Lufthansa am Scheideweg: Politisch gesteuerter Staatskonzern oder Kreditnehmer

Ein Einbruch im Passagiergeschäft um 99 Prozent, Zehntausende Beschäftigte in Kurzarbeit, jede Stunde eine Million Euro Verlust. Die Folgen von weltweiten Grenzschließungen und wirtschaftlichem Shutdown haben die Lufthansa in die größte Krise ihrer Geschichte gestürzt.
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Von rund 760 Lufthansa-Flugzeugen stehen etwa 700 am Boden.Foto: Boris Roessler/dpa/Boris Roessler/dpa/dpa
Epoch Times3. Mai 2020

Die Lufthansa steht vor einer Woche der Wahrheit. Eine Entscheidung über milliardenschwere Staatskredite – und deren Bedingungen – rückt näher, der Dax-Konzern verhandelt bereits seit längerem wegen der weitreichenden Folgen der durch die Corona-Krise angestoßenen Wirtschaftskrise mit der Bundesregierung.

„In diesen Tagen wird über die Zukunft der Lufthansa entschieden“, will Konzernchef Carsten Spohr laut vorab veröffentlichtem Redetext bei der Hauptversammlung an diesem Dienstag (5. Mai) sagen.

Kredite ja – Beteiligung nein

Spohr hatte einen größeren Einfluss des Staates auf das Unternehmen zuletzt abgelehnt – und wird dies auch bei der Aktionärsversammlung tun, die wegen der Corona-Krise nur im Internet übertragen werden soll. „Wir sind unverschuldet in diese Krise geraten. Jetzt brauchen wir staatliche Unterstützung. Aber wir brauchen keine staatliche Geschäftsführung“, sagt er laut Manuskript.

Dabei bekommt Spohr Schützenhilfe aus der Politik. „Die Hilfen des Staates sind für die schnelle Überwindung der Krisen vorgesehen“, sagte der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, der Deutschen Presse-Agentur. Direkte Staatsbeteiligungen kämen „nur als absolute Ausnahme infrage“. Steiger betonte: „Hier muss der Staat von Beginn an verdeutlichen, dass er die jeweiligen Unternehmensbeteiligungen nur krisenbedingt eingegangen ist und in absehbarer Zeit wieder aussteigen wird.“

Steiger warnte, die Politik dürfe sich keinen dauerhaften Einfluss auf Unternehmen sichern. „Wenn jetzt Teile der Bundesregierung diese Anfrage nutzen wollen, um sich erheblichen Staatseinfluss auf dieses Unternehmen zu sichern, ist das ein seltsames Gebaren aus der Politik“, sagte der Chef des CDU-nahen Verbands.

Gewerkschaft Ufo auf Linie mit Lufthansa-Vorstand

Auch die Flugbegleitergewerkschaft Ufo stellte sich hinter den Vorstand. Ufo-Geschäftsführer Nicoley Baublies, einst selbst Mitglied im Kontrollgremium und oft ein scharfer Kritiker von Spohr, sagte der „Welt am Sonntag“: „Im operativen Geschäft bieten Staatsvertreter im Aufsichtsrat keinen Mehrwert.“ Der dpa sagte Baublies, solche Posten könnten schnell zur Symbolik verkommen. „Aufsichtsräte aus der Regierung ersetzen keine Vorgaben zu Kündigungsschutz, Mitbestimmung und weiteren wichtigen Punkten unseres Positionspapiers zur Staatsbeteiligung.“

Finanzpolster schwindet – Täglich etwa 25 Millionen Euro  Verlust wegen Stillstand

Das Dilemma des Konzerns ist groß: Von rund 760 Flugzeugen stehen etwa 700 am Boden, 3000 Flüge pro Tag sind gestrichen, mehr als 80.000 der insgesamt 130.000 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, statt 350.000 Passagieren täglich fliegen nun nur etwa 3000 mit der Lufthansa und ihren Konzerntöchtern. Derzeit verfügt die Lufthansa noch über mehr als vier Milliarden Euro Liquidität. Doch jede Stunde verliert sie aufgrund des Stillstands operativ eine Million Euro.

Aus Regierungskreisen hieß es zuletzt, die Gespräche dauerten an. „Wir sprechen mit der Bundesregierung und der KfW intensiv über Liquiditätshilfen für unser Unternehmen“, so Spohr. Doch die Bundesregierung ist nicht der einzige Ansprechpartner. Wegen der Töchter Austrian Airlines (AUA), Brussels Airlines, Swiss und Edelweiß muss Spohr auch mit den Regierung von Österreich, Belgien und der Schweiz reden.

Brüssel und Wien knüpfen Bedingungen an Kredite

Während es aus Bern bereits die Zusage für einen milliardenschweren Kredit gibt, dauern die Verhandlungen mit Wien an. Österreichs Finanzminister Gernot Blümel zeigte sich von den jüngsten Gesprächen, an denen auch Bundeskanzler Sebastian Kurz teilnahm, zufrieden. Er verlangt aber Zusicherungen und Garantien für das AUA-Drehkreuz Wien.

Auch die belgische Regierung fordere nicht nur solide Garantien für die Tochterfirma Brussels Airlines im Gegenzug für 290 Millionen Euro als Liquiditätshilfe, berichteten die Zeitungen „L’Echo“ und „De Tijd“ am Samstag. Ministerpräsidentin Sophie Wilmès habe in einem Brief an Spohr zudem eine detaillierte Wachstumsperspektive sowie bezifferbare Ziele zur Entwicklung des Brüsseler Flughafens als Drehkreuz angemahnt. Zur Debatte stehe auch eine Beteiligung des belgischen Staats mit einem möglichen Vetorecht bei der Unternehmenspolitik, etwa bei Reisezielen, so die Zeitungen weiter.

Linke und andere Interessenverbände fordern Bedingungen für Kredite

In Deutschland fordern die Linksfraktion im Bundestag und verschiedene NGOs, staatliche Kredite an Forderungen zu koppeln. „Steuermilliarden für die Lufthansa darf es nur gegen Zusagen beim Klimaschutz geben“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan am Sonntag. „Steigt die Bundesregierung jetzt bei der Lufthansa ein, muss sie auf Mitspracherecht bestehen und damit Inlandsflüge stoppen und eine Beimischungsquote für alternative Kraftstoffe durchsetzen.“

Der Linken-Haushaltspolitiker Victor Perli mahnte, eine Vereinbarung mit dem Bund müsse den Erhalt von Arbeitsplätzen sowie Klimaziele beinhalten. „Eine Umstrukturierung des Konzerns auf dem Rücken der Beschäftigten ist nicht zu akzeptieren. Die Lufthansa muss im Gegenzug zu den Staatshilfen ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden“, sagte Perli. (dpa/al)



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