Die Rhetorik des Mr. Bush

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Pathos gehört bei den Amerikanern zum guten Stil. (AP Photo/Gerald Herbert)
Epoch Times12. Juni 2007

Ist George W. Bush ein religiöser Eiferer? Betrachtet er den Irakkrieg als eine Art persönlichen Rachefeldzug? Solche Klischees über den amerikanischen Präsidenten sind hierzulande weit verbreit. Lisanna Görtz, Linguistin an der Universität Bonn, hat sich im Rahmen ihrer Magisterarbeit tiefer mit dem Phänomen befasst und dazu 50 Radioansprachen des US-Präsidenten zum Irakkrieg analysiert. Erstaunliches Ergebnis: Begriffe wie Gott, Glaube oder Beten finden sich nur selten. Lediglich zu Ostern, Weihnachten oder Thanksgiving greift Bush häufiger zu religiösen Formulierungen.

Diese „großen“ Reden sind es aber, die in Deutschland hauptsächlich wahrgenommen wurden. Ganze achtmal benutzte Bush zwischen 2002 und 2004 in seinen Ansprachen zum Irakkrieg das Wort „God“(Gott) – davon siebenmal zu den wichtigen Feiertagen.Ähnlich sieht es aus mit „pray“(beten), elfmal insgesamt, siebenmal zu hohen Festen und „believe“ (glauben), achtmal insgesamt, davon aber nur einmal, in der Woche vor Ostern 2003, in einem explizit religiösen Zusammenhang.

„Das Ergebnis hat mich völlig überrascht“, sagt die Bonner Linguistin, „schließlich steht es im krassen Gegensatz zu dem Bild, das hierzulande von George W. Bush gemalt wird.“

In ihrer Magisterarbeit hat Görtz die wöchentlichen Radioansprachen des US-Präsidenten analysiert. Diese Reden lassen sich besonders gut vergleichen: Sie sind stets gleich lang, die rhetorische Situation ist immer dieselbe, es gibt keinen Interviewer, der den Gesprächsverlauf beeinflusst.

Lisanna Görtz hat untersucht, mit welchen rhetorischen Mitteln Bush sein Volk auf den Irakkrieg einstimmt – und wie sich zum Beispiel das Feindbild im Laufe des Konflikts verändert. Am Anfang steht klar die Person Saddam Hussein als Feindbild da – allerdings mit gebremstem Schaum: „Die Reden sind vergleichsweise nüchtern. Bush spricht beispielsweise zwar von Folter, bleibt aber abstrakt.“

Der Tonfall ändert sich mit Kriegseintritt drastisch: „Dissiden­ten im Irak werden gefoltert, ihre Hände, Füße und Zungen werden abgeschnitten, ihre Augen ausgedrückt“, sagt der US-Präsident in seiner Ansprache vom 15. März 2003. Er schreibt diese Gräueltaten aber nicht mehr nur Saddam Hussein zu, sondern dem Regime insgesamt.

Nach Kriegsende wird aus dem Kampf gegen eine Diktatur ein Kampf gegen den Terrorismus. „Dabei legt er sich nicht auf Schlüsselfiguren wie Osama Bin Laden fest“, erklärt Görtz. „Wer genau der Feind ist, bleibt ebenso vage wie das Territorium, auf dem der Kampf ausgetragen wird.“

Kulturell bedingte Missverständnisse

Seit Kriegsbeginn rechtfertigt der Präsident den Einsatz amerikanischer Soldaten zunehmend mit der Verteidigung von Freiheit und Demokratie. „Dies ist aber kein Argumentationsmuster, das George W. Bush erfunden hätte“, betont die Linguistin. „Seit jeher verstehen sich die USA als Verteidiger wichtiger Werte. Was die Bürger trotz ihrer unterschiedlichen kulturellen Hintergründe eint, ist der Glaube an gemeinsame Werte, der sich auch in omnipräsenten Symbolen wie dem Sternenbanner ausdrückt.“

In deutschen Ohren klinge es vielleicht befremdlich, wenn sich Bush voller Pathos auf die Verteidigung dieser Werte berufe. Für einen US-Politiker sei diese Rhetorik aber völlig normal. „Bush ist konservativ, Bush ist patriotisch, Bush ist religiös“, zieht Lisanna Görtz ein Fazit. „In seinen Radioansprachen äußert sich das aber nicht mehr als in den Reden anderer Politiker in Nordamerika auch.“

Schade findet Görtz, dass dieser unterschiedliche kulturelle Hintergrund so oft zu Missverständnissen führt: Man versteht vielleicht die Sprache, interpretiert das, was gesagt wird, aber falsch. Außerdem ließen sich die religiösen Passagen in den Präsidentenreden auch hervorragend instrumentalisieren, um Stimmung gegen Bush und seine Kriegspläne zu schüren. (idw/jel)



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