„300.000 Flüchtlinge“: Warum die BAMF-Prognose 2016 hinkt

300.000 Flüchtlinge als Prognose für 2016: Experten bezweifeln diese Schätzung von BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise. Die „Welt“ berichtete, welche Personengruppen nicht in der Prognose vorkommen. Es sind einige.
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Migranten an der deutschen Grenze im Herbst 2016.Foto: Getty Images
Epoch Times29. August 2016

Bis heute hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) keine offizielle Prognose veröffentlicht, wie viele tatsächlich und angeblich Asylsuchende bis Ende Dezember 2016 Deutschland erreichen werden. Grund hierfür ist die Erfahrung von 2015, wo die Wirklichkeit alle Prognosen einholte.

In der „Bild am Sonntag“ hatte BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise nun erklärt: „Wir stellen uns auf 250.000 bis 300.000 Flüchtlinge in diesem Jahr ein, darauf richten wir unsere Kapazitäten aus.“ Dann schob er nach: „Das BAMF gibt keine Prognosen ab, das ist Aufgabe des Innenministeriums.“ Und er persönlich „glaube aber, es werden dieses Jahr eher noch etwas weniger als 300.000 Menschen kommen“. (HIER die offiziellen Zahlen.)

Warum Weises Schätzung hinkt

Stutzig macht der Umstand, dass von Januar bis Ende Juli schon rund 469.000 Asylerstanträge gestellt wurden. Dies liege daran, dass viele der im vergangenen Jahr Eingereisten erst nach mehreren Monaten ihren Antrag stellen konnten, so die „Welt“.

Zweifelhaft ist die von Weise geschätzte Zahl auch, weil laut BAMF schon bis Ende Juli rund 238.000 Asylbewerber im „Easy-System“ registriert worden sind, welches die Erstverteilung der Asylsuchenden auf die Bundesländer vornimmt. Die meisten Registrierungen erfolgten Anfang 2016, als die Balkanroute noch nicht von Österreich und seinen Nachbarn geschlossen worden war und bevor der Türkei-Deal in Kraft trat. Seit April registrierte man im Easy-System monatlich nur noch rund 16.000 Personen.

Auch falls dieser Trend anhielte und die Zahl der Einreisen ungefähr gleich bliebe, stünde am Ende des Jahres eine höhere Zahl, als von Weise angenommen, argumentierte der „Welt“-Bericht.

Problem der Über- und Untererfassung

Er stellte auch die Frage, inwieweit die Zahl der Easy-Registrierungen der Zahl der Eingereisten entspricht. Es bestehe das Problem der Über- und Untererfassung. Das IT-System Easy bekam erst durch die Flüchtlingskrise des vergangenen Jahres eine Prognose-Bedeutung, seitdem Einreisen und Asylanträge stark divergierten. Bis vor ein paar Monaten übertrafen Erstere die Letzteren – inzwischen ist es umgekehrt. Easy wurde deshalb zum Messinstrument, um Zuwanderung zu beziffern.

Aber völlig präzise ist es eben nicht. Denn das IT-System erfasst auch Menschen, die Deutschland nur als Transitland nutzen, und in andere Länder weiterreisen. Das BAMF teilte der „Welt“ mit, es „können Fehl- und Doppelerfassungen nicht ausgeschlossen werden“, weil die Registrierung anonym erfolge. Easy erfasse „nur die Merkmale ,aufnehmendes Bundesland‘ und ,Herkunftsland‘“. Im Bundesinnenministerium schätzen Experte die Quote der Doppelerfassungen auf rund zehn Prozent. „Eine zweite Fehlerquelle ergibt sich dadurch, dass nicht alle Asylsuchenden nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt werden“, fügte das BAMF gegenüber der „Welt“ hinzu.

Untergetaucht ohne Sozialleistungen

Dann gibt es noch Migranten, die nie im Easy auftauchen. Sie gliedern sich wiederum in mehrere Gruppen.

Bestimmte Personengruppen hätten keine Verpflichtung, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und würden daher nicht im Easy registriert, so das BAMF. „Dazu gehören zum Beispiel unbegleitete Minderjährige oder Personen in Haft.“

Auch die etwa 40.000 syrischen Kontingentflüchtlinge, die von Deutschland direkt eingeflogen werden, fallen darunter. Sie brauchen keinen Asylantrag zu stellen, weil ihre Schutzbedürftigkeit schon vor Ort festgestellt wurde.

Völlig im Dunkeln ist die Zahl der illegal Eingereisten, die keinerlei Behördenkontakt hatten und auch bei Polizeikontrollen nicht auffielen. Sie stellen keinen Asylantrag, gehen oft Schwarzarbeit nach oder sind professionelle Kriminelle. (rf)



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