Der einst gefährlichste Ort der Erdgeschichte

Vor 100 Millionen Jahren machten wilde Raubtiere die Sahara zum gefährlichsten Ort der Erde. Unter ihnen waren neben fliegenden Reptilien auch Krokodil-ähnliche Jäger und "Säbelzahnsaurier". Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team von Wissenschaftlern.
Spinosaurus auf der Jagd in kreidezeitlichen Gewässern der Sahara
Die kreidezeitliche Sahara beherbergte mit ihrem weitläufigen Wassersystem und den darin lebenden Bestien den gefährlichsten Ort der Erdgeschichte.Foto: Künstlerische Darstellung von Davide Bonadonna
Von 5. Mai 2020

Forscher veröffentlichten erstmals seit 85 Jahren einen umfassenden Überblick über fossile Wirbeltiere aus der bekannten Kem-Kem-Gruppe in der Sahara. Diese befindet sich im Südosten Marokkos und besteht aus zwei kreidezeitlichen Gesteinsformationen: der Douira Formation und der Gara Sbaa Formation.

Die in der Zeitschrift „ZooKeys“ veröffentlichte Studie „gibt einen Einblick in Afrikas Zeitalter der Dinosaurier„, sagte der Hauptautor und Assistenzprofessor an der University of Detroit Mercy, Dr. Nizar Ibrahim.

Bestien in der Sahara

Vor etwa 100 Millionen Jahren war die Region ein riesiges Flusssystem. In ihm lebten viele verschiedene Arten von Wasser- und Landtieren. Zu den Fossilien der Kem-Kem-Gruppe gehören zudem drei der größten jemals bekannten Raubsaurier. Einer von ihnen ist der acht Meter lange Säbelzahnsaurier Carcharodontosaurus saharicus. Er besaß einen enormen Kiefer mit gezackten und bis zu 20 Zentimeter langen Zähnen.

Zeitgleich lebten neben ihm mehrere fliegende Reptilien (Pterosaurier), krokodilähnliche Jäger und Deltadromeus agilis. Letzterer ist ein etwa acht Meter langes Mitglied der Raubtierfamilie und besitzt lange, für seine Größe ungewöhnlich schlanke Hintergliedmaßen.

Doch auch die Fossilien des Fleischfressers Spinosaurus aegyptiacus und des Sauropoden Rebbachisaurus garasbae entdeckten die Forscher hier. „Angesichts des kontinuierlichen Zuflusses neuer Exemplare und der ständigen Ausweitung der paläontologischen Forschung gehen wir davon aus, dass die Vielfalt in der Kem-Kem-Gruppe in Zukunft erheblich zunehmen wird“, teilten die Autoren der Studie mit.

Dinosaurier in der Sahara der Kreidezeit

Raubtiere gab es vor rund 95 Millionen Jahren in der Sahara zu Land, in der Luft und im Wasser. Dies zeigen die reichlich vorhandenen Fossilien aus der Kem-Kem-Gruppe. Große Pflanzenfresser, wie der langhalsige Sauropoden Rebbachisaurus, könnten dabei von mehreren großen Raubtieren gejagt worden sein. Foto: Künstlerische Darstellung von Davide Bonadonna

Schlechte Aussichten für menschliche Zeitreisende

Des Weiteren wird mit jeder Entdeckung deutlicher, dass dieses Gebiet die Hölle auf der kreidezeitlichen Erde gewesen sein musste. „Dies war wohl der gefährlichste Ort in der Geschichte des Planeten Erde. Ein Ort, an dem ein menschlicher Zeitreisender nicht sehr lange überleben würde“, sagte Dr. Ibrahim.

Die Studie beschreibt und benennt zugleich die gefundenen Schichten und fasst alle darin erhaltenen Lebensformen zusammen – von zerbrechlichen Pflanzen und Insekten bis hin zu riesigen Dinosauriern. Viele der Raubtiere waren zudem auf ein reichhaltiges Fischvorkommen angewiesen, so der Mitautor Professor David Martill von der Universität Portsmouth.

