Digital Touch „Digito ergo sum“ – Die gesamte Natur schwingt analog – nicht digital

Titelbild
„Die Erschaffung Adams“, Michelangelo Buonarotti, Fresko in der Sixtinischen Kapelle des Vatikans, 4,80m x 2,30m.Foto: Visipix.com
Von 20. September 2014

Es gibt in der lateinischen Sprache einen sehr schönen Ausspruch: „Digito caelum attingere“, der leider völlig falsch übersetzt wird mit: „Vom Glück äußerst begünstigt sein.“ Wörtlich aber muss es heißen: „Durch den Finger den Himmel sehr nahe berühren“. Das lat. Wort „digitus“ bedeutet „Finger“, „digito“ ist der 5. Fall (Ablativ). Das Verb „digitare“ (mit dem Finger zeigen) existiert bislang noch nicht. Heute erlaube ich mir, diese wichtige Sprachergänzung vorzunehmen.

Vom Himmel bzw. einer übergeordneten kosmischen Instanz haben sich viele Menschen weit entfernt, haben die Schwingungskraft der analogen Welt durch die Kodifizierung von Sprache und Musik mit Hilfe der Zahlen 0 und 1 digitalisiert und vergewaltigt.

Die Klangübertragung der gesamten Natur erfolgt jedoch analog. Die elektromagnetischen Schwingungen werden quasi im Original übertragen. Die unterschiedlichen Informationen werden dabei von unterschiedlich hohen Spannungen erzeugt. Es ist das gleiche Prinzip, wie es bei den Ohren von Menschen und Tieren funktioniert. Schallwellen werden dort auch im Ohr in elektrische Impulse umgewandelt, die dann im Gehirn wahrgenommen werden. Die analoge Übertragung von Daten unterliegt einer viel höheren Fehlerquote. Deshalb kommen beim Empfänger niemals die gleichen Informationen an, die der Sender losgeschickt hat. Leitungsverluste, Umwelteinflüsse oder Störsignale haben daran großen Anteil.

In der technisch revolutionierten Datenübertragungswelt wird jede elektromagnetische Schwingung im digitalen Modus gemessen und die Ergebnisse gehen als Zahlenkombinationen auf die Reise. Der digitale (digit wird als Zahl verstanden) Empfänger wandelt die ankommenden Zahlen wieder in die Form um, in der sie losgeschickt wurden. Dabei gelingt es bei der digitalen Übertragung, schädigende Einflüsse viel besser zu kompensieren, als beim analogen System. Wenn zum Beispiel, vereinfacht dargestellt, ein Signal mit der Zahl 8 codiert wurde und unterwegs gehen von der Information 20 Prozent verloren, erkennt ein digitaler Empfänger bei der ankommenden Zahl 6,4, dass es sich um eine 8 handeln muss, und gibt das dementsprechende Signal aus.

Die Liebhaber von Radio oder Fernsehen werden es am besten beurteilen können, wie groß der Unterschied zwischen einem analogen und einem digitalen Signal sein kann. Der Umfang der Datenmenge, die übertragen werden kann, ist im digitalen Modus exorbitant höher, was sich in der Brillanz und Detailgenauigkeit bei Bild und Ton widerspiegelt. Ohne digitale Technik wären so unverzichtbare Geräte im täglichen Leben wie Computer oder kleine Kameras nicht denkbar. Die Anwendungspalette wird weiter steigen. Das jüngste Beispiel war die Umstellung der Fernsehübertragung auf digitales System. Es geht stets um riesige Datenmengen.

Ob dieses ständige „mehr“ auch zu mehr Wissen führt, ist sehr fraglich.

Digitales touch screen ist letztlich kein großer Fortschritt, denn die sanfteste Berührung löst bereits einen Impuls aus. Wer z.B. ein Musikinstrument spielt, weiß, wie wichtig der unterschiedliche Fingerdruck sein muss, um eine besondere Schwingung zu erzeugen. Durch perfektes touch screen verliert der Mensch sein differenziertes Fühlvermögen.

