Wenn der Traum vom Christkind platzt

Experten raten: Kinder rechtzeitig über Weihnachtsmann aufklären
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DerWeihnachstmann weiß genau Bescheid über gute und schlechte Taten seiner Erdenkinder. (AP Photo/Sven Kaestner)
Epoch Times21. Dezember 2006

Eltern sollen laut Expertenrat ihren Kindern rechtzeitig die Wahrheit über den Weihnachtsmann erzählen. „Am besten, bevor sie von anderen Kindern die Wahrheit erfahren“, sagt der Hamburger Erziehungswissenschaftler Peter Struck der „Hamburger Morgenpost“. Die Aufklärung durch die Eltern sei besser, als von anderen Kindern bloßgestellt zu werden, betonte der Wissenschaftler.

Doch das kann mitunter ganz schön schwer fallen. Christkind oder Weihnachtsmann, kaum ein Kind könnte sich das heilige Fest ohne diese prickelnde, mitunter auch Furcht einflößende Zutat vorstellen. Fragen über Fragen müssen Eltern oder Erzieher schon Wochen vorher beantworten. Kommt das Christkind auch zu uns? Wie kommt es vom Himmel herunter? Weiß es tatsächlich, was sich jedes Kind gewünscht hat? Oder, hat der Weihnachtsmann wirklich die Namen aller Kinder, zusammen mit deren guten und schlechten Taten, in einem goldenen Büchlein niedergeschrieben? Wer möchte da nicht mit eintreten in die Traumwelt und das feine Netz der noch zarten Kindergedanken mitspinnen helfen. Zu schnell könnte man wieder in der im Vergleich doch etwas kühlen „realen“ Welt landen.

Bräuche und Geschichten regen die Fantasie der Kinder an, machen das Fest zu einem Geheimnis. Die Erwachsenen erinnern sich oft wehmütig an eigene Kindheitsempfindungen. Ist die Welt damals nicht reiner und schöner gewesen? Etwas davon will man seinen Kindern mitgeben. Die heute 35-jährige Senta etwa erinnert sich, wie stürmisch und auch eher jungenhaft sie einmal war. Die kleine Schwester galt als artig. Das alles wusste natürlich der Weihnachtsmann, der alljährlich in dem kleinen Bekleidungsgeschäft am Ort zu finden war. „Mutter hatte uns schon vorbereitet auf das Buch“, erzählt sie, „in dem alles geschrieben stand, was er, der doch das ganze Jahr über Zeit gehabt hatte zu beobachten, über die kleinen Seelen herausgefunden hatte.“ Und da er doch vom Himmel aus den besten Überblick über alles Geschehen auf der Erde haben musste, wie also konnte er fehlgehen. Dann die Rute: Mutter hatte Senta alles erklärt, die Rute war hauptsächlich für die frechen Jungs gedacht, aber auch Senta müsse in jedem Fall gefasst sein und sich der gerechten Strafe stellen. Hatte sie sich doch gegenüber der Schwester öfter recht garstig benommen.

So kam es wie es kommen musste. Der Nikolaus wusste Bescheid, drohte einmal mit der Rute, fand in seinem Büchlein alles Wichtige, natürlich, und Senta gelobte sich zu bessern. Selig ging sie mit ihrem kleinen Geschenk nach Hause, fast ein wenig triumphierend gegenüber der kleinen Schwester, die doch nur brav sein konnte. Was hätte der Weihnachtsmann überhaupt für ein Interesse haben können, von der Braven irgendetwas in sein Buch einzutragen. „Dass das alles nur gespielt war“, erinnert sich Senta lachend, „war mir schon bewusst.“ Trotzdem, der Nikolaus hatte ins Schwarze getroffen und das nervenkitzelnde Geheimnis blieb gewahrt.

Struck zufolge glauben Kinder „mindestens bis zum Alter von drei bis vier Jahren an den Weihnachtsmann“. Mit fünf oder sechs Jahren würden sie dann etwa in der Schule von anderen Kindern erfahren, dass der Weihnachtsmann eine Erfindung ist. Eltern sollten den Kindern daher zeitig klarmachen, dass der Weihnachtsmann ein Symbol sei. „Er steht für einen Instanz, die darüber wacht, ob ein Kind sich gut verhält und deshalb auch viele Geschenke verdient hat“, sagte Struck.

Elvira, heute um die 40 Jahre, erzählt: „Die Mutter hatte verlauten lassen, zu Weihnachten würde ein richtiges Christkind kommen. Ich glaubte daran, und dann auch wieder nicht. Es war ein Spiel, das wir dann aber so souverän spielten, dass es in dem Moment echt war und uns faszinierte. Wie zwei Welten, einmal die reale und einmal diese, doch nicht minder wichtige Zauberwelt.“

Abends waren die beiden Mädchen schon ganz aufgeregt, man hatte ein kleines Glöckchen gehört. Jetzt war es also ganz sicher, ein Christkind würde kommen. Wenig später ging die Tür auf und Mutter tat geheimnisvoll. Wir setzten uns hin und machten keinen Mucks mehr. Herein trat eine leuchtend weiße Gestalt, wie schön sie war. Elvira schwärmt: „Mit Engelsstimme und ohne einen einzigen Fehler sang ich das ‚Ihr Kinderlein kommet‘. Der Vorhang war gefallen, die Bühne in zartes Licht getaucht, es war uns ernst.“ Die Schwester, ebenso feierlich, habe gesungen: „Fuchs, Du hast die Gans gestohlen…“, ein Weihnachtslied war ihr in der Aufregung nicht eingefallen. Darüber gelacht hat man erst später beim gemütlichen Teil des Abends.

Am nächsten Morgen dann des Rätsels Lösung. Elviras Mutter ließ verlauten, wer das Christkind gespielt hatte, nämlich die um einige Jahre ältere Nachbarstochter. Dieses überraschende Detail war für Elvira, die darauf hin anfing die Tochter des Nachbarn fast zu vergöttern, ein freudiges Ereignis. Wenn man die als Freundin hätte, die so toll Christkind spielen konnte.

Weniger glimpflich ging es bei der gleichaltrigen Freundin Helga ab, die erfuhr nämlich nicht von der eigenen Mutter, sondern von Elvira, dass das Christkind gar kein wirkliches wahres Christkind war, sondern nur die Nachbarin. Für Helga brach eine kleine Welt zusammen, sie heulte und wollte der besten Freundin nicht glauben und nicht verzeihen. Helgas Mutter blieb kein Ausweg, als immer wieder zu beteuern, Elvira läge falsch und das Christkind wäre doch echt gewesen. Elvira erinnert sich noch deutlich an die ganze Tragödie: „Zuerst war ich schon ein wenig beleidigt, dass Helga mir nicht glaubte. Dann aber wurde mir bewusst, ich hätte meinen Mund halten sollen. Ich nahm also alles zurück und ließ meiner Freundin erst einmal ihren Glauben an das Christkind.“

(jel/ap)



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