Balzan 2008: Noble Preise, aber kein Nobelpreis

Eine Million Schweizer Franken pro Balzan-Preis – Interview mit dem Ausgezeichneten Ian Frazer
Titelbild
(Marcello Forresti/Balzan Stiftung)
Epoch Times4. Dezember 2008

Sie sind fast so gut dotiert wie der Nobelpreis, im Vergleich jedoch wenig bekannt – die Preise der italienisch-schweizerischen Balzan-Stiftung. Aus dem Nachlass von Eugenio Balzan, einem legendären Zeitungsmacher des 20. Jahrhunderts beim „Corriere Della Sera“ finanziert, werden sie an Wissenschaftler mit herausragenden Leistungen vergeben. In diesem Jahr an den Italiener Maurizio Calvesi für die Bildenden Künste ab 1700, an Wallace Broecker aus den USA für seine Klimaforschungen und an Thomas Nagel (ebenfalls USA) für seine Erkenntnisse im Bereich der Moralphilosophie sowie den Australier Ian Frazer für seine Forschungen an einem Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs.

Im Epoch Times-Interview sprach  Ian Frazer über Moral in der Wissenschaft, die Unausweichlichkeit von Krankheiten und darüber, dass ihn seine Kinder wohl öfter im Fernsehen sehen als zuhause.

Epoch Times: Es sieht so aus, als würden Krankheiten zum menschlichen Dasein dazugehören.

Ian Frazer: Ja. Und auch zum Dasein anderer Organismen. Wenn Sie ein Käfer sind, können Sie auch von anderen Organismen befallen werden. Bei jedem Organismus gibt es Parasiten, die, wenn Sie so wollen, einen besseren Platz zum Leben suchen (lacht). Wir Menschen sind ein recht komplexer Organismus, weshalb die unterschiedlichsten Dinge auf und von uns leben wollen.

Epoch Times: Was denken Sie über die Gefahr von Pandemien, wie etwa der Vogelgrippe, ist das eine aktuelle Bedrohung?

Frazer: Wir werden immer damit leben müssen. Die meisten Menschen in Ihrem und meinem Alter haben in ihrem ganzen Leben keine Grippe-Pandemie erlebt. Die letzte solche große Grippe-Pandemie fand im Jahr 1956 statt, also drei Jahre nach meiner Geburt. Wenn Sie sich die Zahl der Steuerzahler in China ansehen – über sie gibt es ja weit zurückreichende Aufzeichnungen – dann sehen Sie, dass diese nach einer Wachstumsperiode alle 60 bis 80 Jahre dramatisch abgenommen hat. Es ist ziemlich sicher, dass hier pandemische Grippewellen zu dieser Verringerung der Menschenzahl, von der Steuern eingetrieben werden konnte, geführt hat. Wir werden weitere Pandemien haben. Das Virus, das die Grippe verursacht, kann sich sehr schnell verändern.

Epoch Times: China hat den Milchskandal genauso zu vertuschen versucht wie SARS. Ist das für uns alle ein Problem?

Frazer: Die chinesischen Behörden werden Schritt für Schritt begreifen, dass man ein Problem nicht verstecken kann.

Epoch Times: Sind solche Skandale ein systemimmanentes Problem?

Frazer: Es gibt auch andere Länder als China, in denen Nachrichten unterdrückt werden. Es gibt Arten, Unternehmen zu führen, die das Verheimlichen von Problemen fördern. Es gibt auch Arten, Forschungsinstitute zu führen, die ein solches Verheimlichen fördern. Vertrauen kommt von Fachkenntnis und Bildung. Wenn man Fachwissen, Bildung und eine gute Führung hat, dann bekommt man Vertrauen. Sobald Vertrauen da ist, wird es nicht mehr so wichtig, Probleme zu verheimlichen. Aber es braucht auch Bildung.

Das Interessante am Melamin-Skandal ist, dass es schon zuvor die gleichen Probleme mit chinesischem Tierfutter in den USA gab. Das lässt vermuten, dass es hier die Denkweise gibt, es sei in Ordnung, anderen Menschen so etwas anzutun. Das kommt nicht von der Führung, sondern den Gedanken des einzelnen.

Epoch Times: Sie haben 2006 den Titel „Australier des Jahres“ verliehen bekommen. Was sagt Ihre Familie dazu, dass Sie all diese Preise gewinnen? Sehen Ihre Kinder Sie denn überhaupt noch?

Frazer: Oh, sie sehen mich wahrscheinlich öfter im Fernsehen als zuhause. Das Leben eines Forschers ist das von jemandem, der sehr oft fort ist von zuhause. In dem Jahr, in dem ich „Australier des Jahres“ war, bin ich sogar weniger gereist als sonst, da ich die meiste Zeit in Australien war.

Diese Zeit hat meinen Kindern schon gefallen, da sie zu all den interessanten Parties eingeladen wurden und auch im Fernsehen aufgetreten sind. Wenn man so einen Preis bekommt, wird das Familienleben zu einer öffentlichen Domäne. Eines Tages habe ich bemerkt, dass einer meiner Söhne bei einem Vortrag von mir in einer der letzten Reihen saß. Und zwei von ihnen haben ihre ursprünglichen Karrierepläne geändert und werden nun Ärzte. Ob das an meinen Vorträgen lag, weiß ich allerdings nicht (lacht).
Ich finde es schön, dass ich Ihnen etwas weitergeben konnte. In der Wissenschaft sind gute moralische Prinzipien wichtig. Man muss daran glauben, dass das, was man macht, sinnvoll ist.

Epoch Times: Danke für das Gespräch.

Das Interview führte
Florian Godovits.

(Marcello Forresti/Balzan Stiftung)
(Marcello Forresti/Balzan Stiftung)


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