Über „Bail-in“ und Bargeldverbot: „Der Euro ist reinstes Falschgeld“

Über die Tücken unseres Finanzsystems aufzuklären ist die Mission von Thomas Bachheimer. Wir sprachen mit dem österreichischen Ex-Trader und Gold-Experten über die aktuellen „Bail-in“-Gesetze zur Enteignung der Sparer und die Risiken und Nebenwirkungen des Euro.
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Eine Abschaffung des Bargelds wäre technisch jederzeit möglich und würde uns alle zu "Banken-Sklaven" machen, meint Thomas Bachheimer. Doch auch für die Banken hätte dies ganz neue Verantwortungs-Dimensionen.Foto: DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images
Von 22. Juni 2015

Über die Tücken unseres Finanzsystems aufzuklären ist die Mission von Thomas Bachheimer. Wir sprachen mit dem österreichischen Ex-Trader und Gold-Experten über die aktuellen „Bail-in“-Gesetze zur Enteignung der Sparer und die Risiken und Nebenwirkungen des Euro.

Epoch Times: Was halten Sie von diesen Bail-in-Gesetzgebungen, welche die EU bis Anfang August von allen ihren Mitgliedsländern fordert? Kommt demnächst der große Knall?

Thomas Bachheimer: Wenn man die Schwerfälligkeit von EU-Verordnungsprozessen betrachtet und dann sieht, wie schnell die Bail-in-Gesetze durchgepeitscht wurden; wenn man berücksichtigt, dass auch andernorts wie in Kanada, Australien und Neuseeland diese Verordnungen erlassen werden – dann kann man davon ausgehen, irgendjemand weiß etwas, das wir nicht wissen. Es ist erstaunlich, dass diese Gesetze relativ öffentlich installiert werden. Es wird darüber berichtet – natürlich nicht zu viel – aber jeder interessierte Bürger hat Zugang zu diesen Informationen. Da wundert es mich, dass keine Angst vor einem vorgezogenen Bank-Run existiert.

Der Bürger, der diese Sachlage sieht, muss eigentlich draufkommen, dass er [vom Euro] weg muss, weil auch die Möglichkeiten dazu immer geringer werden. Gleichzeitig eine Beschneidung von Bankkonten und ein Bargeld-Verbot in Aussicht zu stellen, ist doch etwas viel. Wenn man also die Geschehnisse der letzten zwei Monate zusammennimmt und vor dem Hintergrund betrachtet, dass in Peking am 29. Juni das Gründertreffen der AIIB stattfindet, muss man sagen: Anschnallen!

ET: Sie gehen also davon aus, dass was im Busch ist?

Thomas Bachheimer, Präsident der europäischen Sektion des Gold Standard Institut InternationalThomas Bachheimer, Präsident der europäischen Sektion des Gold Standard Institut InternationalFoto: Mit freundlicher Genehmigung von Th. Bachheimer

Bachheimer: Absolut. Es kann nicht nichts im Busch sein, wenn man die Menschen, die noch Geld haben, derart vor sich hertreibt und in den Medien so offen brutalste Tabu-Brüche bespricht und diese auf gesetzlicher Ebene auch begeht. Da muss man davon ausgehen, dass etwas passieren wird.

ET: Es hieß ja, eventuelle Haircuts betreffen Konten ab 100.000 Euro. Angenommen ich habe 10.000 Euro am Konto. Kann ich mich da noch sicher fühlen?

Bachheimer: Man kann sich insofern nicht sicher fühlen, als man auch bis zur Zypern-Krise 2013 gar nicht davon ausging, das derartige Dinge wirklich geschehen. Nur Negativ-Denker oder Menschen mit einer realistischen Sicht auf die Finanzwelt haben an so etwas geglaubt. Auch ich habe dazugehört, wurde aber massiv verlacht.

ET: Sie haben das kommen sehen?

Bachheimer: Natürlich. Als Hartgeld-Redakteur erfasst man so viele Nachrichten und bekommt eine gewisse Sensorik. Wirklich verwunderlich ist nur, wie viele Menschen aus Banken-Kreisen bis jetzt noch nicht verstehen, was diese Maßnahmen für größere Zusammenhänge nach sich ziehen.

Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen, die Zehntausender sind vielleicht nicht unmittelbar in Gefahr – aber da wäre nur eine kleine Änderung, eine Sitzung in Brüssel nötig. Da man das ganze Bail-in-Gesetz in so kurzer Zeit aufstellen konnte, kann man auch die Zahlen locker verändern.

Wobei die Verteilung des Kapitals sehr asymmetrisch ist. Das heißt, die meisten Leute haben nichts, manche haben ein bissel was, aber man muss ja eigentlich die Milliardäre treffen bei einer Enteignung, nur dann wäre es fair. Diese Milliardäre haben noch nie so viel verdient wie in den letzten Jahren. Noch nie wurden in der Menschheitsgeschichte so viele Super-Wohlhabende erschaffen, wie seit der Krise von 2008. Insofern kann es sein, dass die Orchestranten der Bail-in-Maßnahmen gar nicht die Masse scheren wollen, weil die wenigen Milliardäre eh genug zahlen. Wenngleich ich aber nicht für Enteignungen bin! Als liberaler Mensch muss ich sagen, das ist Diebstahl!

