Helme aus Kinderschädeln: Rätsel um 2000 Jahre alte Kleinkind-Gräber aus Ecuador

"Es ist nicht nur beispiellos, es gibt auch noch so viele Fragen", sagte die untersuchende Anthropologin über diesen makaberen Fund. In Salango fanden die Forscher zuvor zwei Kleinkinder, die "Schädel-Helme" anderer Kinder trugen.
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Bizarrer Fund aus Ecuador: Kleinkinder mit Helmen aus den Schädeln anderer Kinder entdeckt.Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Sara Juengst
Epoch Times22. November 2019

Es ist ein ungewöhnlicher Anblick, dem sich das Team um Richard Lunniss, Archäologe der Universidad Tecnica de Manabi, an einem Ort namens Salango an der Zentralküste Ecuadors bot. In zwei Grabhügeln aus einer Zeit um 100 v. Chr. entdeckten die Forscher die Bestattung von elf Personen, darunter auch die von zwei Kleinkinder mit ungewöhnlichem Kopfschmuck.

Wie die Archäologen herausgefunden haben, trugen die Kleinkinder „Helme“ aus den Schädeln anderer Kinder. Nun veröffentlichten die Forscher einige Details zu den 2014 bis 2016 ausgegrabenen bizarren Bestattungen der Guangala-Kultur in der Zeitschrift Latin American Antiquity.

Das „Gesicht eines Kleinkindes blickte durch und aus dem Schädelgewölbe“ schrieben die Archäologen in ihrer Publikation. Da, wo sich sonst das Gehirn befindet, lag der Kopf des Bestatteten.

Bislang einzigartiger Fund

Wie die Archäologen mitteilten, sei dieser Fund der bislang einzige bekannte Fall, in dem Kinderschädel als Helme in Bestattungen von Kleinkinder verwendet wurden. Weiterhin sei den Wissenschaftlern derzeit nicht bekannt, was die Kinder getötet hat.

Wie Live Science berichtet, platzierte man einst die Helme eng über den Köpfen der Kinder. Außerdem sei es wahrscheinlich, dass die Schädel der älteren Kinder noch Fleisch trugen, als sie in Helme verwandelt wurden, da diese sonst wahrscheinlich nicht zusammengehalten hätten.

 

In Salango (Ecuador) entdeckten Archäologen zwei Bestattungen von Kleinkindern, die einen „Helm“ aus den Schädeln anderer Kinder trugen. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Sara Juengst

Anthropologische Untersuchungen ergaben, dass das älteste der beiden Kleinkinder etwa 18 Monate alt war. Auf seinem Kopf befand sich der Schädelhelm eines vier bis zwölf Jahre alten Kindes. Das zweite Kind starb in einem Alter von nur etwa 6-9 Monaten und trug den Schädel eines zwei bis zwölf Jahre alten Kindes.

Interessanterweise entdeckten die Archäologen zudem einen Fingerknochen, der zwischen dem Kopf des Säuglings und dem Helm eingeklemmt war. Man wissen jedoch nicht, wem der Fingerknochen gehörte, so Sara Juengst, Hauptautorin der Arbeit und Anthropologin an der University of North Carolina in Charlotte.

Makaberer Kult

Die Archäologen sind sich außerdem nicht sicher, warum Helme aus Kinderschädeln auf die Köpfe anderer Kinder gesetzt wurden. Es „kann ein Versuch sein, den Schutz dieser Seelen zu gewährleisten“, schrieben die Archäologen.

In der Nähe der Kleinkinder entdeckte das Ausgrabungsteam auch sogenannte Ahnenfiguren aus Stein. Dieser Fund unterstütze die Schutz-Theorie, da ihre Anwesenheit auf ein „Interesse am Schutz und der weiteren Stärkung der Köpfe“ hinweise.

Dass Schädel in südamerikanischen Kulturen eine wichtige Rolle spielen, ist seit längerem bekannt. Für sie war der menschliche Kopf ein Symbol der Stärke. Zudem wurden isolierte Köpfe im Leben der Menschen miteinbezogen, wobei es sich um gefangene Feinde oder verehrte Personen handeln konnte.

Die Knochen der Kinder zeigen Spuren von Läsionen (a und d). Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Sara Juengst

Vulkanausbruch als Auslöser dieser Handlungen?

Frühere Untersuchungen in dem Gebiet deuten darauf hin, dass ein Vulkanausbruch das Gebiet kurz vor der Bestattung der Kinder mit Asche bedeckte. Dieser Ausbruch hat das Leben in Ecuador stark beeinflusst – wie die neu entdeckten Knochen andeuten. Laut ersten Untersuchungen der Anthropologin wiesen die Kinder nämlich eine starke Unterernährung auf.

Es ist möglich, dass „eine derartige Behandlung der beiden Kinder Teil einer größeren, komplexen rituellen Reaktion auf die Umweltfolgen des Ausbruchs war“, so die Archäologen. Um dies endgültig zu beweisen, seien jedoch mehr Untersuchungen nötig.

„Wir sind immer noch ziemlich schockiert über den Fund“, teilte Juengst gegenüber Forbes mit. „Es ist nicht nur beispiellos, es gibt auch noch so viele Fragen.“ Die Anthropologin hofft, dass die laufenden DNA- und Isotopenanalysen neue Informationen zur Klärung des Rätsels liefern. (ts)



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