Europas Zukunft steht auf dem Spiel: Chefökonom der Deutschen Bank kritisiert Kurs der EZB

"Die Regierungen haben nicht gehandelt, weil die extrem lockere Geldpolitik der EZB und insbesondere ihr Versprechen, zu tun `whatever it takes`, Untätigkeit zur kurzfristig attraktiveren Option gemacht haben", kritisiert der Chefökonom der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau die derzeitige Lage des Finanzmarktes.
Titelbild
EZB-Chef Mario Draghi.Foto: JOHN THYS/AFP/Getty Images
Epoch Times27. September 2016

Kurz vor dem Auftritt von EZB-Präsident Mario Draghi im Deutschen Bundestag hat der Chefökonom der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, heftige Kritik am Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) geübt. Europa müsse sich fragen, inwieweit die „aggressive, unkonventionelle und völlig unerprobte Geldpolitik der EZB – bis hin zu negativen Zinsen – zur Verschärfung der Probleme Europas beiträgt“, moniert Folkerts-Landau in einem Gastkommentar in der „Welt“.

Europas Zukunft stehe auf dem Spiel: „Noch nie war eine Region so abhängig von dogmatischen Entscheidungen nicht direkt gewählter Technokraten. Wollen wir wirklich das Scheitern des wichtigsten wirtschaftspolitischen Projekts der Geschichte riskieren? Zukünftige Generationen würden uns das naive Vertrauen in die Geldpolitik nicht verzeihen.“

Draghi wird am Mittwoch zum ersten Mal seit 2012 vor Abgeordneten des Bundestages sprechen. Für seine ausufernde Rettungspolitik – vor allem für den Beschluss, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Krisenländern zu kaufen – war Draghi schon damals heftig kritisiert worden.

Mittlerweile hat die Zentralbank ihr Kaufuniversum auch auf europäische Unternehmensanleihen ausgeweitet und Strafzinsen für Bankeinlagen eingeführt. Für ihre Politik des extrem billigen Geldes steht die EZB nach wie vor besonders in Deutschland unter Beschuss. Entsprechend hart geht der Deutsche-Bank-Chefökonom mit der aktuellen Geldpolitik ins Gericht. „Nicht nur die schwachen Konjunkturdaten nähren Zweifel an der Wirksamkeit und Ausrichtung der Geldpolitik – sondern vor allem die Tatsache, dass die Probleme Europas struktureller und nicht zyklischer Natur sind“, kritisierte er.

Die Länder der Peripherie seien nicht in der Lage, ein für den Abbau der Verschuldung und Arbeitslosigkeit ausreichendes Wachstum zu generieren. Ursache hierfür seien mangelnde Reformen der Arbeitsmärkte sowie der Rechts-, Sozial- und Steuersysteme. „Die Regierungen haben nicht gehandelt, weil die extrem lockere Geldpolitik der EZB und insbesondere ihr Versprechen, zu tun `whatever it takes`, Untätigkeit zur kurzfristig attraktiveren Option gemacht haben“, so der Chefökonom. Durch das Versprechen der EZB, in Schieflage geratene Länder mit Hilfe von Anleihenkäufen aufzufangen, seien Reformanreize zunichte gemacht worden.

(dts Nachrichtenagentur)



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