Deutschlands Mittelstand: In Gefahr oder nicht?

Ökonomen sehen Deutschlands Mittelstand in Gefahr, Wirtschaftsprofessor Klaus Schweinsberg bringt es auf die Formel: "Mittelstand in Lebensgefahr". Der Sparkassenverband sieht das ganz anders.
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Nachfolger für Unternehmen zu finden wird durch die aktuellen Corona-Regelungen für den Mittelstand erschwert.Foto: Bodo Schackow/dpa
Epoch Times15. Oktober 2019

Die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) gerät zunehmend in den Verruf, Investitionen zu hemmen und damit das Gegenteil von dem zu bewirken, was sie eigentlich erreichen wolle. Dies kritisierte unter Helmut Schleweis, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), berichtete die Sparkassen-Zeitung.

Auch viele Ökonomen sehen Deutschlands Mittelstand zunehmend in Gefahr, unter anderem Klaus Schweinsberg, Wirtschaftsprofessor und Gründer des Centrums für Strategie und Höhere Führung.

Top-Ökonom: „Mittelstand in Lebensgefahr“

Schweinsbergs Einschätzung lautet sogar: „Mittelstand in Lebensgefahr.“ Dabei nennt er als Hauptgründe „wachsende nationale Lasten, schrumpfende internationale Chancen, zunehmende Sentimentalität und schwindenden Unternehmergeist“. Mit klassischen Methoden aus der letzten Finanzkrise werde der Mittelstand nicht durchkommen. Seiner Ansicht nach müsse der Mittelstand eruieren, seine Geschäftstätigkeit ins Ausland zu verlagern.

Und das ist etwas, was die EZB nun gar nicht möchte. So haben die Währungshüter der Bank für internationalen Zahlungsausgleich diesen Effekt in ihrer neuesten Studie kürzlich als zu bekämpfenden „Spillover-Effekt“ beschrieben.

Mittelstand für Krise gut gewappnet

Der Sparkassenverband hingegen ist der Meinung, der globale Wirtschaftsabschwung beeindrucke den Mittelstand nicht, berichtete Schleweis bei der Präsentation der aktuellsten Mittelstandstudie. Die Wachstumserwartungen für 2019 und 2020 seien lediglich leicht zurückgegangen. Im Vergleich zu 2018 (5,1 Prozent) geht der Sparkassenverband für 2019 und 2020 von einem vierprozentigen Wachstum aus. Dabei sei die Binnenwirtschaft wesentlicher Motor, angekurbelt durch starke private Konsumnachfrage und eine florierende Bauwirtschaft.

Der Sparkassenverband rühmt dabei seine Kreditvergaben von 31 Milliarden in der ersten Jahreshälfte 2019. Mit gesteigerten Investitionen sei auf jeden Fall zu rechnen.

Kein Wort zu verschärften Kreditvergaberichtlinien

Worauf der Sparkassenverband nicht eingeht, sind möglicherweise erhebliche Verschärfungen bei Kreditvergaben, die den Mittelstand besonders heftig treffen könnten. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat den Entwurf der Leitlinien am 19. Juni veröffentlicht. Die Frist zur Einreichung von Ideen endete kürzlich und die öffentliche Anhörung in Paris fand ebenfalls bereits statt.

Auch die befragten Unternehmen selbst dürften die Einschätzung der Sparkassen nicht unbedingt teilen. 50 Prozent der befragten Unternehmen teilten mit, dass sie dabei seien, konkrete Maßnahmen für eine konjunkturelle Flaute zu treffen. Dazu zählen unter anderem „Personalabbau, Reduzierung von Ausgaben, Flexibilisierung und Outsourcing“. Schleweis hat „ernsthafte Zweifel“, dass der Mittelstand mit bei der letzten Finanzkrise eingesetzte Maßnahmen wie „Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit“ nicht „durchkommen“ werde.

EZB-Politik ist kontraproduktiv für Investitionen

Sogar der Sparkassenverband mit einer „rosigen Zukunftsperspektive“ schätzt die expansive Geldpolitik der EZB als nachteilig für Investitionsentscheidungen an. Ein niedriger Zins könne überhaupt nicht zum Investieren motivieren. Nach unternehmerischen Grundsätzen würden Investitionen nur bei möglichen „Absatzpotenzialen“, „Kapazitätsgrenzen“ oder „Ersatz- und Optimierungsbedarf“ getätigt.

Das von der EZB „selbstgesteckte Ziel [der Ausgabensteigerung sei] nicht nur wirkungslos, [sondern] sogar kontraproduktiv.“ Vielmehr hemme die Politik der EZB die Investitionen, weil sie Unsicherheit verbreite. Und Unsicherheit sei das größte Investitionshemmnis. (bm)



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