Dinosaurier in der Sahara der Kreidezeit

Ein Paradies für Raubtiere: Der riesige Raubsaurier Carcharodontosaurus beäugt eine Gruppe von Elosuchus (krokodilähnliche Jäger) in der Nähe eines toten Sauropoden. Foto: Künstlerische Darstellung von Davide Bonadonna

Sahara war ein Paradies für Jäger

„Dieser Ort war mit riesigen Fischen gefüllt, darunter Riesenquastenflosser und Lungenfische. Der Quastenflosser zum Beispiel ist wahrscheinlich vier- oder sogar fünfmal so groß wie der heutige Quastenflosser gewesen. Es gibt einen riesigen Süßwasser-Sägehai namens Onchopristis mit den furchterregendsten Zähnen. Sie sehen aus wie Stacheldolche, aber glänzten wunderschön“.

Forscher von Universitäten aus den USA, England und Marokko, sowie des Pariser Museums für Naturgeschichte haben die erste detaillierte und vollständig illustrierte Darstellung des fossilreichen Steilhangs erstellt. Um die riesigen Datensätze und Fossilienbilder zusammenzustellen, besuchte Dr. Ibrahim Kem-Kem-Sammlungen auf der ganzen Welt.

Für Professor Martill ist es zudem wichtig, Licht in die uralte Vergangenheit Afrikas zu bringen. „Dies ist die umfassendste Arbeit über fossile Wirbeltiere aus der Sahara seit fast einem Jahrhundert. Die letzte Veröffentlichung stammt von dem berühmten deutschen Paläontologen Ernst Freiherr Stromer von Reichenbach aus dem Jahre 1936“.

Spinosaurus auf der Jagd in kreidezeitlichen Gewässern der Sahara

Der berühmteste unter den Dinosauriern aus der Kem-Kem-Gruppe: der riesige Spinosaurus. Eines seiner Beutetiere könnte unter anderem der Riesensägefisch Onchopristis gewesen sein. Dieser ist der häufigste Fisch unter den Kem-Kem Fossilien. Foto: Künstlerische Darstellung von Davide Bonadonna

Die Bestie lauerte im Wasser

Die Paläontologie hat Ernst Stromer eine Reihe von Entdeckungen und Beschreibungen zu verdanken, unter anderem die des berühmten Spinosaurus aegyptiacus, einem Fleischfresser mit Segelrücken. Mit seinen fossilen Überresten aus der Kem-Kem-Gruppe gelang der paläontologischen Forschung die Entdeckung des bislang vollständigsten Raubsauriers aus dem kreidezeitlichen Afrika.

Dies führte zu völlig neuen Erkenntnissen über die Lebensgewohnheiten von Spinosaurus. So ist er der erste eindeutige Beweis dafür, dass Dinosaurier in aquatischen Lebensräumen lebten.

Spinosaurus auf der Jagd in kreidezeitlichen Gewässern der Sahara

Der Reichtum an Wasserlebewesen, darunter Lungenfische und Riesenquastenflosser, ernährte eine bemerkenswerte Reihe von Raubtieren, zum Beispiel den fischfressenden Spinosaurus und den zahnlosen Flugsaurier Alanqa. Foto: Künstlerische Darstellung von Davide Bonadonna

Basierend auf einem unvollständigen Skelett, galt Spinosaurus lange Zeit als fischfressender Dinosaurier, der sich an eine amphibische Lebensweise anpasste. Da aufgrund der Unvollständigkeit jedoch Hinweise auf die nötige aquatische Antriebsstruktur fehlten, strebte sich die Forschungswelt gegen eine Vorstellung von im Wasser lebenden Dinosauriern.

Neueste Erkenntnisse zeigen jedoch, dass Spinosaurus einen flossenähnlichen Schwanz mit extrem langen Stacheln besaß. Dieser war zu ausgedehnten seitlichen Bewegungen fähig, ähnlich wie bei Krokodilen oder Molchen. „Dieser Dinosaurier stand nicht nur in seichten Gewässern und wartete auf Fische, die an ihm vorbei schwammen. Er verbrachte wahrscheinlich die meiste Zeit seines Lebens im Wasser“ und jagte – als einer von vielen Räubern – in den ausgedehnten Wasserläufen der prähistorischen Sahara, erklärte Dr. Ibrahim.



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