TRANSIT – der immerwährende Übergang

Von 28. Mai 2012

 

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.

Unser gesamter Lebensprozess vollzieht sich in einem ständigen Wandel (Transformation) und ist von einem kontinuierlichen Übergang (Transit) charakterisiert. Vom Säugling zum Kind, vom Kind zum Jugendlichen, zum Erwachsenen, vom ewig Lernenden (in welchem Schulungsgrad auch immer). Akademischer Wissenschaftler zu werden, sollte nicht das Lebensziel sein, aber Wissen und Weisheit sind erstrebenswert und auf jeder Reifungsstufe erreichbar.

Oftmals wird der „Transitus“ als Übergang vom Tod ins Ewige Leben bezeichnet. Dieser Übergang vollzieht sich ständig im Hier und Jetzt, weil wir uns kontinuierlich auf das Leben zu bewegen. Die abendländische „Untergangsgesellschaft“, hat über Jahrhunderte den Verfall des Menschen, Sterben und Tod, dem Leben gegenübergestellt. Das nenne ich „Okzidentierung“ im Gegensatz zur „Orientierung“.

Wir befinden uns ständig in der Polarität von Geburt und Tod, das Leben ist davon unberührt. Der Geist des Menschen ist unsterblich.

Wenn ich mich von der Küche ins Wohnzimmer bewege, befinde ich mich im Transit, im Übergang von einem Raum zum anderen.

Der 1873 in Orléans geborene Schriftsteller Charles Pierre Péguy, der als junger Leutnant in der Marneschlacht am 5. September 1914 bei Villeroy durch einen feindlichen Kopfschuss starb, hat für die Nachwelt ein bewegendes und sehr tröstliches Gedicht hinterlassen:

„Ich bin nicht weit weg“

Der Tod ist nichts,
ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen.

Ich bin ich, ihr seid ihr.
Das, was ich für euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Gebraucht nicht eine andere Redensweise,
seid nicht feierlich oder traurig.

Lacht weiterhin über das, worüber wir gemeinsam gelacht haben.

Betet, lacht, denkt an mich, betet für mich.
Damit mein Name im Hause ausgesprochen wird,
so wie es immer war,
ohne irgend eine besondere Betonung,
ohne die Spur eines Schattens.

Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchschnitten.

Warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein,
nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg, nur auf der anderen Seite des Weges.

(Charles Péguy)

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Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag
Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers
Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers
Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers
Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers

 

 

 



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