Zweifelhafte Berechnung der Inflation – das ‚Aus‘ für die Geldpolitik der EZB?

Vertraue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, lautet ein bekanntes Sprichwort. Anleihenkäufe und Niedrigzinsen der EZB jedenfalls haben keine Grundlage mehr, wenn man die Berechnung der Inflationsrate etwas genauer unter die Lupe nimmt, meint Gunther Schnabl.
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Gunther Schnabl sprach sich auf der Konferenz der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management für eine geänderte Berechnung der Inflationsrate aus. Damit wäre der Europäischen Zentralbank der Boden für Niedrigzinsen und Anleihenkäufe entzogen.Foto: iStock
Von 24. November 2019

Wie schlecht ist die Kaufkraft des Verbrauchers eigentlich wirklich? Grundsätzlich gilt: Je höher die Inflation, desto geringer ist die Kaufkraft. Für die Eurozone beträgt die Inflation für das dritte Quartal 2019 rund 0,9 Prozent in der Eurozone und 1 Prozent für Deutschland.

Die meisten haben jedoch oftmals das Gefühl, die Inflation wäre höher. Und damit mögen sie Recht haben. Nach dem aktuellen Flossbach Vermögenspreisindex jedenfalls ergäbe sich eine höhere Inflation. Der Vermögenspreisindex misst die Verteuerung von Sach- und Finanzvermögen wie Immobilien, Betriebsvermögen, Rentenwerte, Aktien und Gold.

Im Vergleich zum 3. Quartal 2018 beträgt die Vermögenspreisinflation 2,9 Prozent. Verglichen mit dem Verbraucherpreisindex ist das viel. Der Preisanstieg ist dabei im Wesentlichen auf die Verteuerung von Immobilien zurückzuführen, wie die Analyse des Institut Flossbach ergab.

Immobilieneigentum führt zu höherer Inflation

Der Vermögenspreisindex ist eine alternative Berechnung zum Verbraucherpreisindex. Allein auf letzterem basiert die Berechnung der Inflation der Europäischen Zentralbank (EZB). Der Verbraucherpreisindex hat allerdings einen Haken. Die Kosten für Immobilieneigentum werden nicht berücksichtigt, nur Mieten.

In den USA werden Kosten für Immobilieneigentum schon seit längerem berücksichtigt. Die „offizielle Euro-Inflationsrate“ wäre bei analoger Berechnung merklich höher, berichtete Oswald Metzger in einem Gastbeitrag bei Tichy’s Einblick im vergangenen Jahr.

Sinkende Mieten im Verbraucherpreisindex – ein Irrtum?

Hinzu kommt: Die Wohnkosten sind im Warenkorb des Verbraucherpreisindexes aktuell vielleicht sogar zu niedrig angesetzt. Bei der letzten Anpassung im Februar 2019 wurde die Nettokaltmiete nämlich sogar noch auf 19,6 Prozent verringert, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die gesamten Wohnkosten sind mit 32,5 Prozent angesetzt. Die Preußische Allgemeine berichtete zuvor darüber.

Der Mieterbund allerdings dürfte dies anders sehen. So hieß es in einer Pressemitteilung:

Schon 2017 mussten Mieter in Deutschland 29 Prozent ihres Einkommens für die Miete zahlen. Bei Einpersonenhaushalten lag die Wohnkostenbelastung bei 34 Prozent und bei einkommensschwächeren Haushalten (…) sogar bei 46 Prozent.

Muss da nicht etwas geändert werden?

Bei höherer Inflation würden der EZB die Grundlage für Niedrigzinsen und Anleihenkäufe entzogen werden, wie Gunther Schnabel, Leiter des Instituts für Wirtschaftspolitik der Universität Leipzig, auf der ersten Konferenz der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management mitteilte. Eine der Kernfragen lautete:

Viele Jahre hat die EZB ihr Inflationsziel von knapp 2 Prozent nicht erreicht, trotz der sehr lockeren und vor allem in Deutschland hart kritisierten EZB-Geldpolitik mit Staatsanleihekäufen und Minuszinsen. Muss da nicht etwas geändert werden?“

Schnabel rät der EZB, Preise von Vermögenswerten in die Analyse einzubeziehen. Aufgrund stark steigender Vermögenspreise von Grundstücken dürfte die Inflationsrate somit wesentlich höher sein. Die EZB allerdings sieht sich dazu aktuell aber nicht in der Lage. Probleme sieht sie in der Methodik und Aktualität der Wohnungsdaten.

Das Ende der expansiven Geldpolitik!

Werden die Vermögenspreise einbezogen, würde dies laut Schnabel das Ende der expansiven Geldpolitik bedeuten. Die EZB bräuchte keine Anleihen mehr zu kaufen und die Minuszinsen müssten auch korrigiert werden. Schnabel empfiehlt, die Zinsen auf 5 Prozent zu steigern. Pro Jahr soll der Zinssatz um 25 Basispunkte angehoben werden.

Das würde Unternehmen zu internen Strukturanpassungen zwingen. Banken müssten Bilanzen säubern und der Staat müssten seine Ausgaben überdenken.

Gunther Schnabel beanstandet auch, dass in die aktuelle Inflationsberechnung zwar Qualitätssteigerungen bei Gütern und Dienstleistungen preissenkend einbezogen werden, Qualitätsverschlechterungen aber nicht preiserhöhend berücksichtigt werden.

Er vertraut aber nicht darauf, dass Statistiker das abbilden können. So findet er es besser, wenn Qualitätsveränderungen gar nicht berücksichtigt werden. Entsprechende Berechnungen für die USA, die dasselbe Problem haben, ergeben eine um 3 Prozent höhere Inflation, wie die Preußische Allgemeine berichtete.

Illegale Staatsfinanzierung?

Werden die Zahlen vielleicht absichtlich niedrig gerechnet, um illegale Staatsfinanzierung betreiben? Ex-Notenbanker haben das in der Vergangenheit jedenfalls vermutet.

Klar sein dürfte auch nach Tichys:

Nichts [ist] so fragwürdig wie die amtliche Inflationsmessung. (…) Die amtlichen Inflationsstatistiken sind Fake-News. Die gefühlte Inflationsrate liegt nicht nur fiktiv, sondern tatsächlich deutlich höher.“



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