Darf das Vereinsfest und der herrenlose Hund ins Amtsblatt? BGH prüft Klage einer Zeitung

Darf ein Amtsblatt auch über Unternehmen, Vereinsfest oder herrenlose Hunde berichten?
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Darf ein Amtsblatt auch über ein Fest in der Stadt berichten?Foto: iStock
Epoch Times13. September 2018

Was darf alles ins Amtsblatt einer Stadt, was ist Sache der Zeitung? Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft eine Klage des Verlags der „Südwest Presse“ gegen die Stadt Crailsheim (Kreis Schwäbisch Hall). Vor dem höchsten deutschen Zivilgericht ging es am Donnerstag in Karlsruhe im Kern um die Frage, ob ein kostenloses Amtsblatt neben Belangen der Verwaltung zum Beispiel auch über Unternehmen, herrenlose Tiere oder Vereinsfeste berichten darf (Az. I ZR 112/17).

Stein des Anstoßes ist das „Stadtblatt“ von Crailsheim, das die Kommune seit 2016 wöchentlich gratis an alle 17 000 Haushalte im Stadtgebiet verteilt. Es besteht aus einem amtlichen, einem redaktionellen und einem Anzeigenteil. Bis Mitte 2015 wurde darin auch über Wirtschaft, Parteipolitik oder Sport berichtet. Der Verlag der „Südwest Presse“, der in Crailsheim die Tageszeitung „Hohenloher Tagblatt“ und ein kostenloses Anzeigenblatt herausgibt, hält dies für wettbewerbswidrig und bekam in den Vorinstanzen Recht.

Das Landgericht Ellwangen untersagte die Verteilung des „Stadtblatts“ in der damaligen Form. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart wies die Berufung der Stadt zurück: Wegen der im Grundgesetz festgeschriebenen Staatsferne der Presse dürfe ein Amtsblatt nur über das eigene Verwaltungshandeln berichten. Die Stadt pocht dagegen auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie und legte Revision beim BGH ein.

Eine Gemeinde habe den Auftrag, die örtliche Gemeinschaft zu stärken, argumentierte der städtische Anwalt vor dem BGH. Deshalb wolle man über alle Belange der Gemeinschaft informieren – zumal in der Presse nicht mal die Hälfte der örtlichen Vereine oder Kirchen berücksichtigt würden. „Es geht um die Zukunft der Amtsblätter“, sagte der Crailsheimer Oberbürgermeister Christoph Grimmer (parteilos). Und nach seiner Überzeugung auch um die Zukunft der Demokratie. Die Würdigung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingspolitik gehört für ihn genauso ins Amtsblatt wie der herrenlose Hund, der ein neues Zuhause sucht.

Der Anwalt der „Südwest Presse“ warnte hingegen vor einer „Staatspresse“ und den Versuchungen eines Oberbürgermeisters, „wenn er ein eigenes Presseorgan zur Verfügung hat“. Kirchen und Vereine könnten ihre Infos auch über das Internet oder Social Media weitergeben. „Die Informationsgesellschaft bietet genügend Möglichkeiten.“

Ein Urteil des BGH wird erst in einigen Wochen erwartet. Der Senat machte bei der Verhandlung aber deutlich, dass die „Allzuständigkeit“ einer Gemeinde Grenzen hat – Unternehmensberichterstattung etwa sei „originäre Aufgabe der Presse“.

Das Urteil könnte Folgen nicht nur für Amtsblätter, sondern auch für Online-Auftritte der Städte haben. Ähnliche Rechtsstreitigkeiten gibt es auch vor Gerichten in Nürnberg, Dortmund und Karlsruhe. Die Geschäftsführerin von Baden-Württembergs Städtetag, Gudrun Heute-Bluhm, erwartet vom BGH eine Richtschnur. „Man muss nicht alles machen können“, sagte sie. Aber gerade beim bürgerschaftlichen Engagement gebe es ein großes Informationsbedürfnis. (dpa)



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