In Kürze:
- Ein Osmosekraftwerk in Japan produziert seit Kurzem Strom aus Süß- und Salzwasser.
- Die Nettoausbeute ist noch gering, da der Prozess ebenfalls Strom benötigt.
- Die Forschung läuft an mehreren Standorten weltweit.
- Das Weltwirtschaftsforum sieht in der Osmoseenergie ein riesiges Potenzial für die Energieerzeugung der Zukunft.
In Japan gelang es Wissenschaftlern, Strom durch die Mischung von Süß- und Salzwasser zu generieren. Das sogenannte Osmosekraftwerk ging im August dieses Jahres erstmals in den kommerziellen Betrieb.
Die Anlage befindet sich in der südwestlichen Stadt Fukuoka. Pro Jahr soll das Osmosekraftwerk rund 880.000 Kilowattstunden Strom
erzeugen. Das reicht für rund 220 durchschnittliche japanische Haushalte. Die Stromerzeugung bleibt dabei zu jeder Tages- und Nachtzeit bestehen – ein klarer Vorteil im Vergleich zu wetterabhängigen
Windkraft- und
Photovoltaikanlagen.
Neu ist die Osmosetechnologie nicht. Bereits
seit 2023 erzeugt eine solche Anlage
in Dänemark Strom. Dort forscht das Unternehmen SaltPower an der umweltschonenden Technologie. Das japanische Osmosekraftwerk soll aber laut Dr. Ali Altaee von der University of Technology, Sydney größer sein als das in Dänemark. Altaee hat sich auf die Entwicklung
alternativer Wasserquellen spezialisiert.
Was passiert bei der Osmose?
Die Osmose ist ein natürlicher Prozess. Es ist die Bestrebung von Wässern mit unterschiedlichen Salzgehalten, sich zu vermischen, damit beide Wässer einen ausgeglichenen Salzgehalt erreichen.
Zwischen beiden Flüssigkeiten – Süßwasser und Salzwasser –
befindet sich eine halbdurchlässige (semipermeable) Membran. Da das Salz jedoch nicht durch die Membran gelangt, sondern
nur Wasser, strömt das Süßwasser allmählich auf die salzige Seite zu. In diesem Prozess verdünnt sich das Salzwasser.
Dieses Prinzip wirkt auch beim Osmosekraftwerk. Als Ausgangsstoff verwenden die japanischen Kraftwerksbetreiber auf der einen Seite entweder Flusswasser oder aufbereitetes Abwasser und auf der anderen Seite aufkonzentriertes Meerwasser aus einer Entsalzungsanlage.
Wenn das Süßwasser in die salzigere Seite strömt, nimmt das Volumen der unter Druck stehenden Flüssigkeit, der Salzwasserseite, zu. Der so entstandene Druck befördert einen Teil des Wassers durch eine Turbine, die
einen Generator antreibt. Auf diese Weise wird der Wasserfluss in elektrische Energie umgewandelt.
Nur geringe Nettoenergie
Altaee teilte mit, dass seine Universität einen eigenen Prototyp in der australischen Stadt Sydney habe. Ebenso beteiligte er sich am Bau von Prototypen in Spanien und Katar. Unabhängig davon wird auch in Spanien, Norwegen und Südkorea experimentiert.
Das Problem an dieser Technologie ist jedoch die Skalierung, also die effiziente Anwendung im größeren Maßstab. Prof. Sandra Kentish von der Universität der australischen Stadt Melbourne erklärte:
„Wenn sich Süß- und Salzwasser vermischen, wird Energie freigesetzt. Allerdings geht durch Reibungsverluste an den Membranen viel Energie verloren, und ebenso, wenn die beiden Ströme in das Kraftwerk gepumpt werden. Das bedeutet, dass die gewonnene Nettoenergie gering ist.“
WEF sieht riesiges Potenzial
Doch die Osmose könnte bei weiterer Forschung und Entwicklung größeres Potenzial haben. So sieht das
Weltwirtschaftsforum in der Osmosetechnologie „eine vielversprechende Quelle für erneuerbaren Strom“.
Nicolas Heuzé ist Mitbegründer von
Sweetch Energy, einem Unternehmen, das daran arbeitet, diese Technologie zu skalieren. Er sagte: „Osmoseenergie ist sauber, vollkommen natürlich, in allen Küstengebieten rund um die Uhr verfügbar, kann nahezu sofort eingeschaltet und sehr einfach reguliert werden.“
Erst kürzlich bezeichnete das Weltwirtschaftsforum die Osmoseenergie als eine der zehn aufstrebenden Technologien von 2025. Momentan überprüft der Internationale Zukunftsrat für Energietechnologien (Global Future Council on Energy Technology Frontiers) des Forums die Technologie.
Auch in Frankreich testet seit Ende 2024 eine Demonstrationsanlage namens OPUS-1 die Osmoseenergie an der Rhône-Mündung. Sollten die Entwicklungsfortschritte der vergangenen Jahre anhalten, könnte eine solche Anlage wie die in der Rhône-Mündung laut Heuzé künftig bis zu 500 Megawatt kohlenstofffreien Strom liefern.
Laut Sweetch, einem Technologiepionier des Weltwirtschaftsforums, könnten so mehr als 1,5 Millionen Menschen
mit sauberem Strom versorgt werden. Das entspreche dem Großraum Marseille. Wenn diese Technologie auch an anderen geeigneten Standorten zum Einsatz kommt, könnten Osmosekraftwerke jährlich rund 5.177 Terawattstunden an Strom erzeugen, schätzt die Zukunftsstiftung Dubai (Dubai Future Foundation). Das entspreche fast einem Fünftel des weltweiten Strombedarfs.