Forscher testen neue Methoden zur Auswilderung

Worauf muss geachtet werden, wenn eine in einem Gebiet ausgestorbene Spezies wieder ausgewildert wird? Welche Lektionen können wir aus der Vergangenheit lernen? Britische Forscher setzten sich bei der Wiedereinführung des eurasischen Kranichs (Grus grus) in England vor allem mit den dabei auftretenden Krankheitsrisiken auseinander.
Titelbild
Zwei Forscher bei der Erhebung von Daten an einem Kranichnest. Die Untersuchung dient der Erhaltung bzw. Wiedereinführung der Kraniche. (Scott Hereford/USFWS)
Von 17. Mai 2012

Bemühungen zur Erhaltung und Wiedereinführung von Wildtieren und Vögeln in Großbritannien können Probleme verursachen. Diese betreffen vor allem Erkrankungen der einheimischen sowie der eingeführten Population.

Forscher der Zoological Society of London (ZSL) gingen dieses Problem an durch die Entwicklung einer neuen Methode, mit der Risiken für den Ausbruch einer Seuche in jeder Phase des Prozesses analysiert werden können.

Wilde Tiere umzusiedeln, wird bei der Erhaltung wild lebender Populationen wahrscheinlich immer gebräuchlicher, wenn diese durch das Schwinden ihres Lebensraumes – verursacht durch den Menschen oder den Klimawandel – bedroht werden.

In der Vergangenheit hatte die Einführung von nicht einheimischen Spezies katastrophale Auswirkungen auf das Leben in der freien Natur. Ein klassisches Beispiel war die Einführung des nordamerikanischen Grauhörnchens im späten 19. Jahrhunderts, das eine Krankheit einschleppte, die das britische rote Eichhörnchen dezimierte.

Um die Wahrscheinlichkeit des Ausbruchs einer Krankheit zu ermitteln, wenn Wildtiere aus Gründen des Tierschutzes umgesiedelt werden, passten die Forscher ihre Methode der Krankheiten-Risiko-Analyse der Methode für die Umsiedlung von Haustieren an. Diese Risikoanalyse ist ähnlich der, die dazu benutzt wird, Risiken für den Menschen abzuschätzen, die von Autounfällen oder Radioaktivität ausgehen.

Parasiten, die von den eingeführten Tieren übertragen werden und die Parasiten der einheimischen Population stellen bei der Umsiedlung potentielle Risiken dar, da beide Populationen mit Krankheiten in Berührung kommen können, gegen die ihr Immunsystem keine Abwehrkräfte besitzt. Der Stress durch das Einfangen und Transportieren kann die Gesundheit der Tiere ebenfalls beeinträchtigen.

Um ihre Methode zu testen, bewerteten die Forscher die Risiken für eine Umsiedlung des wild lebenden eurasischen Kranichs (Grus grus) von Deutschland nach England. Dies war ein Teil des Großen Kranichprojektes, das von der Wildfowl & Wetlands Trust (WWT), der Royal Society zum Schutz von Vögeln und der Pensthorpe Conservation Trust verwirklicht wurde. Bis vor 400 Jahren waren Kraniche in Großbritannien weit verbreitet, als die Trockenlegung der von ihnen bevorzugten Feuchtgebiete, die Jagd auf die großen Schreitvögel und das Sammeln ihrer Eier schließlich zu deren Aussterben führte.

Eine kleine Population wilder Kraniche ließ sich in den Achtzigerjahren wieder in den Norfolk Broads (einer Fluss- und Seenlandschaft nordöstlich von London in der Grafschaft Norfolk) nieder. Derzeit bemühen sich die Mitarbeiter des Großen Kranichprojekts, in den Ebenen von Somerset eine stabile Population mit Vögeln aus Deutschland einzuführen.

Nach der Analyse der Parasiten, die von der Ursprungspopulation in Deutschland beherbergt werden, von gefangen gehaltenen Kranichen aus England und von der wild lebenden kleinen Kranichpopulation in Norfolk identifizierte das Team des ZSL 24 potentielle Krankheitsgefahren.

Diese Gefahren wurden dann mithilfe der Risikobewertungsmethode eingeschätzt, um festzustellen, ob sie eine Bedrohung darstellen. Ein hochgradig gefährliches, identifiziertes Risiko waren Kokzidien, die in der Regel nur in den Zellen höherstehender parasitär leben und fünf durchschnittlich gefährliche Risiken, darunter das Geflügelpestvirus, Fadenwürmer, eine Bakterienart und Pilz.

Tony Sainsbury, der Hauptautor, betonte in einem Statement: „Die grundlegende Schwierigkeit bei der Analyse von Risikokrankheiten während der Überführung von wilden Tieren ist, dass wir bis jetzt nur ungenügende Informationen über die Menge, Identität,  Verteilung und Ansteckungsfähigkeit dieser Parasiten haben. Dazu sind noch weiterere Forschungen nötig. Inzwischen ist die nachträgliche Gesundheitsüberwachung der Vögel äußerst wichtig.“

Die Ergebnisse der Analyse (sie wurde vor Kurzem online im Journal Conservation Biology veröffentlicht) wurden beim Großen Kranichprojekt berücksichtigt. Der Projektseite ist zu entnehmen, dass seit 2010 in den Feuchtgebieten von Somerset ca. 40 Vögel wieder eingeführt wurden.

in jedem Frühling werden in Deutschland Eier von wild lebenden Kranichen gesammelt und zum WWT Slimbridge Wetland Centre transportiert. Nach dem Schlüpfen besuchen die Küken die „Kranich-Schule“, in der sie von ihren engagierten menschlichen Lehrern alles lernen, um in der Freiheit überleben zu können. Wenn sie ca. fünf Monate alt sind, werden sie nach Somerset transportiert und in die Wildnis entlassen. in diesem Jahr haben die Küken gerade mit dem Schlüpfen begonnen.

„Dieses Projekt hat gezeigt, dass uns eine praktikable Methode zur Verfügung steht, um das Risiko von Krankheiten zu bewerten, bevor die Überführungen stattfinden. Das ist wichtig, um Katastrophen zu vermeiden wie jene, durch die das rote Eichhörnchen in England fast ausgerottet wurde“, fasste Sainsbury zusammen.

Die neue Methode wird bereits im Natural England Species Recovery Programme angewandt.



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