„Spiegel“: Deutsche Autobauer trafen seit 90er Jahren geheime Absprachen

Die großen Autobauer haben anscheinend seit den 90er Jahren in geheimen Arbeitsgruppen über ihre Fahrzeuge gesprochen. In rund 60 Arbeitsgruppen stimmten sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler miteinander ab. Die Behörden ermitteln.
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Autos im Stau auf der Autobahn A3 bei Köln.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Epoch Times21. Juli 2017

Die deutsche Autoindustrie steht unter Kartellverdacht: Die großen Autobauer haben sich einem „Spiegel“-Bericht zufolge seit den 90er Jahren in geheimen Arbeitsgruppen über ihre Fahrzeuge abgesprochen und womöglich auf diese Weise den Weg für den Diesel-Abgasskandal geebnet.

Das Magazin berief sich am Freitag auf einen Schriftsatz, den Volkswagen bei den Wettbewerbsbehörden einreichte. Auch Audi, Porsche, BMW und Daimler sollen beteiligt gewesen sein.

VW: Wir äußern uns nicht zu Spekulationen des „Spiegel“

Dem Nachrichtenmagazin zufolge stimmten sich seit den 90er Jahren mehr als 200 Mitarbeiter der Unternehmen in über 60 Arbeitsgruppen ab. Dabei soll es um die Technik der Fahrzeuge, Kosten, Zulieferer, Märkte, Strategien und die Abgasreinigung der Dieselfahrzeuge gegangen sein. VW reichte den Schriftsatz demnach am 4. Juli des vergangenen Jahres ein.

Darin erklärt der Autobauer selbst, dass „der Verdacht“ bestehe, dass es zu „kartellrechtswidrigem Verhalten“ gekommen sei. Auch Daimler soll einen Schriftsatz eingereicht haben.

Die Autobauer wollten sich allesamt zu dem Bericht am Freitag nicht äußern. „Zu Spekulation und Sachverhaltsvermutungen auf Grundlage der ‚Spiegel‘-Berichterstattung äußern wir uns nicht“, erklärte ein VW-Sprecher. Der Konzern nahm damit auch für die Marken Audi und Porsche Stellung. Auch BMW und Daimler erklärten, die Spekulationen nicht zu kommentieren.

Bundeskartellamt gibt keine Auskünfte zu laufenden Verfahren

Das Bundeskartellamt erklärte, grundsätzlich zu laufenden Verfahren keine Auskünfte zu geben.

Ein Sprecher bestätigte aber erneut, dass es am 23. Juni 2016 – also knapp zwei Wochen vor dem mutmaßlichen Eingang des VW-Schriftsatzes bei der Kartellbehörde – in der Autobranche „eine Durchsuchungsmaßnahme im Bereich des Einkaufs von Stahl“ gegeben habe.

Damals waren unter anderem Büros der Autobauer Volkswagen, BMW und Daimler sowie des Zulieferers Bosch durchsucht worden.

Es soll um alle Bereiche der Entwicklung gegangen sein

Laut „Spiegel“ soll es bei den Absprachen zwischen den deutschen Autokonzernen um alle Bereiche der Entwicklung gegangen sein, um Benzin- und Dieselmotoren, Bremsen, Kupplungen und Getriebe. Die Hersteller besprachen demnach auch die Auswahl von Lieferanten, die Preise von Bauteilen und die Abgasreinigung ihrer Dieselfahrzeuge.

Vor dem Hintergrund des Dieselskandals wird damit deutlich, dass auf diese Weise die Grundlage dafür gelegt worden sein könnte. Dem Bericht zufolge stimmten sich die Autobauer seit 2006 darüber ab, wie groß die Tanks für das Harnstoffgemisch AdBlue sein sollten, mit dem Stickoxide in die harmlosen Bestandteile Wasser und Stickstoff aufgespalten werden.

Die Autohersteller verständigten sich dem Bericht zufolge auf günstigere kleine Tanks. Die darin enthaltene Menge AdBlue reichte später nicht mehr aus, um die Abgase ausreichend zu reinigen.

Özdemir: „Weiterer Tiefpunkt für die traditionsreiche deutsche Autobranche“

„Wenn sich der Kartellverdacht gegen VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler bewahrheitet, so wäre dies nach den Betrügereien rund um den Diesel ein weiterer Tiefpunkt für die traditionsreiche deutsche Autobranche“, erklärte Grünen-Chef Cem Özdemir.

Der „eigentliche Skandal“ sei aber, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) „die Betrügereien von Teilen der Autoindustrie“ nicht konsequent aufkläre und „seine schützende Hand über einen der größten Wirtschaftsskandale der Bundesrepublik“ halte.

Die Dieselaffäre war vor knapp zwei Jahren ins Rollen gekommen, als VW nach US-Ermittlungen einräumte, in Millionen von Fahrzeugen eine Schummelsoftware eingesetzt zu haben.

Diese sorgte dafür, dass der Schadstoffausstoß bei Tests durch die Behörden niedriger ausfiel als später auf der Straße. Auch andere Autobauer, darunter Daimler, sehen sich mit solchen Vorwürfen konfrontiert. (afp)



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