Tuifly-Aufseher beschließen Sparkurs

Die Demo half nichts, die Mehrheit des Aufsichtsrats ließ sich nicht mehr umstimmen: Die Flotte von Tuifly wird gegen den Widerstand der Belegschaft um mehr als die Hälfte verkleinert. Es stehen schwierige Gespräche über die Umsetzung bevor.
Titelbild
Flugbegleiter von Tuifly demonstrieren während der Aufsichtsratssitzung vor dem Gebäude der Tui Group in Hannover.Foto: Peter Steffen/dpa/dpa
Epoch Times18. Juni 2020

Bei Tuifly soll die Flotte um mehr als die Hälfte schrumpfen – mit entsprechenden Folgen für Jobs und Standorte. Der Aufsichtsrat der Tui-Konzernfluglinie bestätigte am Donnerstag (18.6.) mehrheitlich den vom Management vorgeschlagenen Sparkurs.

Nach Informationen der Gewerkschaft Verdi soll es wegen der Folgen der Corona-Krise künftig nur noch 17 Maschinen geben. Zur Zahl der akut bedrohten Arbeitsplätze gab es zunächst keine Angaben – zuletzt war von möglicherweise bis zu 900 Vollzeitstellen die Rede.

Tui hat bereits die Streichung von insgesamt 8000 Jobs angekündigt, vor allem im Ausland. Eine für die deutschen Konzerngesellschaften geltende Beschäftigungsgarantie bis Ende 2021 soll Bestand haben.

Arbeitnehmervertreter hätten zwar gegen die Kürzungspläne für Tuifly gestimmt, hieß es bei Verdi nach der Sitzung des Kontrollgremiums in Hannover. Am Ende habe sich aber die Kapitalseite durchgesetzt. Viele Beschäftigte, die aus ganz Deutschland zu einer Kundgebung anreisten, seien „mit der Stimmung am Boden“: „Es sind auch Tränen geflossen.“

Tuifly-Chef Oliver Lackmann trat am Abend vor die Mitarbeiter. Der Druck in der gesamten Luftverkehrs- und Touristikbranche sei angesichts des so gut wie ausgefallenen Geschäfts der letzten drei Monate so hoch, dass man jetzt handeln müsse. In einer schriftlichen Erklärung betonte der Manager anschließend: „Die Entscheidung macht sich niemand leicht. Aber die Tuifly-Flotte ist für die Kundenzahl unseres deutschen Tui-Reiseveranstalters zu groß.“ Aufgabe der Airline ist es vor allem, als Zubringer für Tui-Kunden zu agieren.

Konzernchef Fritz Joussen hatte schon im März gesagt, man müsse „das Geld zusammenhalten“. Auch bei anderen Fluglinien wie Condor oder Lufthansa dürften harte Kürzungen bevorstehen. Lackmann erklärte: „Die Corona-Pandemie hat im Airline-Sektor zu starken Verwerfungen geführt, insbesondere für die Ferienflieger.“ Laut Prognosen werde der Flugverkehr auch 2021 „deutlich unter dem Volumen des Jahres 2019 liegen“. Schon vor der Krise habe es zudem Überkapazitäten gegeben.

Die europäischen Airline-Marken von Tui sollen nun gebündelt werden. Hauptsitz bleibt Hannover. „Ein Abbau von Stellen ist bei Tuifly in der Technik, Verwaltung sowie bei Crews vorgesehen“, sagte Lackmann. Hannover und Düsseldorf sollen die wichtigsten Standorte sein, auch in Frankfurt, München und Stuttgart soll der Betrieb weitergehen. Laut Verdi soll die Technik in Hamburg komplett geschlossen werden. In Hannover sollen erhebliche Kürzungen bei der „base maintenance“ – also regelmäßigen, längeren Checks von Flugzeugen – bevorstehen.

„Wir wollen mit den Vertretern der Belegschaft zügig zu einer Einigung kommen“, so Lackmann. Die Gewerkschaften halten den Sparkurs aber für völlig überzogen. So wird befürchtet, dass Tuifly bei einer Rückkehr der Buchungen zu wenig eigene Kapazitäten habe und Maschinen von anderen Anbietern anmieten müsste. Sie verweisen zudem darauf, dass die Tui-Gruppe schon einen staatlichen Milliardenkredit im Kampf gegen die Umsatzrückgänge in der Corona-Krise erhält.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte diesen Umstand vor dem Hintergrund gleichzeitiger Einsparungen scharf kritisiert. Ihr Chef Markus Wahl sagte: „Es ist weder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch Politik und Gesellschaft oder den Kundinnen und Kunden zu vermitteln, dass mit dem Geld deutscher Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgerechnet der Abbau deutscher Arbeitsplätze finanziert werden soll.“ Betriebsräte waren das Tuifly-Management ebenfalls hart angegangen. Sie sehen die Lasten der Viruskrise teils als Vorwand: Der Konzern wolle von einer nicht hinreichenden Finanzausstattung etwa infolge zu hoher Dividendenzahlungen ablenken. (dpa)



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