Kommission zu sexuellem Kindesmissbrauch übt scharfe Kritik: „Die gesamte Gesellschaft hat versagt“

Opfer von Kindesmissbrauch sehen das Schweigen von Angehörigen und Freunden als ein zentrales Problem beim Kampf gegen den Missbrauch. Das geht aus dem Bericht der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hervor.
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Kindesmissbrauch ist weit verbreitet.Foto: iStock
Epoch Times3. April 2019

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat das Schweigen von Angehörigen und Freunden von Missbrauchsopfern als ein zentrales Problem beim sexuellen Missbrauch beschrieben. Bei der Vorlage der Bilanz der ersten Laufzeit der Kommission sagte deren Vorsitzende Sabine Andresen am Mittwoch in Berlin, aus den Berichten der Betroffenen gehe vor allem hervor, „wie häufig das nahe Umfeld und die gesamte Gesellschaft versagt haben und Kinder nicht geschützt wurden“.

Die Kommission stützt ihren Bericht auf den Kontakt zu 1700 Missbrauchsopfern, die sich seit Mai 2016 gemeldet haben. Dabei wurden rund 900 vertrauliche Anhörungen vorgenommen und 300 schriftliche Berichte ausgewertet. Die Taten gab es in allen gesellschaftlichen Bereichen, von der Familie über das nahe soziale Umfeld bis hin zu Schule, Kirche und Sport.

Wie die Kommission berichtete, ist eines der wichtigsten Themen der Opfer „das Schweigen der Anderen“. Nahe Familienangehörige, Nachbarn, Lehrkräfte, Mitarbeitende des Jugendamtes und andere hätten somit dazu beigetragen, dass der erlebte Missbrauch nicht beendet und auch später die Aufarbeitung verhindert wurde. Für Prävention und Kinderschutz sei es zentral, diesen Widerständen und dem Schweigen etwas entgegenzusetzen.

Kommissionsmitglied Peer Briken sagte, bei vielen Opfern sei das Schweigen bis heute verbreitet.

Wir gehen davon aus, dass viele Menschen bis heute nicht sprechen, nicht sprechen wollen.“

Die Kommission fordert, die Hürden für die Inanspruchnahme von Hilfen zu senken. Es müsse ein flächendeckendes Hilfsnetz mit Fachberatungsstellen her, sagte Briken. Für solch ein Netz müsse eine dauerhafte Finanzierung sichergestellt werden.

Auch sei ein vernünftiges therapeutisches Gesetz nötig, Eingliederungsmaßnahmen für Betroffene und ein leichterer Zugang zu Leistungen des Opferentschädigungsgesetzes, sagte Briken.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erklärte, sie unterstütze die Forderungen nach besseren Schutzkonzepten, einer besseren und aktiveren Aufarbeitung in Institutionen und nach einer auch öffentlichen Anerkennung des Unrechts.

Die Arbeit der Aufarbeitungskommission ist eine enorme Hilfe für die vielen Betroffenen von sexuellem Missbrauch“, erklärte Giffey.

Die im Mai 2016 eingesetzte Unabhängige Kommission arbeitet ehrenamtlich, jüngst wurde ihr zunächst auf drei Jahre begrenzter Arbeitsauftrag um vier Jahre bis 2023 verlängert. Wie die Verantwortlichen ankündigen, soll nun der sexuelle Kindesmissbrauch in anderen Bereichen genauer untersucht werden.

Einer der Schwerpunkte werde der Sport. Die Kommissionsvorsitzende Andresen sagte, Sport sei heute der gesellschaftliche Bereich, wo Kinder am ehesten aktiv sind. Auch der Missbrauch an Menschen mit Behinderten und die sogenannte Pädosexuellenbewegung sollten geprüft werden. Vor allem im West-Berlin der 1970er und 1980er Jahre hatten Pädosexuelle für Straffreiheit sexueller Handlungen von Erwachsenen an Kindern geworben.

Bis Herbst will die Unabhängige Kommission Eckpunkte für eine gelingende Aufarbeitung erarbeiten. Damit sollten Institutionen eine Orientierung bekommen, wie sie Fälle des sexuellen Missbrauchs bestmöglich aufarbeiten können. (afp)



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