Zusätzlich zu den Bail-in-Gesetzen kommen noch vier Begleitgesetze. Der Eurorettungsschirm ESM wird auch verstärkt. Und da muss man sagen, der ESM wurde uns ja eingeredet. Er ist das reinste Ermächtigungsgesetz. Wie beim Hitler habe ich hier ein Ermächtigungsgesetz, in dem ich nichtgewählte, nichtdemokratische Strukturen ermächtige, über unsere Finanzhoheit zu bestimmen, bzw. Finanzhoheit zu sein. Es wurde immer gesagt, der ESM rettet nur Nationen und soll kein Bankenretter sein. In Begleitung zu den Bail-in-Gesetzen wurde aber auch das geändert. 5 Prozent der Aushaftungssumme von Banken kann man ab Sommer 2015 beim ESM abrufen.

Dass der ESM jetzt auch Banken schützt, ist eine Katastrophe, weil wieder mal die Verursacher aller Probleme in Europa geschützt werden. Aber der ESM ist natürlich das Schäbigste, was Brüssel in seiner zweifelsohne sehr schäbigen Geschichte hervorgebracht hat.

ET: Ein hartes Urteil! Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Bail-in und Bail-out?

Bachheimer: Beim Bail-out zahlt der Steuerzahler – beim Bail-in ist es der Sparer. Das ist insofern „fairer“, weil der Steuerzahler ja gar nichts dafür kann, wenn eine Bank pleitegeht. Bei einem Bail-in werden diejenigen zur Kasse gebeten, die entweder Spareinlagen bei der betreffenden Bank haben, Anteilseigner sind oder Aktien gezeichnet haben. In Zypern konnte man sehen, dass zuerst die Sparer drangekommen sind, dann die Anleihenzeichner – und die Bankaktionäre sind, glaube ich, bis heute noch nicht dran. Diese umgedrehte Enteignungspyramide war eine Katastrophe. Wenigstens soll das jetzt wieder andersherum passieren. Bezugnehmend auf die Informationen, die ich habe, will man jetzt zuerst die Anteilseigner hernehmen. Wenn ich Anteilseigner bin, dann bin ich ja selbst Schuld, wenn ich mein Geld in so eine Bank stecke.

ET: Stichwort Bargeldverbot: Das wird momentan heiß diskutiert, allerdings nicht so laut und öffentlich. Wie realistisch ist ein komplettes „Bargeldverbot“?

Bachheimer: Die Technologie ist zweifelsohne vorhanden. Das ginge auch schnell. Sie kennen das Beispiel mit dem Frosch, der nicht aus dem Kochtopf springt, solange man ihn langsam erhitzt. Genau das macht man mit uns. Ich habe 2008 das erste Mal von Beschränkungen in Griechenland erfahren. Damals arbeitete ich mit einer Züricher Firma und Überweisungen von 3.000 bis 4.000 Euro von dort dauerten ewig.

So hat es angefangen. Dann kamen die Italiener mit ihren Bargeldbeschränkungen, ein wichtiges Beispiel – wobei man in Italien eh einiges gewohnt ist. Aber die Einschläge kommen immer näher, in Holland, in Dänemark. In Schweden, eigentlich ein liberales Land, haben sie diesen Ex-Außenminister Carl Bildt, der ein wichtiger Bilderberger ist. Ich glaube, die Schweden würden die ersten sein, die das Bargeldverbot durchziehen.

ET: Und in Deutschland?

Bachheimer: Achten Sie mal drauf, wenn Sie am Bankautomaten sind. Ich habe am Alex 400 Euro abgehoben und der größte Schein war ein Fünfziger. Ein Hartgeld-Leser hat mich drauf aufmerksam gemacht. Ich habe bei den letzten Abhebungen, am Land, in Wien und hier in Berlin keinen Hunderter mehr bekommen.

Entweder ist das ein Riesenzufall, dem man nicht ausschließen sollte. Aber ich möchte Ihre Leser darauf aufmerksam machen: Achten sie beim Geldabheben mal drauf: Wir kriegen kaum mehr Hunderter, von Zweihundertern ganz zu schweigen. Wenn man einen Fünfhunderter dabei hat, wird man angeschaut wie ein Drogenhändler. Ich hatte neulich vier 500-Euro-Scheine, die kriegt man kaum los. Das ist schon eine interessante Entwicklung.