Goethes Faust, am Morgen des Ostersonntags von Engelschören vor dem Selbstmord bewahrt, gerät noch am selbigen Tag in den Bann des Teufels („des Pudels Kern“). Dieser führt ihn – nach dem verunglückten Spektakel in Auerbachs Keller – zum magischen Verjüngungsakt in die Hexenküche, wo er das rätselhafte Hexeneinmaleins vernimmt.

Du musst verstehn!
Aus eins mach Zehn,
Und Zwei lass gehn,
Und Drei mach gleich,
So bist du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex,
Mach Sieben und Acht,
So ist´s vollbracht;
Und neun ist Eins,
Und Zehn ist keins,
Das ist das Hexen-Einmaleins!

Die Hexenküche der digitalen Cyber-World wird täglich bedrohlicher, weil die Unterscheidung zwischen Virtualität und Realität immer schwieriger wird. Die Datenmengen („big data“) sind kaum zu bewältigen – vieles wird in einer „Cloud“, wo immer diese sich befinden mag, ausgelagert.

Im World-Wide-Web kann jeder in wenigen Sekunden einen Blog einrichten oder eine Profilseite in einem sozialen Netzwerk – vor zehn Jahren herrschte noch das umständliche Basteln an der ganz privaten Homepage vor. Bei Facebook oder Twitter fließen die Beiträge der Millionen Netzbürger in einen kollektiven Bewusstseinsstrom ein. Dabei kommen auch die Grenzen zwischen privat und öffentlich in Fluss. Fast täglich wird die Technik schneller, die „Kommunikationsgeräte“ werden vermeintlich immer intelligenter. Sie werden zunehmend mit „fühlenden“ Sensoren und Speicherbausteinen ausgestattet sein, die unsere Aktivitäten aufzeichnen und digitale Dossiers erstellen – um unser Gedächtnis zu verankern, die Informationsflut zu kanalisieren und uns bei Entscheidungen zu helfen.

Zur Jahrtausendwende hatte ein iMac einen Arbeitsspeicher von 64 Megabyte – heute ist der Arbeitsspeicher 60-mal so groß. Die Festplatte des iMacs von 1999 konnte 10 Gigabyte aufnehmen – heute fängt das bei 500 GB an.

Wer erinnert sich noch an die Befehle, um ein Modem so einzurichten, dass es die Verbindung zum Internet-Provider herstellen konnte? Inzwischen ist die 1999 eingeführte DSL-Breitbandtechnik zum Standard geworden. Mit zunehmender Leistung des Computers und schnellerem Internet verbringen die Menschen einen immer größeren Teil ihrer Zeit im Netz. Im zurückliegenden Jahrzehnt hat die digitale Fotografie das Fotografieren mit Analogfilm abgelöst, auf den Festplatten stapeln sich Bilderberge und Musik. Der MP3-Player ist zum Alltagsgerät geworden. Und die Besitzer von Laptops und Smartphones erwarten, dass sie auch unterwegs überall eine Internet-Verbindung vorfinden.

Täglich werden im Internet 1,3 Milliarden Bilder/Fotos gratis herunter-geladen. Ähnliches gilt für den Bereich Musik.

Digitale Geräte reagieren inzwischen auf unsere Stimmen und Gesten und können unsere Handschrift erkennen. Digitale Assistenten werden sich unsere jeweiligen Bedürfnisse anhören und dabei helfen, diese zu erfüllen, etwa bei der Suche nach einer Wohnung in einer neuen Stadt.

Jedes physische Objekt wird demnächst von einer digitalen Wolke, „Cloud“ umgeben sein.

Big Data verändert alles. Spätestens seit den Enthüllungen Edward Snowdens wissen wir: Eine nahezu unkontrollierbare Überwachungsmaschinerie hat uns im Griff. Gewaltige unstrukturierte Datenmengen, die unser Leben abbilden, werden systematisch ausgewertet. Alles wird zu digitaler Information. Die Welt der Algorithmen beherrscht uns längst. Sie verändert unser Leben und unser Denken.      



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