Wettervorhersage am Heim-PC: „Lego“-Algorithmus übertrifft Leistung von Supercomputern

Mainzer Wissenschaftler haben einen Algorithmus entwickelt, der komplexe Fragestellungen wie die Wettervorhersage auf einem Heim-PC einfacher, genauer und schneller als ein Supercomputer lösen kann.
Wettervorhersage am Heim-PC.
Wettervorhersage am Heim-PC.Foto: iStock / Epoch Times
Von 14. Februar 2020

In den vergangenen Jahren ist die Rechenleistung von Computern um ein Vielfaches gestiegen. Dieses enorme Wachstum erleichtert nicht nur die Wettervorhersage. Für eine Wettervorhersage benötigt man hohe Rechnerkapazitäten, sodass die damit verbundenen Kosten schließlich zu einem begrenzenden Faktor werden.

Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Università della Svizzera italiana (USI) im schweizerischen Lugano entwickelten einen Algorithmus, der komplexe Probleme wie die Wettervorhersage erstaunlich einfach lösen kann. Sogar auf einem einfachen PC.

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Zeitschrift Science Advances.

Lego-Bausteine erhöhen die Genauigkeit

Das Verfahren orientiert sich nach Darstellung der Autoren am Lego-Prinzip. Komplexe Systeme werden in einzelne Zustände oder Muster zerlegt. Wenigen Muster oder Bausteine – es genügen drei oder vier Dutzend – reichen aus, um umfangreiche Datenmengen zu analysieren und Entwicklungen vorherzusagen, erklärt Prof. Dr. Susanne Gerber, Bioinformatikerin an der JGU.

„Zum Beispiel können wir mit dem SPA-Algorithmus eine datengestützte Vorhersage für den kommenden Tag über die Oberflächentemperaturen in Europa machen, und zwar mit einem Vorhersagefehler von nur 0,75 Grad Celsius“, so Gerber. Das Ganze funktioniert auf einem gewöhnlichen PC, ist hinsichtlich der Fehlerquote um 40 Prozent besser und wesentlich billiger als mit den üblichen Computeranlagen, die die Wetterdienste verwenden.

SPA steht für Skalierbare Wahrscheinlichkeits-Approximation und ist mathematisch begründet. Die Methode kommt für verschiedene Fragestellungen in Betracht, wenn große Datenmengen automatisiert verarbeitet werden müssen. „Besonders schön an dem Ergebnis ist, dass wir anschließend ein Verständnis bekommen, nach welchen Merkmalen die Zellen sortiert wurden“, so Gerber.

Weitere mögliche Anwendungen neben der Wettervorhersage sind die Neurowissenschaften. Dort könnte der SPA-Algorithmus anhand von automatisierten EEG-Messungen Aussagen über den Zustand des Gehirns machen. SPA kann aber auch Mammografie-Aufnahmen in der Brustkrebsdiagnostik analysieren, um die Ergebnisse einer etwaigen Biopsie vorherzusagen.

Zusammen mit Prof. Dr. Illia Horenko, Computerexperte aus Lugano, hat sie einen Algorithmus entwickelt, der mit geringen Kosten und hoher Zuverlässigkeit erstaunlich komplexe Berechnungen vornehmen kann. „Aufgaben, die bisher einen Superrechner erforderten, können wir mit dieser Methode in Zukunft auf einem normalen PC lösen“, so Horenko.

„Es gibt viele Bereiche für die Anwendung des SPA-Algorithmus, vom Lorenz-Turbulenzmodell bis zur Moleküldynamik von Aminosäuren in Wasser“, sagt Prof. Horenko. „Das Verfahren ist einfacher und günstiger und die Ergebnisse sind zudem besser im Vergleich zum aktuellen Stand der Technik.“

Neuer Algorithmus ermöglicht „private“ Wettervorhersage

Nach dem Mooreschen Gesetz konnte in der Vergangenheit eine konstante Beschleunigung in der Informationsverarbeitung erwartet werden. Doch dieses exponentielle Wachstum scheint an Grenzen zu gelangen. Neue Entwicklungen setzen auf künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, aber hier sind die Abläufe vielfach noch unbekannt.

„Viele maschinelle Lernverfahren, wie etwa das sehr populäre Deep Learning sind zwar sehr erfolgreich, funktionieren aber wie eine Blackbox, bei der man eigentlich nicht genau weiß, was vor sich geht. Wir wollten begreifen, wie künstliche Intelligenz funktioniert und ein besseres Verständnis für die Zusammenhänge bekommen“, erklärt Prof. Dr. Susanne Gerber, Bioinformatikerin an der JGU.

Zu den zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten gehören neben der Wettervorhersage etwa auch Klassifizierungsprobleme in der Bioinformatik, der Bildanalyse oder der medizinischen Diagnostik.

(Mit Material der JGU)



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