Österreich war vor dem Euro, genau wie Deutschland, ein sehr kultiviertes Bargeldland. Wir hatten zum Beispiel einen 5000-Schilling-Schein, das waren 700 Mark. Diese großen Geldscheine waren völlig gebräuchlich. Heute werden wir medial so konditioniert, dass wir ein schlechtes Gewissen haben, sobald wir mit einem 500-Euro-Schein wo hingehen. Sogar bei der Tankstelle gibt’s jetzt schon Falschgeld-Tests für 50 und 100 Euro-Noten, ohne dass sie bemerken, dass der Euro sowieso gefälschtes Geld ist, weil er keine wirtschaftliche Grundlage hat. Das ist ja schon Falschgeld! Da sieht man ja, wie sie mit uns umgehen, wenn sie ganz protzig Falschgeld überprüfen, ob´s falsch ist. Der Euro, jeder Euro-Schein ist Falschgeld!

ET: Wie kommen Sie zu dieser gewagten Aussage?

Bachheimer: Ein Beispiel: Wenn ich Ihnen Ihr Fahrrad für 500 Euro abkaufe, weil ich es gerade brauche und Ihnen das Geld nicht heute, sondern am Montag gebe, habe ich ein Schuldverhältnis bis Montag mit Ihnen. Wenn ich Ihnen am Montag hochanständig 500 Euro zahle – ist das Schuldverhältnis dann gelöscht oder nicht?

ET: Nach Menschenverstand ja, aber …

Bachheimer: Sie vermuten sehr richtig. Nachdem wir nicht mehr nach Menschenverstand leben, ist es eben NICHT gelöscht. Die Schuld wurde lediglich auf die EZB übertragen, weil jeder Geldschein nur noch ein Schuldschein und durch nichts gedeckt ist – also ein vertrauensbasiertes Falschgeld. So sehen wir das beim Goldstandard Institut.

Aber jetzt kommt´s: Wir haben mehr als 80 Prozent Giralgeld – das ist das Geld, was die Banken durch Kreditvergaben und Bilanzerweiterung erschaffen, denn sie verleihen eben nicht das Sparer-Geld, sondern nehmen lediglich Bilanzerweiterungen vor. 20 Prozent oder weniger unseres Geldes sind Echtgeld, Vollgeld.

Folgendes passiert laut dem Berliner Ökonom Daniel Stelter, wenn das Bargeld abgeschafft wird:

Wenn ich diesen Fünfhunderter in bar habe, habe ich eine Forderung an die EZB, die Nationalbanken und den Staat. Wenn der Schein abgeschafft wird und alles nur noch auf der Bank existiert, habe ich alle meine Forderungen gegenüber dieser Bank und sonst nirgends mehr.

Sollte ich als Arbeitnehmer also in Zukunft nur noch in Form von Kontoguthaben bei einer Bank bezahlt werden, die jederzeit explodieren kann, ist das purste Sklaverei, denn ich kann mich nicht mehr am Staat reverenzieren. Und im heutigen Umfeld wissen wir, dass uns die Banken jederzeit um die Ohren fliegen können. Nicht umsonst haben sich die Deutsche Bank-Chefs Fitschen und Jain gerade vom Acker gemacht.

Diesen Verantwortungsbereich vom Geld vom Staat auf die Banken umzulenken, ist höchst bemerkenswert. Die Banken jubilieren zwar, weil es durch das Bargeld-Verbot keinen Bankrun geben kann. Aber dass man auf diese Weise die ganze Verantwortung für das Geldsystem auf sie abwälzt, haben sie noch nicht kapiert. Ich habe mit sehr vielen Bankern gesprochen, die diesen Gedanken nicht mal im Ansatz hatten. Im ZDF und der Bildzeitung bekommt man diese Message eben nicht. Das meine ich ganz ehrlich: Hätte ich einen Bruder, der hinter einem Bankschalter arbeitet, würde ich ihm sagen: „Kündige. Der Volkszorn wird enorm.“

ET: Was kann der Normalbürger tun, um sich abzusichern?

Bachheimer: Das Falschgeld wegtauschen, solange es noch geht. Mit dem Bargeldverbot wird auch ein Goldverbot kommen (auch wenn dieses nicht Goldverbot heißen, sondern sich vielleicht in einer exorbitanten Steuer auf Goldkäufe äußern wird). Gold wird zwar immer als archaisch beschimpft, aber jedes Papiergeld-System der Menschheitsgeschichte ist bisher gescheitert und wurde von einem Goldstandard abgelöst. Wenn die Panik am größten ist, vertraut man nur Edelmetallen, dem quasi naturgegebenen Geld in Form von Gold und Silber. Das hat gewisse Eigenschaften und wir werden auch in Zukunft nichts Besseres finden. Bitcoin ist eine gute Idee, nur leider ist man schon beim kleinsten Stromausfall zahlungsunfähig. Da verlasse ich mich lieber auf Geld, dass seit 6000 Jahren Bestand hat.

Thomas Bachheimer ist Präsident der europäischen Sektion des Gold Standard Institut International, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, „Währungsbenutzer“ über die Vorteile von nicht-politischen, gedeckten Währungen zu informieren. Außerdem ist er Redakteur bei Hartgeld.com, der meistgelesenen deutschsprachigen Website für Gold, Silber und Krisenvorsorge, die von Walter K. Eichelburg betrieben wird.

Interview und Bearbeitung: Rosemarie Frühauf



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