LEBENS-WEG – das Geheimnis des uralten Anfangs

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.
Von 17. April 2012

Alle großen spirituellen Meister haben den Schülern einen Weg gezeigt (chinesisch: Tao). Keine Lehre, keine dogmatischen Strukturen, keine Moralvorschriften. Der Meister fordert aber das volle Vertrauen auf den Weg ein.

Weg und Leben sind etymologisch eng miteinander verknüpft; lat.: via (Weg) und vita (Leben); frz.: la vie (Leben) und la voie (Weg). Es ist völlig gleichgültig, gleichermaßen werthaltig, ob ich mich auf einem christlichen, muslimischen, jüdischen, buddhistischen, hinduistischen Pfad und anderen fortbewege. Der Weg ist das Ziel – der Weg hat weder einen Anfang noch ein Ende; andernfalls wäre er von der Polarität Geburt und Tod begrenzt. Der Weg ist ewiges Leben, jenseits aller Dualität. Wenn jemand vom Zentrum des Lebens distanziert ist, spricht man oft von weg sein, meint aber abwegig sein.

Das 14. Kapitel des Tao Te King beschreibt auf geradezu geniale Weise das Geheimnis des Weges. Lao Tse umreißt, was Tao nicht ist. Kenntnis vom Tao kann man nicht mithilfe der Sinne erlangen: man kann es nicht sehen, hören oder anfassen. Es hat seinen Sitz im intuitiven Bewusstsein und kann nur über seine Auswirkung in der sozialen Lebenswelt wahrgenommen werden – in seiner Auswirkung auf Vorstellungen, Geschehensabläufe und gesellschaftlichen Wandel. Weltliche Ereignisse treten immer wieder in sich stets wiederholenden Zyklen auf und Anhänger des Tao lernen, diesen Kreislauf zu durchschauen und zu transzendieren. Jeder, der auf dem Weg ist, spürt den Ursprung der eigenen Existenz.

Der spirituelle Meister zeigt den sicheren Weg zum Ursprung unseres Seins auf. Diese Wegweisung ist ohne spezielle Methode, weil das Einüben in die Gegenwärtigkeit nichts anderes als bedingungslose Achtsamkeit erfordert. Der Meister lässt den Schüler an seiner Gegenwart teilhaben: Wenn ihr mich seht, schaut ihr auf den Urgrund.

TAO TE KING, Kapitel 14

Schau, er kann nicht gesehen werden – er ist flüchtig.
Lausche, er kann nicht gehört werden – er ist geräuschlos.
Greife zu, er kann nicht gehalten werden – er ist unfassbar.
Diese drei können nicht festgehalten werden.
Sie verschmelzen zu einem.
Wenn er aufsteigt, erglitzert er nicht.
Wenn er herabsteigt, verdunkelt er nicht.
Wie ein endloser Faden, ohne Namen.
Kehrt er ins Nichts zurück.
Die formlose Form.
Das bildlose Abbild.
Er entschwindet und schäumt hervor.
Stehe ihm gegenüber, und Du siehst nicht sein Antlitz.
Folge ihm, und Du siehst nicht seinen Rücken.
Verweile mit dem Weg der alten Zeit.
In seiner Gegenwart werden wir gewahr.
Den uralten Anfang zu kennen,
das ist das Wesen des Weges.

 



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