Ein kleines Körnchen Mondstaub, ein großer Schritt für die Wissenschaft

Eine neue Technik zur Analyse von Mondgesteinen ermöglicht es Wissenschaftlern, die begrenzten Bodenproben genauer zu untersuchen denn je. Selbst ein einziges Körnchen Mondstaub kann Atom für Atom neue Erkenntnisse offenbaren.
Hochauflösende Bilder des Mondes reichen nicht, um den Mondstaub zu analysieren.
Hochauflösende Bilder des Mondes reichen nicht, um den Mondstaub zu analysieren. Hier eine Aufnahme, die mit einem Teleskop Celestron C8 10" und 2x Barlow gemacht wurden.Foto: iStock
Von 10. Februar 2020

Im Jahr 1972 schickte die NASA ihr vorerst letztes Astronautenteam mit der Apollo-17-Mission zum Mond. Diese Astronauten brachten einen kleinen Teil des Mondes zurück zur Erde, damit Wissenschaftler in ihren Laboren den Mondstaub untersuchen konnten. Da die Menschen seit fast 50 Jahren nicht mehr den Mond betreten haben, ist jede Mondprobe wertvoll.

Forscher der Universität und des Field Museums in Chicago haben eine neue Methode gefunden, die Chemie des Mondbodens anhand eines einzigen Staubkorns zu analysieren. Ihre Technik kann helfen, neues Wissen über die Bedingungen auf der Mondoberfläche zu erlangen. Außerdem verrät sie mehr über die Bildung wertvoller Ressourcen wie Wasser und Helium. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift Meteoritics & Planetary Sceince.

Philipp Heck: „Es ist fast garantiert, dass Sie etwas Neues oder Unerwartetes finden“

„Wir analysieren Gesteine aus dem Weltraum, Atom für Atom“, sagt Jennika Greer, Erstautorin der Studie und Doktorandin am Field Museum und an der Universität von Chicago. „Es ist das erste Mal, dass eine Mondprobe auf diese Weise untersucht wird. Wir verwenden eine Technik, von der viele Geologen noch nicht einmal gehört haben.“

„Wir können diese Technik auf Proben anwenden, die noch niemand untersucht hat“, fügt Philipp Heck, Kurator am Field Museum, hinzu. „Es ist fast garantiert, dass Sie etwas Neues oder Unerwartetes finden werden. Diese Technik hat eine so hohe Empfindlichkeit und Auflösung, dass man Dinge findet, die man sonst nicht finden würde, und nur einen kleinen Teil der Probe verbraucht“.

Die Technik heißt Atomsonden-Tomographie (APT) und wird normalerweise von Materialwissenschaftlern verwendet, die an der Verbesserung industrieller Prozesse wie der Herstellung von Stahl und Nanodrähten arbeiten. Ihre Fähigkeit, winzige Mengen von Materialien zu analysieren, macht sie jedoch zu einer vielversprechenden Variante für die Untersuchung von Mondproben.

Eine Mondstaub-Karte im Nanomaßstab

Die Proben von Apollo 17 enthalten 111 Kilogramm Mondgestein und -staub. Nicht sehr viel, daher müssen die Forscher sie klug einsetzen. Für Greers Analyse war nur ein einziges Staubkorn erforderlich, das ungefähr so breit ist wie ein menschliches Haar. In diesem winzigen Korn identifizierte Greer unter anderem reines Eisen, Wasser und Helium. Die Gewinnung dieser Ressourcen aus dem Mondboden könnte künftigen Astronauten helfen, ihre Aktivitäten auf dem Mond aufrechtzuerhalten.

Um das winzige Korn zu untersuchen, benutzte Greer einen fokussierten Strahl geladener Atome. Damit schnitzte sie „wie bei der Holzbearbeitung“ eine winzige, superscharfe Spitze in die Oberfläche. Diese Spitze war nur wenige hundert Atome breit – zum Vergleich: ein Blatt Papier ist hunderttausende von Atomen dick. „Wir können den Ausdruck Nano-Schreinerei verwenden“, sagt Philipp Heck. „So wie ein Zimmermann Holz formt, so machen wir es im Nanomaßstab mit Mineralien.“

Ein winziges Körnchen Mondstaub der Apollo-17-Mission unter einem Rasterelektronenmikroskop.

Ein winziges Körnchen Mondstaub der Apollo-17-Mission unter einem Rasterelektronenmikroskop. Foto Jennika Greer, Field Museum Chicago

Nach dem Schneiden der Spitze, bestrahlte Greer den Mondstaub mit einem Laser, um nacheinander einzelne Atome abzuschlagen. Von der Probe wegfliegende Atome landeten schließlich auf einer Detektorplatte. Dabei brauchen schwerere Elemente wie Eisen länger, um den Detektor zu erreichen als leichtere Elemente. Schließlich rekonstruierte Greer die Daten dreidimensional, um eine 3D-Karte des Mondstaubs im Nanomaßstab zu erstellen.

Hohe Erwartungen an künftige Untersuchungen

Es ist das erste Mal, dass Wissenschaftler sowohl die Art der Atome als auch ihre genaue Position in einem Fleck des Mondbodens sehen können. Obwohl APT eine bekannte Technik in der Materialwissenschaft ist, hatte noch nie jemand versucht, sie für Mondproben zu verwenden. „Es ist großartig, um kleine Mengen wertvoller Proben umfassend zu charakterisieren“, sagt Greer.

„Wir haben diese wirklich aufregenden Missionen wie Hayabusa2 und OSIRIS-REx, die bald zur Erde zurückkehren – unbemannte Raumschiffe, die winzige Stücke von Asteroiden sammeln. Diese Technik sollte auf jeden Fall auf das, was sie zurückbringen, angewendet werden, weil sie so wenig Material verbraucht, aber so viele Informationen liefert.“

Da Greer lediglich eine Spitze in Nanogröße in den Mondstaub „bohrte“, ist ihr ursprüngliches Mondstaubkorn weiterhin für zukünftige Experimente verfügbar. Das bedeutet, dass neue Generationen von Wissenschaftlern neue Entdeckungen und Vorhersagen aus derselben kostbaren Probe machen können.

„Vor fünfzig Jahren hat niemand damit gerechnet, dass jemand jemals eine Probe mit dieser Technik und nur mit einem winzigen Stückchen eines Korns analysieren würde“, sagt Heck. „Tausende solcher Körner könnten sich auf dem Handschuh eines Astronauten befinden, und es wäre genügend Material für eine große Studie.“

(Mit Material der Universität und des Naturkundemuseums Chicago)



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