Nur einstellige Zuwachsraten
Vor Trendwende? Zahl der Insolvenzen steigt langsamer
In der wirtschaftlichen Dauerstagnation verlieren viele Unternehmen ihre Finanzkraft. Die Zahl der Insolvenzen stieg im April weniger schnell als zuvor – nur 3,3 Prozent. Im Februar waren es noch fast 16 Prozent.

Manche Unternehmen geben angesichts der stagnierenden Wirtschaft auf.
Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland ist im April langsamer gestiegen als zuvor. Das Statistische Bundesamt verzeichnete 3,3 Prozent mehr angemeldete Insolvenzverfahren als im Vorjahreszeitraum.
Damit könnte der Höhepunkt der Pleitewelle erreicht sein. Fachleute rechnen jedoch für 2025 noch mit einem weiteren Anstieg der Pleiten, nachdem im vergangenen Jahr mit 21.812 Fällen ein Höchststand seit 2015 registriert worden war. Während der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auf 32.687 Fälle.
Der April 2025 ist der zweite Monat in Folge, in dem das Bundesamt nur noch eine einstellige Zuwachsrate im Vergleich zum Vorjahresmonat beobachtet. Davor hatte es sieben Monate mit zweistelligen Zuwächsen gegeben.
Die Verfahren fließen erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik ein, wie die Behörde betont. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liege oft annähernd drei Monate davor.
Anstieg um 15,9 Prozent im Februar
Im Februar, für den endgültige Daten vorliegen, schnellten die Zahlen deutlicher hoch: Demnach meldeten die Amtsgerichte 2.068 beantragte Firmeninsolvenzen – gut 15,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Forderungen der Gläubiger lagen bei rund 9,0 Milliarden Euro, nach etwa 4,1 Milliarden Euro im Vorjahresmonat.
Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es im Februar sechs Firmeninsolvenzen, die meisten in den Branchen Verkehr und Lagerei, Zeitarbeit und Gastgewerbe . Die Zahl der Verbraucherpleiten stieg anders als die der Unternehmensinsolvenzen nur leicht: um 4,8 Prozent auf 6.075 Fälle.
Die Liste der Probleme für Unternehmen ist lang: teure Energie, viel Bürokratie, politische Unsicherheit, Konsumzurückhaltung bei Verbrauchern.
Zudem sind Ausnahmeregeln ausgelaufen, mit denen der Staat versuchte, eine Pleitewelle durch die Corona-Pandemie und damalige politische Maßnahmen zu verhindern.
Leibnitz-Institut sieht neuen Rekord bei Insolvenzen
Nimmt man Personen- und Kapitalgesellschaften zusammen, hat die Zahl der Insolvenzen in Deutschland den höchsten Wert seit 20 Jahren erreicht, zeigen Daten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).
Demnach gab es im April 1.626 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften. Das seien 11 Prozent mehr als im Vormonat und 21 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Aprilzahlen überstiegen demnach sogar die Werte aus der Finanzkrise 2008/2009.
Ein Grund für die zuletzt höher als erwartet ausgefallenen Werte war ein ungewöhnlich hoher Anteil kleiner Insolvenzverfahren.
„Sofern der Anteil an kleineren Insolvenzverfahren sich nun wieder dem langjährigen Durchschnitt annähert, rechne ich für die kommenden Monate mit sinkenden Insolvenzzahlen“, sagt der Leiter der IWH-Insolvenzforschung, Steffen Müller. „Dennoch werden wir in Deutschland auf absehbare Zeit mehr Firmenpleiten erleben als im vorigen Jahr.“
Das Institut erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um zwei bis drei Monate vorauslaufen. Es werden monatlich Insolvenzbekanntmachungen ausgewertet und mit Bilanzdaten der Unternehmen verknüpft. (dpa/red)
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