SCHICKSAL – Bestimmung oder Selbsterkenntnis?

Von 15. Oktober 2012

 

Viele kennen – zumindest namentlich – Giuseppe Verdis Oper „Die Macht des Schicksals“. Es ist sehr interessant und aufschlussreich, den vielfältigen Gebrauch des Wortes Schicksal zu untersuchen.

Im Deutschen haben wir es mit dem Verb schicken zu tun; uns wird etwas geschickt (positiv oder negativ), das wir selbst in Glück oder Unglück verwandeln können. Das Suffix sal bzw. sel hat keine spezielle etymologische Bedeutung; wir finden es in Worten wie Mühsal, Labsal, Wechsel, Geschreibsel.

Der Italiener spricht von destino, von Bestimmung. Der Engländer gebraucht in diesem Zusammenhang zwei Worte: destiny (Schicksal) und destination (Bestimmungsort). Im Französischen finden wir das Wort destin, aber auch fortune. Das lateinische Wort fortuna hat die bemerkenswerte Doppelbedeutung von Glück und Unglück. In der englischen Sprache wird Unglück und unglücklich durch die Worte misfortune und unfortunately unterschieden.

Der Araber spricht von kismet.

Doch das eigentliche lateinische Ursprungswort für Schicksal ist fatum = Götterspruch, Weissagung, Schicksal, Weltordnung (engl.: fate). Hiervon abgeleitet sind die Worte Fatalismus, fatal.

Schicksalhafte Stunden (Begegnungen, Erlebnisse) sind kairologische Momente (griechisch.: kairos = der günstige Augenblick), wo Kräftefelder für Veränderungen – in welche Richtung auch immer – besonders wirkungsvoll entstehen.

Jeder Mensch lebt mit einer Fülle von Schicksalen, die stets im Lichte einer Verwandlung zu betrachten sind, auch wenn sie manchmal tragisch erscheinen.

Propheten betätigten sich als Sprachrohr der Götter. Bekannt ist das Orakel von Delphi, das im siebenten Jahrhundert vor Christus einen beträchtlichen politischen Einfluss erlangte. νῶθι σεαυτόν (Gnōthi seautón), „Erkenne Dich selbst!“ liest man am Eingang des Apollon-Tempels.

Viele Menschen heute glauben an das/ein Schicksal. Auch wenn kaum einer darüber redet, so sind doch viele davon überzeugt, das ihnen ein vorher-bestimmter Weg zugedacht wurde. Horoskope und etliche andere Hilfsmittel haben eine große Anhängerschaft. Das Horoskop dient zur Interpretation einer Sternenkonstellation zu einer besonderen Stunde. (griechisch: ὥρα, hora, Stunde, σκοπεῖν, skopéin, „beobachten“)

Der Quantenphysiker und Friedens-Nobelpreisträger Hans-Peter Dürr (geb. 1929) sagt: „Das Wahrscheinlichere ist in Zukunft wahrscheinlicher, aber die Zukunft vorherzusagen ist unmöglich“. Um dies tun zu können, müsste man den Zustand aller Atome im Universum zu jedem Zeitpunkt kennen. Dann müsste man wissen an welchem Ort sich jedes Teilchen befindet, zu jener Zeit, die man vorhersagen möchte. Daher ist die Möglichkeit die Zukunft vorhersagen zu können nur eine Illusion.

Bei Lao Tse lesen wir im 62. Kapitel des „Tao Te King“:

„Der Weg ist die Zuflucht der zehntausend Dinge.
Er ist ein Schatz für den guten Menschen
und ein Schutz für den schlechten Menschen,
durch Freundlichkeit wirst du geachtet,
und gutes Tun schafft gute Beziehungen.
Auch wenn ein Mensch schlecht ist,
lass ihn nicht fallen.
Aber schicke keine Geschenke, wenn der Kaiser gekrönt wird
oder wenn die höchsten Minister ihre Ämter erhalten.
Sende auch kein Gespann mit vier Pferden,
sondern verhalte dich ruhig.
Und weise nur auf den Weg hin.
Warum verehren schon die Alten den Weg?
Hieß es nicht, dass man mit Hilfe des Weges bekam,
was man wollte,
und die Folgen nicht zu tragen brauchte,
wenn man einen Fehler beging?
Darum verehrt die Welt den Weg.“

 

{R:2}Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers



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