkommens.

Scholz stimmte mit dieser Analyse in weiten Teilen überein. Die Risiken für die Weltwirtschaft seien „überwiegend politisch produziert“, sagte er. Es sei der „Auftrag der Verantwortlichen, dafür zu sorgen, dass diese Unsicherheiten beseitigt werden“.

Der Bundesfinanzminister zeigte sich zuversichtlich, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China beigelegt werde, dafür gebe es „Signale“. Auch äußerte er die Einschätzung, dass es nach dem jüngsten Brexit-Aufschub wahrscheinlicher geworden sei, dass Großbritannien die EU in geordneter Weise – also verbunden mit einem Austrittsabkommen – verlassen werde.

Multilaterale Regelungen zur Besteuerung von Konzernen

Bei den Finanztagungen ging es auch um Initiativen für multilaterale Regelungen zur Besteuerung von Konzernen. Damit soll gegen die Praxis vorgegangen werden, dass global operierende Unternehmen mittels Niederlassungen in Niedrigsteuerländern ihre Steuerlast drastisch drücken.

Scholz teilte mit, dass sich bei einem Treffen der G7-Gruppe führender Industriestaaten in dieser Frage „große Fortschritte“ abgezeichnet hätten. Ein gemeinsamer deutsch-französischer Vorschlag für eine Minimalsteuer sei auf allgemeine Zustimmung gestoßen, einschließlich jener der USA. Die Gruppe wolle noch in diesem Jahr „eine Verständigung über die Leitlinien“ für eine solche Steuer erreichen. (afp)



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