Zu Unrecht abkassiert? – Entscheidung zu Bettensteuern

Vorreiter war Köln, viele haben es nachgemacht: Dutzende Städte verlangen von Reisenden eine Extra-Abgabe auf Übernachtungen. Hoteliers ist das ein Dorn im Auge. Ist die Bettensteuer verfassungswidrig?
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Das Bundesverfassungsgericht gibt am Dienstag bekannt, ob Städte von Übernachtungsgästen weiter eine Bettensteuer kassieren dürfen.Foto: iStock
Epoch Times17. Mai 2022

Citytax, Kulturförderabgabe, Beherbergungssteuer – der Name ist überall anders, das Grundprinzip gleich: In etlichen deutschen Städten werden Reisende fürs Übernachten extra zur Kasse gebeten.

Hoteliers aus Hamburg, Bremen und Freiburg wollen die Bettensteuern mit Klagen beim Bundesverfassungsgericht kippen. Am Dienstag (9.30 Uhr) veröffentlichen die Karlsruher Richter ihre Entscheidung. (Az. 1 BvR 2868/15 u.a.)

Warum kassieren Städte auf einmal eine Bettensteuer?

Das hat mit der Entlastung von Hotels bei der Mehrwertsteuer zu tun. Seit 2010 werden nur noch 7 statt 19 Prozent fällig – damals eine von mehreren umstrittenen Steuersenkungen für den großen Konjunkturschub, die in den öffentlichen Haushalten Milliardenlöcher rissen. Es dauerte nicht lange, bis Stadtkämmerer angesichts leerer Kassen eine neue Einnahmequelle ausgemacht hatten. Die Stadt Köln hatte 2010 als erste die Idee, von Übernachtungsgästen eine Abgabe zu kassieren. Seither haben etliche Städte das Modell aufgegriffen.

Wie verbreitet sind die Bettensteuern?

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat zuletzt Anfang 2019 nachgezählt – damals erhoben 30 Kommunen eine Bettensteuer, darunter Berlin, Flensburg, Schwerin, Münster, Erfurt und Dresden. An vielen anderen Orten gab es Versuche, die vor Gericht endeten. Nach den Dehoga-Angaben von vor drei Jahren wurden die Abgaben in ungefähr 60 Städten und Gemeinden „gerichtlich aufgehoben, ausgesetzt, politisch abgelehnt oder abgeschafft“.

Wie funktioniert die Bettensteuer?

Die Abgabe fällt zusätzlich zum eigentlichen Übernachtungspreis an. Viele Kommunen verlangen je Aufenthaltstag um die fünf Prozent. Manchmal muss auch ein fester Betrag abgeführt werden, zum Beispiel drei Euro pro Nacht. In Hamburg ist die Höhe nach dem Übernachtungspreis gestaffelt. Für Kinder gibt es oft eine Ausnahme. „Beruflich zwingende“ Übernachtungen dürfen seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2012 nicht mehr besteuert werden. Damit betrifft die Abgabe hauptsächlich Touristen und Leute, die privat unterwegs sind. Für das Eintreiben ist die Unterkunft zuständig.

Warum wehren sich die Hotels?

Die Branche sieht sich einseitig benachteiligt. Der Dehoga weist darauf hin, dass vom Tourismus noch viele andere profitieren würden, etwa der Einzelhandel. „Eine isolierte Belastung der Hotellerie ist daher inhaltlich nicht zu rechtfertigen.“ Die Steuer mache vor allem den kleinen und mittleren Hotels zu schaffen: Diese würden die Abgabe oft selbst zahlen, um ihre Gäste nicht damit belasten zu müssen. Der Verband kritisiert außerdem den bürokratischen Aufwand.

Welche Kritik gibt es noch?

Auch der Autofahrerclub ADAC lehnt die Bettensteuern ab. Anders als bei der Kurtaxe und der Fremdenverkehrsabgabe sei hier nicht sichergestellt, dass das Geld dem örtlichen Tourismus zugutekomme: „Wofür die Bettensteuer eingesetzt wird, ist nicht transparent.“ Der Bund der Steuerzahler bemängelt, dass in der Praxis oft nicht sauber geprüft werde, wer wirklich dienstlich unterwegs ist und wer privat.

Wie sind die Bettensteuern rechtlich zu bewerten?

Der Bundesfinanzhof hält die Hamburger Kultur- und Tourismustaxe und die Citytax in Bremen und Bremerhaven für verfassungsgemäß. Insbesondere seien die Abgaben nicht mit der Umsatzsteuer vergleichbar, heißt es in zwei Urteilen von 2015. Das ist ein zentraler Punkt, denn laut Grundgesetz dürfen die Länder nur örtliche Aufwandsteuern kassieren, „solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind“. Die Freiburger Übernachtungssteuer wurde von den Verwaltungsgerichten gebilligt. Gegen diese Urteile richten sich nun die Verfassungsbeschwerden. (dpa/red)



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