Automanager Carlos Ghosn: „In jeder anderen Demokratie wäre das nicht normal“

Der in Japan inhaftierte Automanager Carlos Ghosn hat die japanische Justiz scharf attackiert. Der 64-Jährige bemühte sich zuvor vergeblich um eine Freilassung auf Kaution.
Titelbild
Der ehemalige Nissan-Chef Carlos Ghosn sagte am 8. Januar 2019, er sei in Japan "zu Unrecht angeklagt und unfair festgehalten" worden.Foto: BEHROUZ MEHRI/AFP/Getty Images
Epoch Times31. Januar 2019

In seinem ersten Interview mit ausländischen Medien seit seiner Festnahme in Japan hat der Automanager Carlos Ghosn die japanische Justiz scharf attackiert. „In jeder anderen Demokratie wäre das nicht normal“, sagte Ghosn am Donnerstag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP und der französischen Zeitung „Les Echos“. Ghosn hatte sich zuvor vergeblich um eine Freilassung auf Kaution bemüht.

„Wieso werde ich bestraft, bevor ich für schuldig befunden worden bin?“, fragte Ghosn, gekleidet in einen schwarzen Trainingsanzug und transparente Gefängnis-Plastiksandalen, in dem viertelstündigen Interview in einem rund sechs Quadratmeter großen Raum im zehnten Stock der Kosuge-Haftanstalt nördlich von Tokio. Seine Festnahme sei eine „Geschichte des Verrats“.

Streitigkeiten um Angaben zu „zu niedrigem Einkommen“ bei Nissan

Ihm gegenüber stehe eine „Armee bei Nissan“, sagte der frühere Chef des japanische Autobauers. Dort seien „hunderte“ Menschen mit seinem Fall beschäftigt, bei der Staatsanwaltschaft seien es 70. „Und ich sitze seit mehr als 70 Tagen im Gefängnis“, fügte der 64-Jährige hinzu. „Kein Telefon, kein Computer – wie kann ich mich selbst verteidigen?“

Ghosn, der lange als Vorzeigemanager galt, war am 19. November überraschend in Japan festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe jahrelang ein zu niedriges Einkommen bei Nissan deklariert und persönliche Verluste auf den Autobauer übertragen.

Ghosn bestreitet die Vorwürfe. Die Anträge seiner Anwälte auf Haftentlassung blieben allerdings bislang ohne Erfolg: Die Justiz sieht bei Ghosn Fluchtgefahr sowie die Möglichkeit, dass er Beweise vernichten könnte. Er wird deshalb wohl bis zu Beginn des Prozesses Anfang März im Gefängnis bleiben.

Der Konzern versuche, seinen „Ruf zu zerstören“

Bereits am Mittwoch hatte Ghosn gegenüber der japanischen Wirtschaftszeitung „Nikkei“ in seinem ersten Presseinterview seit seiner Festnahme angeprangert, das Opfer einer „Verschwörung und eines Verrats“ durch die Nissan-Spitze zu sein.

Gegenüber AFP und „Les Echos“ sagte er nun, der Konzern versuche, „meinen Ruf zu zerstören“. Es gebe „eine Armee von Leuten, die jeden Tag Müll nach mir werfen“. Ein Nissan-Sprecher betonte indes, es gebe „substantielle und überzeugende Beweise eines Fehlverhaltens“.

Ghosn zeigte sich in dem Gespräch wenig emotional, sagte jedoch, dass es „sehr hart“ sei, dass er seit dem 19. November nicht mit seiner Familien habe sprechen können. Er sei „stark“, aber „offensichtlich erschöpft“, er könne nur 30 Minuten am Tag auf dem Gebäudedach an die frische Luft gehen. Die Lichter seien auch in der Nacht eingeschaltet.

Gegenüber Japan und Nissan als Unternehmen hegt er indes nach eigenen Angaben keinen Groll: „Ich liebe Japan, ich liebe Nissan“, sagte er. Er habe „so viele Jahre“ seines Lebens“ dem Wiederaufbau des Unternehmens gewidmet. „Ich habe nichts gegen die Firma.“ (afp)



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