Organe von Hingerichteten verwendet: Publikationen zu Organtrans­plantationen in China zurückgezogen

China liefert seit Jahren zahlreiche Studien über Organtransplantationen. Im Februar diesen Jahres wurden schließlich hunderte dieser Studien aufgegriffen und scharf kritisiert. Erstmals wurden 15 Publikationen aus Fachzeitschriften wie "Transplantation" und "PLOS ONE" zurückgezogen.
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In China wird Forschung auf Kosten der Menschenrechte betrieben. Die Fachzeitschriften regieren noch vor der Transplantationsgesellschaft.Foto: iStock
Von 20. August 2019

Fachzeitschriften wie „Transplantation“ und „PLOS ONE“ sahen sich dazu veranlasst, insgesamt 15 Publikationen über Organtransplantationen in China zurückzuziehen. Der Grund: Bei Transplantationen in China wurden Organe exekutierter Strafgefangener verwendet. Das Ärzteblatt berichtete.

In China werden jährlich die meisten Menschen weltweit hingerichtet. Das Land hat bis vor wenigen Jahren die Organe dieser Hingerichteten für Organtransplantationen verwendet. Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) hat die Praxis lange bestritten, 2007 aber schließlich zugegeben. Danach hieß es, die Organentnahme an Hingerichteten werde eingestellt. Doch den Recherchen eines Forscherteams von BMJ Open zufolge wurden noch bis 2010 überwiegend Organe von exekutierten Menschen verwendet. Geleitet wurde das Team von Wendy Rogers von der Macquarie University in Sydney.

2015 teilte das Regime in Peking schließlich erneut mit, künftig keine Organe von exekutierten Menschen zu verwenden, es sei denn diese würden sich freiwillig als Organspender zur Verfügung stellen.

Chinesische Autoren verschweigen Organherkunft

Auch chinesische Fachleute, die in internationalen Fachzeitschriften über Organtransplantationen berichten und Studien zu dem Thema veröffentlichen, sehen sich mit dem Problem der Herkunft der Organe konfrontiert. Rogers untersuchte 445 Studien aus den Jahren 2000 bis 2017 und fand heraus, dass die chinesischen Autoren meist keine Angaben zu der Herkunft der Organe machten.

Die Überprüfung dieser Studien lässt darauf schließen, dass in China 85.477 Organtransplantationen durchgeführt wurden, deren Organquelle unbekannt ist. Dies ist ein klarer Verstoß gegen die internationalen Transplantationskriterien.

Forscherin Rogers sagte über die Autoren einiger Studien – die versicherten, dass keine Organe von exekutierten Menschen verwendet worden seien – diese wären unglaubhaft. Rogers verwies auf 19 Studien – mit Daten von 2.688 Transplantationen – die vor 2010 durchgeführt wurden und betonte, dass die Organe nur von exekutierten Gefangenen stammen könnten. Denn zu diesem Zeitpunkt gab es noch kein freiwilliges Organsendeprogramm in China und es gab nur wenige freiwillige Spender. Nach Angaben einer Quelle, habe es in ganz China bis 2009 nur 120 freiwillige Spender gegeben, so Rogers.

Forschungsethik

Die Wissenschaft ist nicht nur von methodischen, sondern auch ethische Regeln beherrscht, deren Einhaltung jede anerkannte wissenschaftliche Veröffentlichung zu Grunde liegen muss. Diesen ethisch-normativen Grundsätzen sind die Forscher verpflichtet, andernfalls machen sich diese strafbar.

Transplantationsexperten ist auch bekannt, dass in China Gewissensgefangene getötet werden, um deren Organe zu rauben. Rajnish Mehrotra , Chefredakteur und Medizinprofessor an der Universität of California, sagte dazu:

Wir haben uns an die leitenden Autoren der Studien gewandt, um die Organquelle zu klären, aber der eine war bereits verstorben und der andere war nicht mehr in der ausführenden Institution angestellt“.

Fachjournale erkennen ihre moralische Verantwortung

Rogers und ihre Kollegen bemängeln in ihrem Bericht die internationale Forschungsgemeinschaft für Transplantate – sowie Gutachter, Redakteure und Verlage. Diese hätten durch ihre „erhebliche Unachtsamkeit und Nichteinhaltung anerkannter ethischer Standards“ verabsäumt, die internationalen Normen einzuhalten. Ebenso hätten sie zugelassen, dass Proben von hingerichteten Gefangenen für die Veröffentlichung von Forschung verbreitet wurden.

Infolgedessen existiert nun ein großer Teil unethischer Publikationen. Dies wirft die Fragen der Komplizenschaft auf, insofern als die Transplantationsgesellschaft die Ergebnisse dieser Forschung nutzt und davon profitiert“, schreiben Rogers und ihre Kollegen.

Die Fachzeitschriften „Transplantation“ und „PLOS ONE“ reagierten und zogen anlässlich des Berichts von BMJ Open vorerst 15 Publikationen zurück. Das Engagement der Zeitschrift liege darin, nur Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, „die internationalen ethischen Standards entsprechen“, heißt es. Bei den zurückgezogenen Studien konnte zwar kein eindeutiger Verstoß nachgewiesen werden, doch die Zweifel reichten aus, um diesen Schritt zu gehen.

Keine Stellungnahme aus Peking

Bis jetzt hat sich weder die Transplantationsgesellschaft noch das chinesische Regime zu den Vorwürfen von Rogers geäußert.

Der Mangel an Engagement und Führung durch die Transplantationsgesellschaft ist enttäuschend“, sagte Rogers.

Arthur L. Caplan, PhD, Professor für Bioethik am New York University Langone Medical Center in New York City und Kolumnist für Medscape, wendet sich ebenfalls dem Thema zu und äußert: „Es ist traurig, dass wir sogar um Retraktionen bitten müssen. Obwohl die Fachzeitschriften solche Studien überhaupt nicht hätten veröffentlichen dürfen“.



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